—— 163 -
Probatum est
„Stiefclsohlen halten eine kleine Ewigkeit, wenn man sie ordentlich
mit Eisennägeln beschlägt — und nachher seine Stiefel in der
.Hand t r ä g 1."
Lobelspäne
Es steht ein neuer Leiliger
Im goldnen Leiligenglanz.
Wie um das Kalb von Golde
Tanzt alles drum den Tanz.
Der heilige Multiplikator
Ist es, der uns regiert
And alle unsre Preise
Tagtäglich „reguliert".
O heiliger Multiplikator,
Wir tragen nun ein Begehr:
Multipliziere die Leiden
And Sorgenfallen nicht mehr!
*
Die ständigen Preiserhöhungen zeigen am deutlichsten unsere
Erniedrigung. #
Italien hat Athen am Wickel —
Wir sehen's mit verhalt'nem Grimm:
Wir sind doch m a l nicht das Karnickel,
And andern geht es auch mal schlimm.
Auch andere spüren, was „Sanktionen"
And was „Reparationen" sind.
Die Militärs in Korfus Zonen
Beschießen gleichfalls Weib und Kind.
Run spukt ein wildes Feuerdrama
In Japans Blütenparadies.
Wie schade, daß der Fusiyama
Nicht näher dran liegt an — Paris!
*
Meine Aujuste erzählte, daß unser Enkel das erste Wort gesprochen
habe. „So?" fragte ick, „wat sagte er denn: Papa, Mama oder
Dollar?" Dein getreuer Säge, Schreiner.
Gas
Auch ein Politikus
Die Gasvergiftungen mehren sich. Leute,
die weniger den Appetit am Leben als die
Möglichkeit, ihn zu befriedigen, verloren
haben, drehen einfach den Lahn auf und
dämmern ins Jenseits hinüber, wo der Preis
der Margarine keinen Dollarschwankungen
unterworfen ist. Linterher muß dann oft mit
Entrüstung festgestellt werden, daß niemand
da ist, der die Gasrechnung bezahlen will.
Am dieser Rücksichtslosigkeit der Selbst-
Mörder entgegenzuwirken, empfiehlt es sich,
schon den Kindern in der Schule einzuprägen,
daß ein Mensch mit tiefem Ehrgefühl lieber
stückweise verhungert, ehe er eine unbezahlte
Gasrechnung hinlerläßt. Das wäre unter der
Rubrik „Soziales Pflichtbewußtsein" den
Kindern deutlich zu Gemüt zu führen, p
*
Die Mark
Achott, mir ist doch gar nicht gut.
War einst so rund und derbe.
Wie scheußlich ist mir jetzt zu Mut,
Ich glaube fast, ich sterbe.
Da pfuschen sie an mir herum:
Doktores und Professer.
And höhnisch grinst das Publikum:
Der wird ja doch nie besser!
Die Seele auch, sie siecht dahin;
Bald wird sie ganz entschweben.
Doch wenn ich auch gestorben bin.
Wird sie doch weiterleben.
Sowohl im Smoking wie im Frack
Wird man mir Trauer schenken.
Die Raffkes und das Schieberpack,
Sie werden mein gedenken! p.
Freundin: „Warum nennst du deinen
Bräutigam neuerdings immer nur deinen
Poincaro?"
Braut: „Er ist hinsichtlich unseres Loch-
zeitstermins auch ein so großer Berschlep-
pungskünstler."
*
Lieber Jacob!
Ick wette mit Dir um een Pfund gestoßenen
Zimt, et jibt in Berlin kecn Menschen, der
nich von die Preise quatschen dut. Det liecht
so in de Luft. Friehmorjens, wenn wa aus
de Flohkiste krauchen, nehmen wa uns vor,
Heike wachste mal 'n Punkt un redst keen
Wort nich mehr von die Preise, Mensch,
ärjere Dir nich, woßu ooch, anders wirds
dadrnm ooch nich, nehn, wa uns vor, un ne
halbe Stunde druff biste schon wieder drin
mitten mang in den Thema. Ob de willst
oda nich, immer kommstc uff den Quatsch
retouhr. Frieher war det »ich, det kommt
daher, weil unser Zeitalter det jeistlose Zeit-
alter is. Is mein Standpunkt! Frieher
haben se sich, wenn 'n paar warn zusamm,
haben se sich von 't Wetter unterhalten.
Da lag Ieist lag da drin.
Also, Jakob, stehste, wo ick diese Erkenntnis
habe jeerntet, ick schreib Dir nicht mehr von
Preise un so. Ausjeschloffen. Det Hab ick
nnr nu janz fest Hab ick inir det vorjenomm.
Borleifig könn wa >a jenug reden, Stoff is
da, det sind de neuen Steuern. 'R bisken
happig is et schonst, wat se uns da uff-
brummsen un da solln se uns det bisken
Leben nich noch unneetig schwer machen.
