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Die Synagoge in M. ward wiederholt
niit Hakenkreuzen in alle» Größen und
Farben beschmiert. Ebenso nachsichtig,
wie die Polizei ein Auge des manchmal
ohnmächtigen Gesetzes darüber zudrücktc,
ließ die jüdische Gemeinde die Kultur-
male abkratzen. Hinschmieren und ab-
kratzen — ein steter Wechsel! Bis das
Gebetsbaus einer gründlichen Erneu-
erung bedurfte. Bald stand es im neuen
Gewände da. Fleckenlos die ganze dunkle
Fassade. Die Fläche aber bis zur halben
Stockwerkshöhe hinauf war ganz hell ge-
halten und in großen Lettern stand da zu
lesen: „Reserviert für Haken-
kreuze!"

*

Der „Berliner Lokalanzeiger"

stockt sein Geschäftslokal auf. Von den
Geldern derer, die nicht alle werden.

Ein Provinzler, der vorbeikommt,
fragt einen Berliner, was denn daS wird.

Der Eingeborene antwortet prompt:
„Hugenbcrgs Lug ins Land!"

*

Folgen

„Junge, Junge, warst du aber diese
Nacht bezecht! Sag' mal, hast du keinen
polizeilichen Strafbefehl wegen ruhe-
störcnden Lärms bekommen?"

.Ich nicht... aber meine Alte!"

Feldwebel oder Schlächter bevorzugt!

Zeichnung von Adalbert Hub

Nachstehendes Inserat erschien in der .Frankfurter
Oderzeitung":

„Knabenerzichungsheim sucht älteren, starken, ener-
gischen Mann als Erzieher. Selbiger muß imstande
sein, Aufsicht in straffer, energischer Manneszucht zu
übernehmen. Ehemalige Feldwebel oder Schlächter
bevorzugt. Ausführliche Angebote mit Bild (Bild
zurück) postlagernd Wriczen-Odcr."

Die goldene Hochzeit

Mein Urgroßvater — großmütterlicher
vaterseits — war ein ausnehmend gast-
freundlicher Mann. Als er seine goldene
Hochzeit feierte, öffnete er sein Haus für
jeden, der nur kommen wollte. Ver-
wandte, Bekannte, viele Unberechtigte
darunter, erschienen in reicher Anzahl.
Der riesige Appetit, den man mitbrachte,
stand im schreiendsten Gegensatz zu dem
armseligen Geschenk, das man dem
Jubelpaar verehrte.

Schon drängten die Heißhungrigen
gierig, um an der winkenden Festtafel
einen günstigen Platz zu ergattern, als
einige festlich gekleideteHerren eintraten
und im Namen der Stadt Glückwünsche
überbrachten. Nach der kurzen Rede
wurden fünfzig Silbergulden als Ehren-
geschenk auf ein Tischchen hingezählt.
Die Deputation zog sich zurück, nach
dem mein Urgroßvater gerührt gedankt
hatte. Alles umringte und bewunderte
die funkelnagelneuen Silberstücke. Erst
als die Hausfrau zu Tisch rief, trennte
man sich von der blitzenden Ehrengabe.
Nur mein Urgroßvater blieb in seiner
kindlichen Weise dabei zurück und fing
zu zählen an. Aber cs waren nur noch
vierzig Silbergulden!

Zuerst überkam ihn eine furchtbare
Wut, dann aber faßte er sich und sagte
mit Betonung: „Meine Freunde, wir
haben uns geirrt! Wir sind ja erst vierzig
Jahre verheiratet!" Hierauf schmiß er
alle Gäste ohne jcdeAusnahme hinaus.

Die vornehme Ehe

Zeichnung von Josef Fenneker

„Dein Mann ilt eine komplette Ruine! Den hättest du vor zehn Jahren heiraten mülten! — „fiätt’ ich machen können.

Aber damals, liehst du, war er mir zu alt!“

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