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09, es, es und es,
0s ist ein harter Schluß,
Daß, daß, daß und daß
Die Börfe bluten muß.
Der Schieber wird vor Kummer krank:
Der Staat greift nach dem Kassen schrank,
Sr ist nicht mehr der Rüter
Der Güter.
Die, die, die und die
Devisen zählt man nach!
Laut, laut, laut und laut
Cönt's ringsum Meh und fleh.
08 wankt das heil'ge Kapital,
Der Wirtschaft hohes Ideal.
Bald gehen in die Binsen
Die Linsen.
Mer, wer, wer und wer,
Mer hätte das gedacht,
Daß, daß, daß und daß
fluch unsre Bude kracht?
Des pöbels dreister JVIachtbegehr
Mill unersättlich immer mehr,
Statt unseren Billionen
Zu fronen.
So, so, so und so,
So schlimm wird's wohl nicht sein.
Mir, wir, wir und wir,
Mir finden uns schon drein.
Zieht man das große JSetz auch zu,
Das ftört nicht die Verdauungsruh':
Mir werden wohl noch )Mafchen
Srhafchen!
Humor des Auslandes
(Pasquino, Turin)
Marianne: „Nicht wahr, auch ihr seht
ein, daß ich Deutschland nur zum Wohl der
Menschheit entwaffnet habe?"
Das Postamt der Zukunft
Es handelt sich nicht um das „Postamt"
von Rabindranath Tagore, sondern um ein
ganz und gar deutsches. Dort hatten zwei
Mitglieder des Briesmarkenvereins stürmisch
Einlaß begehrt, um sich die neuerschienenen
>000000 Aeberdruckmarken zu besorgen.
Das Tor war geschlossen. Ein Spinnweben-
neh flimmerte im Sonnengolde, dem einzigen
Golde, das es noch im deutschen Lande gab.
Die Fenster waren verquollen, die Schalter
geschloffen, dahinter lag alles im Dornrös-
chenschlaf.
Kein Wunder. Die letzte Eintragung ins
Postbuch war im Januar 1924 erfolgt, wo
eine Käserechnung von 290 Milliarden ein-
gegangen war. Der Telegraph war einge-
rostet. Wer schrieb noch Briefe? Die deutsche
Literatur war längst am Rückporto verendet.
Im Lintergrunde des kleinen Postamtes
aber hatte ein erschütterndes Drama seinen
--Abschluß gefunden. Dort fand man die letzten
Aufzeichnungen eines Briefträgers. Dieser
hatte seinen früherenBeruf aufAnraten seines
Arztes aufgegeben, um sich als Vorortbrief-
träger Bewegung zu verschaffen.
Aber es gab nichts zu bewegen, keine Loff-
nung auf einen Brief. Im leeren Packraum,
in dem die Schritte der Eindringenden schauer-
lich erschallten, hatte er sich am Lederriemen
seiner Brieftasche erhängt.
And das Schmerzlichste? Er durste nicht
einmal den Iubiläumstag der 200. Postge-
bührenerhöhung mit erleben-a.v.
*
Klaffenhaß
Die „Berliner Börsenzeitung" hat in zor-
Niger Wehmut entdeckt, daß die neue Steuer-
gesetzgebung auf Klassenhaß aufgebaut ist;
Ziel sei offenbar die gänzliche Vernichtung
des Kapitals. Die Bankiers, schon immer
die reinsten Verkünder und Förderer christ-
licher Nächstenliebe, stehen trauernd vor-
dem Zusammenbruch ihrer moralischen Loch-
stimmung, wenn es dem Klassenhaß wirklich
gelingen sollte, den Dollarkurs zu drücken.
Die Inflation war der Träger ihrer har-
monischen Weltanschauung, und je mehr die
Mark vertrocknete, desto weicher wurde ihr
Lerz, das voll Liebe für Mensch und Effekten
ist. Wie soll diese erlösende Stimmung sich
ferner ausbreiten, wenn Klassenhaß dem
Kapital die Flügel beschneidet? Wie soll
der Bankier seinen versöhnlichen Charakter
wahren, wenn die Börse ihre „feste Lattung"
verliert?
Wie hoch auch der Schmalzpreis steht,
höher noch muß uns immer die menschen-
freundliche Laune des Finanziers stehen, der
unser Wirtschaftsleben mit Eifer und tausend
Prozent Provision reguliert. Darum: Nieder
mit dem Klassenhaß! Loch die Kurse!
Das ewige Licht
Ein Amerikaner will aus einem flüssig ge-
machten radioaktive» Stoff ein Dauerlicht
konstruiert haben, das ohne Brennstoffer-
neuerung fünfzehn bis zwanzig Jahre brennt.
Als Lelfferich davon hörte, lachte er ver-
ächtlich: „Was diese Onkels von drüben sich
schon einbilden! Mein Licht geht überhaupt
nicht aus — und ich lerne nie was dazu."
Der Angelpunkt
In einem französischen Blatt wurden kürzlich
die interalliierten Kriegsschulden als der An-
gelpunkt der europäischen Schwierigkeiten be-
zeichnet. Poineare ist offenbar anderer Mei-
nung; denn er angelt andauernd im Ruhr-
gebiet. Aebrigens gehts ihnr dabei wie allen
Anglern: Geduld ist die Lauptsache!
.»..»■■»■»■»■•»•»»»■»■»■■t» «"«>>« >»>»«"» »»»
Patrioten
„Ich habe an dem neuen Marksturz Milli-
arden verdient. Jetzt werde ich auch 500 000
Mark für die ,Front an der Ruhr opfern."
