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123 --

Politische Wetterregel.

Kräht der Lahn auf seinen Mist,
Bleibt Europas Wetter, wie es ist!

Lobelspäne

Wenn die Pariser Presse tobt —
Mit Johlen, Leuten, Bellen,

Sie wird gespickt und drob belobt-
Von Kriegsindustriellen. ^

Es fällt die Mark, kaputt, zerfetzt '-r-
Die Mienen sich erhellen
Bei uns im goldnen Läger jetzt
Der Schwerindustriellen.

Schlau blinzeln über'n Rhein sich zu
Die gleichgesinnten Gesellen:

Es schaffen der Völker Grabesruh'
Die Lerren Industriellen.

Den Wucherer von heute kann absolut nichts rühren — höchstens
der Schlag.

Ruhr-Sprengk.ommandos sind jetzt national
And imponieren rechts ganz kolossal.

Ob die Neutralen auch die Stirne runzeln
And die Franzosen zu dem Schauspiel schmunzeln.

Wer ihnen etwa auf die Finger klopft
And ihren aufgerifl'nen Schnabel stopft.

Kriegt, aufgeputzt mit nationaler Lüge,

In jedem „bess'ren" Blatt 'ne stramme Rüge.

Es kämpft sich nämlich heldenhaft zu Lausl
Das Ruhrrevier ißt ja die Suppe aus.

Indessen sie mit ihren Tollhaus-Sängen
Des Ruhrgebietes Einheitsfront — zersprengen.

„Woran krankt eijcntlich unsere Mark?" jammerte meine Äujuste.
Ick erklärte: „An der Fallsucht."

Dein getreuer Säge, Schreiner.

öommer i993

'Himmel grau in grau.

Hur die Hase blau.

Hage! prasselt, (Stürme tosen.

(Dicke (Wolken, dünne Hosen.

die Stimmung ist vertrackt.

Wenn dazu die Schwarte knackt.

Spärlich wächst das Urot.

Halt ist unper Schlot,

Hohldampf sch iebend durch die nassen,
cDämmerdunklen, schmalen Gassen
Schlürft dein Horpus ohne Hub
'Huf dem durchgelaufenen Schub.

'Petrus und (poincari,

Schieber, Jobber und (Bankier :
cTrübe Götter unserer Hielt!
tSommerschönbeit schweigt
Hnd das (Barometer fällir
Hur der (Dollar steigt. Pan.

Dichterworte für unsere Zeit

Was du ererbt von deinen Vätern —
geh hin, es weinend zu versetzen.

Weh dir, wenn du ein sparsamer Enkel bist!

An der Quelle saß der Knabe, — wenns
eine billige Butterguelle ist, desto besser.

Wer niemals einen Rausch gehabt, für
den ists jetzt zu spät.

Raum ist in der kleinsten Lütte, für ein
glücklich liebend Paar, und für den Miets-
wucher.

Es ist eine Lust zu leben! — Der Mann,
der das sagte, ist Schieber oder vor 1914
gestorben.

Kommt ein Vogel geflogen I — Ein Dollar
wäre besser.,

Der kluge Mann baut vor — er sollte
lieber aufbauen.

Böse Menschen haben keine Lieder — die
guten aber haben das Piepsen schon lange
verlernt.

Vor 1914: Genieße was dir Gott

beschieden. Nach 1914: Entbehre gern
was du nicht hast. a. v.

Lieber Jakob!

Ick sage Dir, int Pallament un bei de Re-
jierung wird hier in Berlin jearbeet, det die
Schwarten knacken, zum Bleistift taacht der
Untersuchungsausschuß un taacht un taacht,
wieso de Mark bei die Anterstitzungsakzion een
Knacks hat wechjekricht. Siehste, Jakob, so
stark derfste ebent een Schwachmatikus nich
stitzen, denn klappt er janz zusamm, sowat
Stärket verträcht er denn nich. Nu is die
Mark die Puste janz ausjejangen, aberst de
Lauptsache is un bleibt, et wird nachjekiekt,
warum un wieso. Bille scheener wäre et ja
jewesen, wenn se en Pvsttach frieher nachje-
kiekt hätten. Ick bin bloß froh, det se unter-
suchen. Mensch, wär det ne Pleite, wenn se
noch wolln anfangen zu handeln. Du,ick jloobe,
denn kann de Mark hinten ja nich mehr hoch.
In die Zeitungen haben se nu berichtet, wat
se sich doll Mihe jejeben hanfl bloß det eijent-
liche Sistem, wie man Mark flitzt, det Ham
se streng jeheim jehalten. Et is man jut so,
mir wird angst un bange, dieset Jeheimnis
sickert sachteken durch. Iungeken, wenn et
rauskommt, wie man sowat am besten machen
dut, denn kommen valleicht noch andere us
die Idee und stitzen ooch de Mark, un denn
is et janz aus. Mit det Ieheimhalten is et
also ne schnaste Erfindung. Wat mir, Rauke,
anbetrefft, so lauere ick druff, ob se nich ooch

kenn den Marksturz jeheim halten. Aberst,
wie det nu mal is, et is im Leben häßlich
injericht, det bei de Rosen ooch de Stacheln
stehn, et is leider janz öffentlich, wie uns unse
Papierchens unter de Finger verduften.

An denn hat det Pallament jeschuftet. Du
denkst, von wejen det jroßartije Industrie-
anjebot, weil se de Brieder mal wollten mit
Erfassung der Sachwerte zeijen, wat et heeßt,
de Rejierung verhohnepiepeln, is nich, dazu
Ham wir noch Zeit jenuch, nee det Iesetz jegen
de Ieschlechtskrankheiten Ham se anjenomm.
Nu sind wir alle fein raus, wer sone kleene
Kinderkrankheit hat, der muß zum Felldokter,
ob er will oder nich, da jibs janischt dran
zu wackeln. An der schreibt ihm ein in een
jroßet Rejister, damit er ooch wiederkommt.
Det is nu keen Sechsundsechzigspielen, wat
der Dokter da mit ihm machen dut, et is schon
besser, man wird janich erst krank. Paßt et
Dir nich, wat der Onkel da an Dir rumko-
riert, un jehste nich mehr hin zu ihn, valleicht
kannste ooch nich de ville Pinke bezahl», wo
det kosten dut, denn umsonst heilt Dir keener,
denn kommt, hastenichjesehn, de Pullezei un
nimmt Dir an Kanthaken un schleift Dir hin
zur Behandlung. Sonst wirste bestraft. Ick
bin ja jespannt, wie uff eenmal de Ieschlechts-
krankheiten Wern uffheern, wo Du ins Kitt-
chen kannst komm un ins schwarze Buch wirst
rinjeschrieben. Ick wunder mir bloß, warum
man nich noch mehr mit Iesetze machen dut.
Wenn det Lungern un de Traurichkeet ooch
mit Iefängnisinspunn jeahndet Wirde, denn,
det muß doch jeder Dussel insehn, denn sin
wir alle uff eenmal wieder froh un verjniecht.

Womit ick verbleibe mit ville Irieße
Dein jetreier Iotthilf Rauke
an Iörlitzer Bahnhof, jleich links.
 
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