131 —
Die Würze des Mahls
„Du klagst über Appetitlosigkeit? Mach's so wie ich und
denk, wie die Meisten hungern müssen. Dann kriegst du auch bei
vollem Magen noch die fettesten Bissen herunter.
Lobel spane
Der »Papst lebt herrlich in der Welt.
Er lebt, wo's jedem wohlgefällt,
Nicht an der Ruhr und nicht am Rhein —
Ich möchte auch der Papst wohl sein.
Doch nein, er ist ein armer Mann,
Der nicht so, wie er möchte, kann.
Denkt er mal christlich, wird man grob
Und Frankreich haut ihn aus den Kopp.
Poincare brüllt: „Unerhört!
Beim Leichenfleddern hat gestört
Der Kerl in Rom! Was fällt ihm ein?"
Rein, Papst möcht' ich jetzt doch nicht sein.
Die Nebenregierunge» in Bayern wären nicht.so schlimm, wem
es nur eine richtige Lauptregierung hätte.
„Lilles ist schon einmal dagewesen" —
Können wir bei Ben Aklba lesen.
Aber was in Deutschland jüngst passierte.
Selbst den ältsten Greisen imponierte!
Cuno appellierte jüngst in Bremen
An die Reichen, daß sie sich mal schämen.
Und verzichten mal auf die Profite
Für das Reichswohl. Ach, du meine Güte!
Alle feisten Börsenjobber schworen:
Niemals sah man solchen reinen Toren.
Daß das Luhn beim Fuchs tut appellieren.
Solches könnt' in Deutschland nur passieren. .
Meine Aujuste fragte: „Möchtste lieber begrabe» oder verbrannt
sein?" Ick entschied: „Verbrannt, dann brauche ich mich im Grabe
nicht mehr umzudrehen"
Dein getreuer Säge, Schreiner.
Sommerfrische 1923?
(Wir ließen eine Umfrage an markante
Persönlichkeiten und andere unberühmte
Zeitgenossen ergehen, wo sie dieses Jahr
ihre Sommerfrische verleben, und erhielten
folgende Aeußerungen.:
Rittergutsbesitzer von Bomke aus
Grost-Bomke: „Sitze in Westerland und
nähre mich redlich".
Max Lölz: „Am liebsten in Falkenstein
i. S., der Stadt meiner Träume".
Lerbert Quensel (Portokasse!): „Ach
bleibe meinem Kino treu, vorige Woche erst
habe ich drin eine Reise nach Rumänien
gemacht. Die Wirklichkeit würde mich nur
enttäuschen".
Knallprotzens: „Wir fahren erst, wenn
der Dollar 250 000 steht, da sind wir hübsch
allein".
Ein Kleinrentner: „Auf der Prome-
nadenbank im Stadtpark".
E. M. Leipzig: „Das einzige, was in
meinem Laushalt eine Reise macht, ist
unser Auslandszucker, er ist sogar bis
Hamburg gekommen".
F. M. Mannheim (Lebensmittel
en gros): „Binz ist mein Ideal, da sieht
man nichts Plebejisches".
Stinnes: „Wo's was aufzubauen gibt,
da ist meine Sommerfrische".
Goldhaber (Börsenmakler): „Wozu
in die Berge? Alle Erhöhungen können mir
nicht imponieren, wenn ich an die Berge
denke, wo der Dollar wohnt. Was sind alle
Abgründe der Schweiz gegen die Schlucht,
in die die deutsche Mark gestürzt ist. Wozu
noch abstürzen vom Wettersteingebirge?".
- Bei Poincares
Kleiner Neffe: „Onkel Poincare, was
ist eigentlich Alpdrücken?"
Poincarö: „Schweig! Willst du mich
auch schon mit derRuhrbesetzung foppen?!"
*
Lieber Jacob!
Iestern hat mir Orje, Du weeßt schon, der
mit de Säbelbeene, een Ding erzählt, Mensch,
det mußt De Heeren. „Nimm mal Deinen
deemlichen Kopp zusammen", sagt Orje, „un
paß Achtung! Da stand in een Dorf een
jroßet Laus, det war schön mächtig baufällich
geworn. Die »ich drin wohnten, die wun-
dsten sich bloß, wieso de janze Bude nich
zusammenkrachte, so wacklich war de Baracke.
Ausziehn woanders hin konnten se nich, weil
se keene andre Bleibe nich hatten. Äff een
mal, warum, weeß keen Mensch, is det Rohr
jeplatzt un det Ventil is kaputt un det Wasser
looft un looft, hastewaskannste. Eene Partei
hatte frieha schnafte in de erste Etahsche
jewohnt, die lebte jetz in Keller, for die war
et von wegen det Wasser am schlimmsten.