09, es, es und es,
0s ist ein harter Schluß,
Daß, daß, daß und daß
Die Börfe bluten muß.
Der Schieber wird vor Kummer krank:
Der Staat greift nach dem Kassen schrank,
Sr ist nicht mehr der Rüter
Der Güter.
Die, die, die und die
Devisen zählt man nach!
Laut, laut, laut und laut
Cönt's ringsum Meh und fleh.
08 wankt das heil'ge Kapital,
Der Wirtschaft hohes Ideal.
Bald gehen in die Binsen
Die Linsen.
Mer, wer, wer und wer,
Mer hätte das gedacht,
Daß, daß, daß und daß
fluch unsre Bude kracht?
Des pöbels dreister JVIachtbegehr
Mill unersättlich immer mehr,
Statt unseren Billionen
Zu fronen.
So, so, so und so,
So schlimm wird's wohl nicht sein.
Mir, wir, wir und wir,
Mir finden uns schon drein.
Zieht man das große JSetz auch zu,
Das ftört nicht die Verdauungsruh':
Mir werden wohl noch )Mafchen
Srhafchen!
Humor des Auslandes
(Pasquino, Turin)
Marianne: „Nicht wahr, auch ihr seht
ein, daß ich Deutschland nur zum Wohl der
Menschheit entwaffnet habe?"
Das Postamt der Zukunft
Es handelt sich nicht um das „Postamt"
von Rabindranath Tagore, sondern um ein
ganz und gar deutsches. Dort hatten zwei
Mitglieder des Briesmarkenvereins stürmisch
Einlaß begehrt, um sich die neuerschienenen
>000000 Aeberdruckmarken zu besorgen.
Das Tor war geschlossen. Ein Spinnweben-
neh flimmerte im Sonnengolde, dem einzigen
Golde, das es noch im deutschen Lande gab.
Die Fenster waren verquollen, die Schalter
geschloffen, dahinter lag alles im Dornrös-
chenschlaf.
Kein Wunder. Die letzte Eintragung ins
Postbuch war im Januar 1924 erfolgt, wo
eine Käserechnung von 290 Milliarden ein-
gegangen war. Der Telegraph war einge-
rostet. Wer schrieb noch Briefe? Die deutsche
Literatur war längst am Rückporto verendet.
Im Lintergrunde des kleinen Postamtes
aber hatte ein erschütterndes Drama seinen
--Abschluß gefunden. Dort fand man die letzten
Aufzeichnungen eines Briefträgers. Dieser
hatte seinen früherenBeruf aufAnraten seines
Arztes aufgegeben, um sich als Vorortbrief-
träger Bewegung zu verschaffen.
Aber es gab nichts zu bewegen, keine Loff-
nung auf einen Brief. Im leeren Packraum,
in dem die Schritte der Eindringenden schauer-
lich erschallten, hatte er sich am Lederriemen
seiner Brieftasche erhängt.
And das Schmerzlichste? Er durste nicht
einmal den Iubiläumstag der 200. Postge-
bührenerhöhung mit erleben-a.v.
*
Klaffenhaß
Die „Berliner Börsenzeitung" hat in zor-
Niger Wehmut entdeckt, daß die neue Steuer-
gesetzgebung auf Klassenhaß aufgebaut ist;
Ziel sei offenbar die gänzliche Vernichtung
des Kapitals. Die Bankiers, schon immer
die reinsten Verkünder und Förderer christ-
licher Nächstenliebe, stehen trauernd vor-
dem Zusammenbruch ihrer moralischen Loch-
stimmung, wenn es dem Klassenhaß wirklich
gelingen sollte, den Dollarkurs zu drücken.
Die Inflation war der Träger ihrer har-
monischen Weltanschauung, und je mehr die
Mark vertrocknete, desto weicher wurde ihr
Lerz, das voll Liebe für Mensch und Effekten
ist. Wie soll diese erlösende Stimmung sich
ferner ausbreiten, wenn Klassenhaß dem
Kapital die Flügel beschneidet? Wie soll
der Bankier seinen versöhnlichen Charakter
wahren, wenn die Börse ihre „feste Lattung"
verliert?
Wie hoch auch der Schmalzpreis steht,
höher noch muß uns immer die menschen-
freundliche Laune des Finanziers stehen, der
unser Wirtschaftsleben mit Eifer und tausend
Prozent Provision reguliert. Darum: Nieder
mit dem Klassenhaß! Loch die Kurse!
Das ewige Licht
Ein Amerikaner will aus einem flüssig ge-
machten radioaktive» Stoff ein Dauerlicht
konstruiert haben, das ohne Brennstoffer-
neuerung fünfzehn bis zwanzig Jahre brennt.
Als Lelfferich davon hörte, lachte er ver-
ächtlich: „Was diese Onkels von drüben sich
schon einbilden! Mein Licht geht überhaupt
nicht aus — und ich lerne nie was dazu."
Der Angelpunkt
In einem französischen Blatt wurden kürzlich
die interalliierten Kriegsschulden als der An-
gelpunkt der europäischen Schwierigkeiten be-
zeichnet. Poineare ist offenbar anderer Mei-
nung; denn er angelt andauernd im Ruhr-
gebiet. Aebrigens gehts ihnr dabei wie allen
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Patrioten
„Ich habe an dem neuen Marksturz Milli-
arden verdient. Jetzt werde ich auch 500 000
Mark für die ,Front an der Ruhr opfern."