Irade in den Zeitpunkt hat det Mistinerium
des Innern ne Liste rausjejeben, wat jetz de
Orden kosten. Der rote Adlerorden, weeßte,
wat der kost? Zweeter Iiete kost der
10 317 874 Mark. Fehlen Dir die 4 Mark,
schon is Essig, schon kannste keenen rote»
Adlerorden nich bezahlen. Meeß der Deibel,
dadrieber komm ick nie wech, wat sind det
sor Ieschöpfe, die in de Mistinerien rum-
sitzen dun? Ick mecht mal wissen, wat
paffiert een Koofmich, der seine Zeit mit
Wechseln von sone auskalmüserte Summen
verbuttern dut. Det et keene Markscheine
nich mehr jibt, weeß jedet kleene Kind in
Deitschland, un det de Beamten uff 'n Mond
wohn, is bei de neien Fahrpreise nich wahr-
scheinlich. Et missen woll alle Beamten aus-
jediente Kavalleristen sind, weil se nich könn
runterhuppen von den Amtsschimmel. Ra,
un iebahaupt is et nich scheen, det se de
Preise for de scheenen Orden so ruffschrauben
dun. Det se Willem nich mehr Ham, na
dadrieber kommen de Onkels aus de jutc
olle Zeit noch wech, aber det se zu de drei
Piepmätze, die ihnen der Keenig allergnädigst
hat jeruht zu verleimen, nich ooch noch den
vierten Piepmatz könn kriejen, siehste Jakob,
det is bitter for die Leite. Det war ihr
Stolz un der Neid von de janze Anver-
wandtschaft, wenn Krause hat jekricht det
Badienstkreiz in Iold un Kunze bloß in
Silber. Nu kommt et aber raus: indein det
Badienstkreiz in Silber kost 431 554 Mark
un det in Iold bloß 10 150 Mark, war die
janze Badienstbelohnung mit Iold uffjelcchter
Schwindel, un Kunze hat sich umsonst jejiftet.
Wat ick also sagen wollte, det se den eenzjen
Klimbim, wodran det Lerz hängt, nu noch
so teier machen dun, nee, scheen is det nich.
Mat Hab ick Dir jesagt, Jacob? Da nutzt
allet nischt, wir quatschen immer wieder von
de Preise. Det is nu mal so.
Womit ick vableibe mit ville Irieße
Dein jetreier Iotthilf Rauke,
an 'n Iörlitzer Bahnhof jleich links.
Probatum est
„Stiefclsohlen halten eine kleine Ewigkeit, wenn man sie ordentlich
mit Eisennägeln beschlägt — und nachher seine Stiefel in der
.Hand t r ä g 1."
Lobelspäne
Es steht ein neuer Leiliger
Im goldnen Leiligenglanz.
Wie um das Kalb von Golde
Tanzt alles drum den Tanz.
Der heilige Multiplikator
Ist es, der uns regiert
And alle unsre Preise
Tagtäglich „reguliert".
O heiliger Multiplikator,
Wir tragen nun ein Begehr:
Multipliziere die Leiden
And Sorgenfallen nicht mehr!
*
Die ständigen Preiserhöhungen zeigen am deutlichsten unsere
Erniedrigung. #
Italien hat Athen am Wickel —
Wir sehen's mit verhalt'nem Grimm:
Wir sind doch m a l nicht das Karnickel,
And andern geht es auch mal schlimm.
Auch andere spüren, was „Sanktionen"
And was „Reparationen" sind.
Die Militärs in Korfus Zonen
Beschießen gleichfalls Weib und Kind.
Run spukt ein wildes Feuerdrama
In Japans Blütenparadies.
Wie schade, daß der Fusiyama
Nicht näher dran liegt an — Paris!
*
Meine Aujuste erzählte, daß unser Enkel das erste Wort gesprochen
habe. „So?" fragte ick, „wat sagte er denn: Papa, Mama oder
Dollar?" Dein getreuer Säge, Schreiner.
Gas
Auch ein Politikus
Die Gasvergiftungen mehren sich. Leute,
die weniger den Appetit am Leben als die
Möglichkeit, ihn zu befriedigen, verloren
haben, drehen einfach den Lahn auf und
dämmern ins Jenseits hinüber, wo der Preis
der Margarine keinen Dollarschwankungen
unterworfen ist. Linterher muß dann oft mit
Entrüstung festgestellt werden, daß niemand
da ist, der die Gasrechnung bezahlen will.
Am dieser Rücksichtslosigkeit der Selbst-
Mörder entgegenzuwirken, empfiehlt es sich,
schon den Kindern in der Schule einzuprägen,
daß ein Mensch mit tiefem Ehrgefühl lieber
stückweise verhungert, ehe er eine unbezahlte
Gasrechnung hinlerläßt. Das wäre unter der
Rubrik „Soziales Pflichtbewußtsein" den
Kindern deutlich zu Gemüt zu führen, p
*
Die Mark
Achott, mir ist doch gar nicht gut.