Wie et nu immer weiter looft, wird et nich
mehr lange dauern, un der janze Klamauk
kracht wirklich zusamm. Det sieht jeder oder
er is uff 'n Kopp jefallen. „Wat meenste,
wat se nu machen dun?" Ick sage, nu wern
woll alle Mann arbeeten an den Schaden, det
es besser wird. „Nee", meent Orje, „falsch
jeraten. Jetzt fangen de bessern Lerrschaften
aus de erste Etahsche zu untersuchen, wohea
det kommt un wer schuld hat. Det war for
die det Wichtigste. An denn kriegen se raus:
die in Keller wohn, die sin schuld, det et
soweit jekomm is, die müssen det Laus in
Ordnung bringen, müssen se. Die eenen von
die sin aberst schon versackt in det ville
Wasser, die andern haben keen Mumm mehr
in de Knochen. Aber se arbeeten alle wie
doll for de Lerrschaften ans de erste Etahsche.
Die kieken zu »n schimpfen, weil't nich
schneller jetzt. Zum Schluß schicken se noch
'» paar Ringkämpfer un die haun in det
olle Laus solange rum, bis jlicklich alle
Rohre kaputt sin. Damit die aus ’n Keller
schneller arbeeten dun. Die nich in det Laus
wohn, die kieken sich den Quatsch seelen-
vajniecht an. Bloß den Pasta von't Dorf
wird et allmählich zu deemlich un da setzt er
sich hin un schreibt an alle Lausparteien:
„Valleicht is et besser, Kinder, ihr heert mal
uff mit det Ieschimpfe un seht lieberst zu,
wie die Karre in Ordnung kommt." Vaninf-
tiger Mann, wat, Rauke? Weeßte, wat nu
passiert? Die aus de erste Etahsche kriejen
die Wut ieber den Pasta. Det jetzt den
janischt an, der hat sich da janischt hat er
sich rinzumischen un et is ne Frechheit, reden
se un sin froh, det se wat Neiet zu schimpfen
Ham. Inzwischen looft det Wasser un looft."
„Mensch, Heer bloß uff mit Deine Geschichte!"
sage ick, „sowat Varricktet jibt et doch janich".
„Pustekuchen, Du olle Droomflöte", meent
Orje. „Sowat jibt et doch, wir sin sojar
mitten drin in die Geschichte. Die baufällije
Klamottenbude is neemlich Europa un der
Pasta is der Papst."
Siehste, Jakob, so albern is det allst.
Womit ick vableibe mit ville Irieße
Dein getreier Iotthilf Rauke,
an'n Iörlitzer Bahnhof jleich links.
Die Würze des Mahls
„Du klagst über Appetitlosigkeit? Mach's so wie ich und
denk, wie die Meisten hungern müssen. Dann kriegst du auch bei
vollem Magen noch die fettesten Bissen herunter.
Lobel spane
Der »Papst lebt herrlich in der Welt.
Er lebt, wo's jedem wohlgefällt,
Nicht an der Ruhr und nicht am Rhein —
Ich möchte auch der Papst wohl sein.
Doch nein, er ist ein armer Mann,
Der nicht so, wie er möchte, kann.
Denkt er mal christlich, wird man grob
Und Frankreich haut ihn aus den Kopp.
Poincare brüllt: „Unerhört!
Beim Leichenfleddern hat gestört
Der Kerl in Rom! Was fällt ihm ein?"
Rein, Papst möcht' ich jetzt doch nicht sein.
Die Nebenregierunge» in Bayern wären nicht.so schlimm, wem
es nur eine richtige Lauptregierung hätte.
„Lilles ist schon einmal dagewesen" —
Können wir bei Ben Aklba lesen.
Aber was in Deutschland jüngst passierte.
Selbst den ältsten Greisen imponierte!
Cuno appellierte jüngst in Bremen
An die Reichen, daß sie sich mal schämen.
Und verzichten mal auf die Profite
Für das Reichswohl. Ach, du meine Güte!
Alle feisten Börsenjobber schworen:
Niemals sah man solchen reinen Toren.
Daß das Luhn beim Fuchs tut appellieren.
Solches könnt' in Deutschland nur passieren. .
Meine Aujuste fragte: „Möchtste lieber begrabe» oder verbrannt
sein?" Ick entschied: „Verbrannt, dann brauche ich mich im Grabe
nicht mehr umzudrehen"
Dein getreuer Säge, Schreiner.
Sommerfrische 1923?
(Wir ließen eine Umfrage an markante
Persönlichkeiten und andere unberühmte
Zeitgenossen ergehen, wo sie dieses Jahr
ihre Sommerfrische verleben, und erhielten
folgende Aeußerungen.:
Rittergutsbesitzer von Bomke aus
Grost-Bomke: „Sitze in Westerland und
nähre mich redlich".
Max Lölz: „Am liebsten in Falkenstein
i. S., der Stadt meiner Träume".
Lerbert Quensel (Portokasse!): „Ach
bleibe meinem Kino treu, vorige Woche erst
habe ich drin eine Reise nach Rumänien
gemacht. Die Wirklichkeit würde mich nur
enttäuschen".
