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Deutschland
Einff war’s voll Sehnsuchtsruf nach allen Sternen,
Heut fteht's voll abmontierter Gaslaternen.
Hin zarte Sehnfucht, hin das süße Hoffen,
Es sieben zu viel Mampe Stuben offen. . . .
Mit Sorgenhäuptern legen sie sich, nieder,
In der Auktion sehn wir uns alle wieder!
Die Hundebrut gedeiht, die Armen sierben,
Und was verhökert ist, braucht man nicht
zu vererben.
Gemach, gemach, die Predigt ist nur halb,
Die andre Hälfte tanzt ums Dollar-Kalb.
Im Dielenzauber macht noch Arbeit Spaß,
Gemischt mit Allasch und Ententehaß.
Dort hüpft in Seidenbeinchen manche
deutsche Frau.
O Heinrich Heine, wie würd' heut dir stau!-
Es scheint der deutsche Schidcsalsweg zu sein:
Mal sind wirriesengroß.mal zum Erbarmen klein-
jm Aschenhaufen spielt ein blondes Kind,
Das sind die einz gen, die voll Hoffnung sind.
A V.
Betrachtungen über
einen Äunderttaufendmarkfchein
Alles Wesen ist. Schein — sagen die.
Philosophen. Auch ein Lunderltausend-
markschein wird bald nur noch Schein sei»,
doch es gibt, gewiß eine ganze Reihe Mit-
bürger, denen dieser Schein schon lange Schein
ist, da sie noch keinen besessen haben. Ie-
mehr 100 000-Markscheine man dagegen hat,
um sie an sein Leben zu wenden, um so
weniger Schein wird einem das Leben sein!
Jm Grunde genommen ist nicht recht zu
verstehen, warum nicht jeder Deutsche, der
doch heute angeblich das Recht hat, „durch
Wort, Schrift, Druck und bildliche Dar-
stellung seine Meinung frei zu äußern", sich
nicht den Bedarf an 100 000- und anderen
Markscheinen durch Wort, Schrift, Druck
und bildliche Darstellung selbst machen kann.
Es gäbe dann keinen noch so großen Lumpen,
der nicht wenigstens Millionär wäre und
nicht nur Millionäre die Lumpen sind.
Es wäre sicherlich keiner so faul, sich die
notwendigen 100 000-Markscheine zu seinem
Leben nicht anzufertigen. Aber so lange sich
der Staat anmaßt, sein Papiergeld allein zu
machen und jeden Konkurrenten hinter Schloß
und Riegel zu bringen, braucht er sich nicht zu
wundern, wenn man ihm nicht ganz hold ist.
: Genug Intelligenzen haben sich schon ge-
funden, die sich darauf verstehen, ebenso
talentvoll wie der Staat, aus alten Lumpen
Geld zu machen. Doch wie jedes Ding, so
hat auch die (augenblicklich!) höchste Bank-
note wiederum zwei Seiten. Die eine ist
besonders ernst zu nehmen, denn sie singt
den alten Zuchthausrefrain: „Wer Bank-
noten nachmacht . . . usw."
' Mit einem Schein ist wenig anzufangen.
Wenn es aber recht viele sind, so hast du
den besonderen Vorteil, dich vor Menschen,
die keinen haben, angenehm zu machen, und
deine 100 000-Markscheine umgeben dich mit
einem Leiligenschein. Rur mußt du darauf
achten, daß sie möglichst echt sind (der
Leiligenschein ist es ja sowieso nicht), man
kann das nicht scharf genug kontrollieren.
Denn die Geldscheinfabrikanten genieren sich
durchaus nicht, die auf dem „Regierungs-
blaff" verzeichnet« Zuchthausandrohung ge-
treulich mit nachzufabrizieren; jedenfalls,
um ihre Mitmenschen vor der gefahrvolle»
Tätigkeit, die sie selbst ausüben, zu warnen.
Mir ist bei der Lektüre schon ganz zucht-
häuslich zumute und unwillkürlich erinnere
ich mich der Worte Lamlets: Ganz Däne-
mark ist ein Gefängnis! Es ist nur gut, daß
so selten ein Lunderttausender in meine
Brieftasche kommt!