War einst so rund und derbe.
Wie scheußlich ist mir jetzt zu Mut,
Ich glaube fast, ich sterbe.
Da pfuschen sie an mir herum:
Doktores und Professer.
And höhnisch grinst das Publikum:
Der wird ja doch nie besser!
Die Seele auch, sie siecht dahin;
Bald wird sie ganz entschweben.
Doch wenn ich auch gestorben bin.
Wird sie doch weiterleben.
Sowohl im Smoking wie im Frack
Wird man mir Trauer schenken.
Die Raffkes und das Schieberpack,
Sie werden mein gedenken! p.
Freundin: „Warum nennst du deinen
Bräutigam neuerdings immer nur deinen
Poincaro?"
Braut: „Er ist hinsichtlich unseres Loch-
zeitstermins auch ein so großer Berschlep-
pungskünstler."
*
Lieber Jacob!
Ick wette mit Dir um een Pfund gestoßenen
Zimt, et jibt in Berlin kecn Menschen, der
nich von die Preise quatschen dut. Det liecht
so in de Luft. Friehmorjens, wenn wa aus
de Flohkiste krauchen, nehmen wa uns vor,
Heike wachste mal 'n Punkt un redst keen
Wort nich mehr von die Preise, Mensch,
ärjere Dir nich, woßu ooch, anders wirds
dadrnm ooch nich, nehn, wa uns vor, un ne
halbe Stunde druff biste schon wieder drin
mitten mang in den Thema. Ob de willst
oda nich, immer kommstc uff den Quatsch
retouhr. Frieher war det »ich, det kommt
daher, weil unser Zeitalter det jeistlose Zeit-
alter is. Is mein Standpunkt! Frieher
haben se sich, wenn 'n paar warn zusamm,
haben se sich von 't Wetter unterhalten.
Da lag Ieist lag da drin.
Also, Jakob, stehste, wo ick diese Erkenntnis
habe jeerntet, ick schreib Dir nicht mehr von
Preise un so. Ausjeschloffen. Det Hab ick
nnr nu janz fest Hab ick inir det vorjenomm.
Borleifig könn wa >a jenug reden, Stoff is
da, det sind de neuen Steuern. 'R bisken
happig is et schonst, wat se uns da uff-
brummsen un da solln se uns det bisken
Leben nich noch unneetig schwer machen.
Irade in den Zeitpunkt hat det Mistinerium
des Innern ne Liste rausjejeben, wat jetz de
Orden kosten. Der rote Adlerorden, weeßte,
wat der kost? Zweeter Iiete kost der
10 317 874 Mark. Fehlen Dir die 4 Mark,
schon is Essig, schon kannste keenen rote»
Adlerorden nich bezahlen. Meeß der Deibel,
dadrieber komm ick nie wech, wat sind det
sor Ieschöpfe, die in de Mistinerien rum-
sitzen dun? Ick mecht mal wissen, wat
paffiert een Koofmich, der seine Zeit mit
Wechseln von sone auskalmüserte Summen
verbuttern dut. Det et keene Markscheine
nich mehr jibt, weeß jedet kleene Kind in
Deitschland, un det de Beamten uff 'n Mond
wohn, is bei de neien Fahrpreise nich wahr-
scheinlich. Et missen woll alle Beamten aus-
jediente Kavalleristen sind, weil se nich könn
runterhuppen von den Amtsschimmel. Ra,
un iebahaupt is et nich scheen, det se de
Preise for de scheenen Orden so ruffschrauben
dun. Det se Willem nich mehr Ham, na
dadrieber kommen de Onkels aus de jutc
olle Zeit noch wech, aber det se zu de drei
Piepmätze, die ihnen der Keenig allergnädigst
hat jeruht zu verleimen, nich ooch noch den
vierten Piepmatz könn kriejen, siehste Jakob,
det is bitter for die Leite. Det war ihr
Stolz un der Neid von de janze Anver-
wandtschaft, wenn Krause hat jekricht det
Badienstkreiz in Iold un Kunze bloß in
Silber. Nu kommt et aber raus: indein det
Badienstkreiz in Silber kost 431 554 Mark
un det in Iold bloß 10 150 Mark, war die
janze Badienstbelohnung mit Iold uffjelcchter
Schwindel, un Kunze hat sich umsonst jejiftet.
Wat ick also sagen wollte, det se den eenzjen
Klimbim, wodran det Lerz hängt, nu noch
so teier machen dun, nee, scheen is det nich.
Mat Hab ick Dir jesagt, Jacob? Da nutzt
allet nischt, wir quatschen immer wieder von
de Preise. Det is nu mal so.
Womit ick vableibe mit ville Irieße
Dein jetreier Iotthilf Rauke,
an 'n Iörlitzer Bahnhof jleich links.