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150-

Die Koalition

Sein oder Nichtsein — heißt es nun;
Da schweigen manche Flöten.

Nun gilt kein Rasten und kein Ruh'n.
kein Lärmen der Trompeten.

Wir gehen an die Arbeit schlicht
And treten auf die Schanze:

Es geht um Kleinigkeiten nicht —

Es geht um's Ganze!

Es trägt das Volk an fremdem Fluch,
Zerrieben von den Ketten.

Nun gilt's, aus dem Zusammenbruch
Das Letzte noch zu retten,

LH', unser armes Volk erliegt
Im großen Totentänze. —

Wer gläubig schafft am Werk, der siegt!
Es geht um's Ganze!

Was rechts und links ganz rrradikal»
Ist über uns ereifert;

Alan hat da drüben allemal
Noch die Vernunft begeifert.

Ans geht's um große Töne nicht
And andre Firlefänze —

Ans treibt die eisenharte Pflicht:

Es geht um's Ganze!

Den feisten Reichtum aufgespürt
Im dunkelsten Verstecke!
Verhehlten Mammon abgeführk
Zu einem heil'gen Zwecke!

And ob uns hinterrücks auch sticht
Manch stinkend wüt'ge Wanze, —
Heut geht's um Kleinigkeiten nicht:
Es geht um's Ganze!

Undankbar.

C u n o: „Unbegreiflich, wie die Sozial-
demokratie nur so viel an meiner Regierungs-
führung nörgeln konnte, wo ich doch alle
Deutschen zu (Papiermark-)Millionären

gemacht habe!" L. Maro.

*

Okulus

nennt sich eine Gesellschaft, die gewerbs-
mäßig alles tut, was sie den Unternehmern
an den Augen absehen kann. Sie liefert
Menschen zur heimlichen Anstellung, die nur
Auge sind. Dies Auge bewacht nicht nur
den Geldschrank mit den Devisen, sondern
es bewacht auch die Wächter, die Moral und
den Betriebsrat. Okulus verhindert vor
allen» die „Einstellung gefährlicher und aus-
wieglerischer Elemente". Okulus bespannt
heimlich die Familienverhältnisse und solche,
die es werden wollen — der Arbeiter und
Angestellten natürlich. Okulus macht alles,
steht alles, drückt nie ein Auge zu und streikt
nie, nie, nie!

Lier haben wir endlich die' moderne
Aniversalaufsichtsmaschine, die auf eigenen
Beenen läuft und „nach streng militärischen
Grundsätzen" dafür sorgt, daß die übrigen
menschlichen Maschinen in geölter Regel-
Mäßigkeit abschnurren, ohne zu murren.
Daraus warten wir schon lange.

In biologischer Linsicht wäre von den
Okulusleuten zu bemerken, daß sie auf be-
sondere Weise zur Welt kommen: nämlich
aus einer Brille, aber keiner gläsernen.
Dafür können sie dann auch nach der Geburt
sofort vorn und hinten sehen. Ein richtiger
Okulusmann glotzt sogar gleichzeitig nach
allen Liinmelsrichtungen, photographiert und
entwickelt es in der Dunkelkammer seiner
Seele und gibt es retuschiert im Privat-
bureau des Direktors ab. — Okulus heißt
Auge. !leber die Farbe wird im Prospekt
nichts gesagt. Man darf aber annehmen,
daß diese schöne Gesellschaft nach längerer,
intensiver Betätigung in einem Betriebe über
blaue Augen verfügt. P.

König und Meister

Wie ein Dariser Blatt mitteilt, hat «in
„Internationales Tanzkomitee" den englischen
Thronfolger als den besten Tänzer der Welt
erklärt. Es ist immer erfreulich, zu lesen,
daß uUch Prinzen Talente haben können —,
besonders für uns Pessimisten. In der
Regel nämlich ist es so, daß die andern
tanzen müssen.

Vielleicht bahnt sich hier eine Neugestaltung
an. Bisher hieß der Leiter des monarchisti-
schen Staates „König", der Leiter des Tanzes
„Meister". Wäre es nicht umgekehrt besser
und sinnreicher? Dann würden wir Tanz-
könige haben und Staatsmeister. Im Ball-
saale herrsche die Dekoration, in der Führung
des Staates die Meisterschaft.

Den Völkern wärs bekömmlicher.

Die Markthyänen

„100 000 Em für ein Pfund Kartoffeln soll
teuer sind? Jetzt, wo die Bauern alle nur
kl eene Kartoffeln haben??"

Von Schafen

Englische Pazifisten brachten kürzlich ihren
deutschen Gesinnungsgenossen ein prächtiges
Friedensbanner mit. Die feierliche!leber-
reichung mußte jedoch unterbleiben, weil die
nötige „Einfuhrbewilligung für Wolle" nicht
vorlag. Loffentlich sind unsere englischen
Freunde deshalb nicht in die Wolle geraten.

Sie mögen sich den Vorfall damit erklären,
daß wir selbst noch über genügend Wolle
verfügen. Jedenfalls (das ist ganz sicher!)
mangelt es uns nicht an Schafen. •

*

Lofkmos

Der Kaiser von Japan hat eines seiner
zahlreichen Schlösser zum Kino Herrichten
lassen. So berichten die Zeitungen, und man
liest zwischen den Zeilen ein heimliches Be-
dauern, daß uns das Land der Schlitzaugen
so über ist. Ist es mit Nichten, verehrte
Kollegen! Bei uns war die ganze Monarchie
ein einziger großer Kientopp — und wir
haben ihn eben bloß schon hinter uns.

*

Die beiden starken Männer

Na, nu wird es schon gehn!

Lelfferich ist beim Kaiser gewe'n.

Sie haben die Republik besprochen
And vorn und hinten gründlich berochen.
And erzeugten endlich dies Resultat:
Deutschland braucht krästigeMänner derTat.
Köpfe braucht es und Disziplin —
Nämlich 3ÄN und ihn.

Das wurde mit gutem Rheinwein begossen
And einmütig beschlossen:

Von uns wird das Vaterland hochgebracht!
DieNöte undSorgen,dieKlagenundPlagcn
Verwandeln wir zu herrlichen Tagen.

. . . Wir haben das ja schon mal gemacht!
Na, nu geht es sicherlich:

Bei Willem war Leid Lelfferich ... p.
 
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