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Verdächtiges Lob

ist Geßler; der hat wenigstens noch Sinn für monarchistische
Demonstrationen.

Äobelspäne

Wie war es möglich? so fragen die Leute.
Ehrhardt entkommen? Die schönste Beute
Des Staatsgerichtshofs? Die völkische Blase
Tanzt ihm frechlustig auf der Nase?

s'gibt offene Türen und dito Schlösser,

Es gibt auch Autos und flinke Rösser.

Das festvergitterte Leipziger Loch —

Ein Lakenkreuz erschließt es doch.

Ein „Konsul", ein teutonischer Knappe
Trägt aus dem Kopf die Nebelkappe,
Bedeppert steht die Republik —

Sie ist ein wenig kurz im Blick.

Manche Kaufleute haben ein sehr zurückhaltendes Wesen, — be-
sonders was ihre Waren anbetrifft.

*

In allen ernsten Dingen ungelehrig,

EinIüngling noch, kaum vierundzwanzigjährig,

Lat er des Lebens Schattenseiten nie gekannt.

Er war der wahre Abgott seiner Lieben,

Bon seines Vaters Meisterhand im Schieben
Ein strammes Scheckbuch stets gefüllt zur Land.

In allen Wein-, in allen Nepplokalen
Kannt sich der junge Trottel bestens aus,

In allen Kneipen, wo nur der, der Zahlen
Kann, etwas gilt, da war er wie zu Laus. —

Nun hat nach einer Reih' von schwülen Tagen
Den Erdensohn man heut' zu Grab getragen,

So zahlte mit dem Leben er die Zeche. —

Woran erstarb? - Das ist nicht schwer zu sagen,

Die Fälle mehren sich in unseren Tagen,

Der junge Mann, er starb an Altersschwäche!

„Bücher sind doch die besten Freunde,"sagte meine Auguste. „Iawoll,"
bestätigte ick, „besonders die Scheckbücher."

Dein getreuer Säge, Schreiner.

Kultur

DieKultur ist auf dem Marsche. Lachen Sie
nicht höhnisch! England hat ein deibelsflinkes
Unterseeboot gebaut, so groß und kräftig, daß
es mehrere 30 Zentimeterkanonen spielend mit
sich führen kann. In Washington ist man
einem neuen Schießpulver auf die Spur ge-
kommen, das nicht raucht, nicht knallt, nicht
stinkt, aber doch mit ungeheurer Wucht explo-
diert. Die höchsten militärischen Autoritäten
setzen die allerhöchsten Erwartungen darauf.
Zn Dayton (Ohio) wurde ferner der größte
Aeroplan der Welt fertiggestellt; er kann —
wie reizend! — „genügend Explosivstoffe bei
sich führen, um ganze Städteviertel zu zer-
stören".

Selbstverständlich kann die Welt sich nicht
dauernd bei solchenLeistungen beruhigen. Wir
müssen weiter. In der letzten Notiz stört z.B.
das Wort „Städteviertel". Ziel aller tat-
kräftig strebenden Geister muß ein Apparat
sein, der ganze Städte so wegpustet, als ob ein
Floh niest.

Vielleicht läßt sich eine Kreuzung zwischen
dem stärksten Pulver und dem stärksten Aero-
plan erreichen, eine Aniversalkriegsmaschine
zu Waffer und zu Lande, die den ganzen Erd-
boden mitsamt der Ozeane in kürzester Frist
vereinigt. Nur keine halben Maßregeln! Un-
sere Kultur hat erst dann ihr letztes Wort ge-
sprochen, wenn der letzte Mensch vergnügt die
Beine in die kühlen Krater einer Mondwüste
baumeln läßt. p

Eile tut not

Geheime Versammlung monarchistischer
Verschwörer. Man streitet erregt über den
Zeitpunkt des Losschlagens. Da platzt eine
Stimme in unüberlegtem Eifer heraus: „Meine
Lerren, Eile tut not, ehe den Massen die Ent-
behrlichkeit der Monarchie immer mehr
zum Bewußsein kommt!"

Das hätten sich die sogenannten ältesten
Leute nicht träumen lassen,
daß im Jahre des Leils 1923:
das Slück Butter soviel kostet wie früher
das ganze Rittergut,

. . . und der Rollmops 2000 Mark,
das Schützenfest aussallen würde,
man keine Zigarre mehr geschenkt bekommt,
die Leute immer noch Angst vor der Mar-
melade haben,

das ganze Jahr keine Bank — bankerott würde,
so blödsinnig viel von der Margarine ge-
redet wird

und die brave deutsche Mark nach Amerika
ausreißen würde. r.

*

Fromme Freude

Krauses sind sehr fromme Leute, keinen
Gottesdienst versäumen sie. In ihrer Ver-
wandtschaft halten sie zwei unverheiratete
Schieber, die kurz nacheinander starben.

„Wie der liebe Gott für die Frommen sorgt! "
sagt die Frau Krause. „Jetzt haben wir das
schöne Sündengeld geerbt."

Dollaritis

Musterbeispiele für Romanschriftsteller

„Die Sonne stand hoch am Limmel, beinahe
so hoch wie der Dollar, als eine Schar Wander-
vögel die Dorfstraße heraufzog ..."

„AndemTage,alsderDollar 1 100000stand,
hatte er mit dem Vater seiner Angebeteten im
Nebenzimmer eine längere Unterredung ..."

„Mit dem Freudenschrei: „Dollar 1 100 000!'
stürzte er herein und umarmte sie . .. "

„O selige Zeit, wo die Sonne unseres Glückes
am höchsten und der Dollar am niedrigsten
• stand!" seufzte er . . .

„Bei Retßigers fander alles in höchsterVer-
wirrung. Erna schluchzte, und kein Mensch im
ganzen Lause konnte Auskunft geben, ob der
Dollar gestiegen oder gefallen war ..."

„Sein gepflegtes Aeußere schrie es förmlich in
die Welt hinaus, daß er eine Dollar spendende
Tante in Amerika besaß ..."

„Und sie sahen beide glückselig in den Mond,
der am Limmel stand wie ein Riesendollar .."

„O dieses wundernette Läuschen!" sagte sie
zu Edgar, in dieser Einsamkeit möchte ich den
Sommer verträumen."„Entsetzlich!"antwortete
er, „wie lange dauert es, ehe in diesen Winkel
der neuste Dollarkurs kommt "

Probatum est

„Ich werde mir zu dick und rund, was soll
ich dagegen tun?"

„Lesen Sie die neuesten Nachrichten aus
Bayern, dann sind Sie platt."
 
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