Knallprotzens: „Wir fahren erst, wenn
der Dollar 250 000 steht, da sind wir hübsch
allein".
Ein Kleinrentner: „Auf der Prome-
nadenbank im Stadtpark".
E. M. Leipzig: „Das einzige, was in
meinem Laushalt eine Reise macht, ist
unser Auslandszucker, er ist sogar bis
Hamburg gekommen".
F. M. Mannheim (Lebensmittel
en gros): „Binz ist mein Ideal, da sieht
man nichts Plebejisches".
Stinnes: „Wo's was aufzubauen gibt,
da ist meine Sommerfrische".
Goldhaber (Börsenmakler): „Wozu
in die Berge? Alle Erhöhungen können mir
nicht imponieren, wenn ich an die Berge
denke, wo der Dollar wohnt. Was sind alle
Abgründe der Schweiz gegen die Schlucht,
in die die deutsche Mark gestürzt ist. Wozu
noch abstürzen vom Wettersteingebirge?".
- Bei Poincares
Kleiner Neffe: „Onkel Poincare, was
ist eigentlich Alpdrücken?"
Poincarö: „Schweig! Willst du mich
auch schon mit derRuhrbesetzung foppen?!"
*
Lieber Jacob!
Iestern hat mir Orje, Du weeßt schon, der
mit de Säbelbeene, een Ding erzählt, Mensch,
det mußt De Heeren. „Nimm mal Deinen
deemlichen Kopp zusammen", sagt Orje, „un
paß Achtung! Da stand in een Dorf een
jroßet Laus, det war schön mächtig baufällich
geworn. Die »ich drin wohnten, die wun-
dsten sich bloß, wieso de janze Bude nich
zusammenkrachte, so wacklich war de Baracke.
Ausziehn woanders hin konnten se nich, weil
se keene andre Bleibe nich hatten. Äff een
mal, warum, weeß keen Mensch, is det Rohr
jeplatzt un det Ventil is kaputt un det Wasser
looft un looft, hastewaskannste. Eene Partei
hatte frieha schnafte in de erste Etahsche
jewohnt, die lebte jetz in Keller, for die war
et von wegen det Wasser am schlimmsten.
Wie et nu immer weiter looft, wird et nich
mehr lange dauern, un der janze Klamauk
kracht wirklich zusamm. Det sieht jeder oder
er is uff 'n Kopp jefallen. „Wat meenste,
wat se nu machen dun?" Ick sage, nu wern
woll alle Mann arbeeten an den Schaden, det
es besser wird. „Nee", meent Orje, „falsch
jeraten. Jetzt fangen de bessern Lerrschaften
aus de erste Etahsche zu untersuchen, wohea
det kommt un wer schuld hat. Det war for
die det Wichtigste. An denn kriegen se raus:
die in Keller wohn, die sin schuld, det et
soweit jekomm is, die müssen det Laus in
Ordnung bringen, müssen se. Die eenen von
die sin aberst schon versackt in det ville
Wasser, die andern haben keen Mumm mehr
in de Knochen. Aber se arbeeten alle wie
doll for de Lerrschaften ans de erste Etahsche.
Die kieken zu »n schimpfen, weil't nich
schneller jetzt. Zum Schluß schicken se noch
'» paar Ringkämpfer un die haun in det
olle Laus solange rum, bis jlicklich alle
Rohre kaputt sin. Damit die aus ’n Keller
schneller arbeeten dun. Die nich in det Laus
wohn, die kieken sich den Quatsch seelen-
vajniecht an. Bloß den Pasta von't Dorf
wird et allmählich zu deemlich un da setzt er
sich hin un schreibt an alle Lausparteien:
„Valleicht is et besser, Kinder, ihr heert mal
uff mit det Ieschimpfe un seht lieberst zu,
wie die Karre in Ordnung kommt." Vaninf-
tiger Mann, wat, Rauke? Weeßte, wat nu
passiert? Die aus de erste Etahsche kriejen
die Wut ieber den Pasta. Det jetzt den
janischt an, der hat sich da janischt hat er
sich rinzumischen un et is ne Frechheit, reden
se un sin froh, det se wat Neiet zu schimpfen
Ham. Inzwischen looft det Wasser un looft."
„Mensch, Heer bloß uff mit Deine Geschichte!"
sage ick, „sowat Varricktet jibt et doch janich".
„Pustekuchen, Du olle Droomflöte", meent
Orje. „Sowat jibt et doch, wir sin sojar
mitten drin in die Geschichte. Die baufällije
Klamottenbude is neemlich Europa un der
Pasta is der Papst."
Siehste, Jakob, so albern is det allst.
Womit ick vableibe mit ville Irieße
Dein getreier Iotthilf Rauke,
an'n Iörlitzer Bahnhof jleich links.