Deutschland
Einff war’s voll Sehnsuchtsruf nach allen Sternen,
Heut fteht's voll abmontierter Gaslaternen.
Hin zarte Sehnfucht, hin das süße Hoffen,
Es sieben zu viel Mampe Stuben offen. . . .
Mit Sorgenhäuptern legen sie sich, nieder,
In der Auktion sehn wir uns alle wieder!
Die Hundebrut gedeiht, die Armen sierben,
Und was verhökert ist, braucht man nicht
zu vererben.
Gemach, gemach, die Predigt ist nur halb,
Die andre Hälfte tanzt ums Dollar-Kalb.
Im Dielenzauber macht noch Arbeit Spaß,
Gemischt mit Allasch und Ententehaß.
Dort hüpft in Seidenbeinchen manche
deutsche Frau.
O Heinrich Heine, wie würd' heut dir stau!-
Es scheint der deutsche Schidcsalsweg zu sein:
Mal sind wirriesengroß.mal zum Erbarmen klein-
jm Aschenhaufen spielt ein blondes Kind,
Das sind die einz gen, die voll Hoffnung sind.
A V.
Betrachtungen über
einen Äunderttaufendmarkfchein
Alles Wesen ist. Schein — sagen die.
Philosophen. Auch ein Lunderltausend-
markschein wird bald nur noch Schein sei»,
doch es gibt, gewiß eine ganze Reihe Mit-
bürger, denen dieser Schein schon lange Schein
ist, da sie noch keinen besessen haben. Ie-
mehr 100 000-Markscheine man dagegen hat,
um sie an sein Leben zu wenden, um so
weniger Schein wird einem das Leben sein!
Jm Grunde genommen ist nicht recht zu
verstehen, warum nicht jeder Deutsche, der
doch heute angeblich das Recht hat, „durch
Wort, Schrift, Druck und bildliche Dar-
stellung seine Meinung frei zu äußern", sich
nicht den Bedarf an 100 000- und anderen
Markscheinen durch Wort, Schrift, Druck
und bildliche Darstellung selbst machen kann.
Es gäbe dann keinen noch so großen Lumpen,
der nicht wenigstens Millionär wäre und
nicht nur Millionäre die Lumpen sind.
Es wäre sicherlich keiner so faul, sich die
notwendigen 100 000-Markscheine zu seinem
Leben nicht anzufertigen. Aber so lange sich
der Staat anmaßt, sein Papiergeld allein zu
machen und jeden Konkurrenten hinter Schloß
und Riegel zu bringen, braucht er sich nicht zu
wundern, wenn man ihm nicht ganz hold ist.
: Genug Intelligenzen haben sich schon ge-
funden, die sich darauf verstehen, ebenso
talentvoll wie der Staat, aus alten Lumpen
Geld zu machen. Doch wie jedes Ding, so
hat auch die (augenblicklich!) höchste Bank-
note wiederum zwei Seiten. Die eine ist
besonders ernst zu nehmen, denn sie singt
den alten Zuchthausrefrain: „Wer Bank-
noten nachmacht . . . usw."
' Mit einem Schein ist wenig anzufangen.
Wenn es aber recht viele sind, so hast du
den besonderen Vorteil, dich vor Menschen,
die keinen haben, angenehm zu machen, und
deine 100 000-Markscheine umgeben dich mit
einem Leiligenschein. Rur mußt du darauf
achten, daß sie möglichst echt sind (der
Leiligenschein ist es ja sowieso nicht), man
kann das nicht scharf genug kontrollieren.
Denn die Geldscheinfabrikanten genieren sich
durchaus nicht, die auf dem „Regierungs-
blaff" verzeichnet« Zuchthausandrohung ge-
treulich mit nachzufabrizieren; jedenfalls,
um ihre Mitmenschen vor der gefahrvolle»
Tätigkeit, die sie selbst ausüben, zu warnen.
Mir ist bei der Lektüre schon ganz zucht-
häuslich zumute und unwillkürlich erinnere
ich mich der Worte Lamlets: Ganz Däne-
mark ist ein Gefängnis! Es ist nur gut, daß
so selten ein Lunderttausender in meine
Brieftasche kommt!