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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 49.1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.8266#0257
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„Der BXahrc l»eob" erscheint 14 tägig an jedem gfc M Bezugspreis für Deutschland: Einzelnummer 4» Pt.

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Zeichnungen von Lothar Reiz

D«r Rittergutsbesitzer Herr von Pieperow
aus Klein Dulkow war fest entschlossen, sein
Gut zu einem Mustergut zu machen. Da er
et im Kriege im Verlaus einer hinreißend
schnellen Karriere bis zum Oberleutnant der
Reserve gebracht hatte, kam er auf den genialen
Einfall, von der Unfehlbarkeit des militärischen
Systems überwältigt, in den Gutsbetrieb
militärischen Schwung ;u bringen. „Wenn

der äußere Schmiß eingedrillt ist, dann kommt
der innere von alleine!" sagte er und ein
anderes Prinzip lautete: „Nur die Leute nicht
verwöhnen — verweichlichte Kerls können
nichts leisten!" Und man muß zugestehen, sein
ganier Hof war ein leuchtendes militärisches
Bild. Es konnte z.D. kaum etwasSchnei digeres
geben, als wenn sechs oder acht Gespanne
den Stalldünger aufs Feld fuhren. Dann
ritt der Inspektor vorneweg und Herr von
Pieperow stand,ähnlich wie Flitzing Reuters
Herr von Rambow, auf der Veranda seines
Herrenhauses und kommandierte. Und de:
vor die Formation den Hof verließ, wurden
nach Kommando ein paar Rechts- und
Linksschwenkungen ausgeführt, wurde aus-
geschwärmt und stillgestanden. Dann fuhren
dir Mistwagen gliedweise und in mili-
tärischer Haltung vom Hof. Ei« packendes
Bild strategischer Operationen.

Der alte Schäfer Karl Snut, rin mili-
tärisch völlig unbegabter Mensch, pflegte

dazu zu sagen: „Dat schall nu Meßführen fin!
Nu bid ick Di. Hein, wo süht dat ut? Dat
humpelt dor jo up un af — rein as ne Ballett-
schaul'!"

Während die Wagen den Hof verließen,
hielt Herr von Pieperow dann mit seiner
Familie auf der Veranda Kritik und am Abend
bekamen der Inspektor und der Stallhalter
da« zu hören, was sie wissen sollten. Herrn
von PieperowS Adju-
tant, der Gutssekretär
Schmidt, stand stets
hinter ihm, kacken-
knallend, Hand-an-
die - Mütze - nehmend
und„ZuD'fehl" brül-
lend, und notierte die
Befehle PieperowS.
Seltsamerweise gin-
gen trotz dieser viel-
fachen mustergültigen
ökonomischen Ver-
suche die Ernten zu-
rück. Herr «.Pieperow
schüttelte über dieses
Phänomen den Kops.

Er erklärte es schließ-
lich mit der Wühlar
beit hetzerischer Ele-
mente unter seinen Leuten und beauftragte
seinen Adjutanten, Herrn Schmidt, alle Leute
scharf zu beobachten. Herr v, Pieperow hatte
nämlich, getreu seinem Grundsätze, seine Tage-
löhner nicht zu verwöhnen, ihnen alsDeputatS
korn schlecht-gelagertes, muffiges Getreide
geben lassen und die Insubordination hatte
schon so erschreckende Maße angenommen, daß
die Leute damit nicht zusrieden waren.

„Wi will'n gaudet, dröget Deputatskorn hebben!

Eines Tages klopfte denn auch Johann
Düwel, rin Tagelöhner, an das Arbeitszimmer
des Gutsherrn und sagte:

„Dag ok, Herr, ik wull Sei man fragen, wat
nu mit uns' Deputat werden fall?"

„Was soll damit werden? Nichts!", ent-
gegnete Pieperow.

„Ik schall Sei vun all' de DagelöhnerS seggen,
dat wi dat Schiet nich freten! Dat künnen

Sei sick wedder holen. Wi willen en gaudet,
dröget Deputatskorn hebben! Dit köfft uns
keen Bäcker af!"

„Seien Sie nicht so unverschämt, Mann!
Das Korn ist für Euch gut genug!"

„Na, denn nich, Herr! Dann möten wi
seihn, wat wi maken! Äwer, Herr, wi Dage-
löhners sünd ok nich wehrlos!" Damit ging er.
„Unerhört!" sagte Pieperow.

„Sv'nKerl gehört an die Wand gestellt!"
erklärte der jugendlich begeisterte Sekretär.
„Ich glaube, Herr v. Piperow, die Leute
haben was vor. Da« sind ja alles Sozial-
demokraten. Wissen Sir, ich Hab' schon
immer das Gefühl gehabt: die haben hier
irgendwo ein geheime« Waffenlager und
denken darum, sie können auftreten!"

„Sie werden die Leute scharf beobachten,
und sollten einmal etliche von ihnen ver-
dächtige Gänge unternehmen, dann werden
wir ihnen folgen und sehen, ob Ihr« Ver-
mutung zutrifft. Unwahrscheinlich ist das

. . . und Herr von Pieperow stand auf der Veranda
seines Herrenhauses und kommandierte.

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