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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 49.1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.8266#0258
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„Ich glaube, Herr v. Pieperow, es liegt am Deputatekorn!"

,a nicht", entschied Herr v.

Picperow.

Am Tage darauf saßen die
Tagelöhner zusammen und
warteten auf Karl Snut, den
Schäfer, der noch einmal mir
dem Herrn v. Pieperow über
da- Korn sprechen wollte.

Snut kam auch und teilte
mit. daß der „Herr" morgen
beim Inspektor sein wollte
und dorthin sollten ihm die
Tagelöhner Brot zur Probe
bringen, da- au- dem schlecht
ten Korn gebacken sei. Er
und der Sekretär wollten
dann selbk davon kosten. -

.Io - und denn seggen se:

't schmeckt grvßortig und wi
sünd so klauk as vörher. Nee dat hctt keen
Ort nich!"

Da fing Fritzing Drögcl laut an zu lachin.
.Junge, Junge", schrie er, .bat giwwt n
hellschen Spaß!" und er lachte wieder wie
unklug. Und dann erklärte er. daß Wising,
seine Braut, das Dienfimädchc» von Frau
Inspcktorn, zusehen müsse, ob es nicht aus
Frau Inspektors Hausapotheke das Mittel
holen könnte, das die Frau Inspektor wegen
ihrer Verdauungsbeschwerden mit eklatantem
Erfolg anzuwendcn gewohnt sei. Und das
Mittcl solle man in das Mehl tun, wobei er
sich dann von den Kostproben des „Herrn" und
des Sekretär- die schönsten Erfolge verspreche.

Der Vorschlag wurde einstimmig ange-
nommen.

Während sie noch lachten, kam der Wirt-
schafter Franz Schüncmann, ein Dauerniung'
aus dem Strelitzschen, heran und sagte,
Schmidt, der Sekretär habe ihm erzählt, er
müsse aus die Leute achten und ausspivnicren.
wo sie hier ein Waffenlager hätten. Pieperow
und er wollten eS dann ausheben.

.Waffenlager?" fragte Snut, „de sünd
woll ganz un gor unklauk!"

„Süh Korl", meinte Düwel, .de.öberst
Heeresleitung" werd all nervös!"

.Kinnings" schlug der Wirtschafter vor,
„de beiden möten eigentlich en beten foppt
werden. Weit ji wat? Ik werd de .öberst
Heeresleitung" dovvn »unterrichten", dat ji
Daglöhners morrn nacht, zu Klock twölf, nah
de grotc Eik in'n Rüdcnschlaq gehn wullt.
wohrscheinlich um jug .Maffenlager" tau
besäuken, un dor können ja denn de beiden bi
so'n lütten Regen n beten luern."

„Grvßortig!" jubelte Johann Düwel, „mit
uns" sin' Verdauungsbrot in'n Liw werden de
beiden jo 'ne interessante Nacht verbringen !"—

Und es muß nun gesagt werden, daß die
schändlichen Ränke glückten.

Wising, das verdorbene Geschöpf, entnahm
der inspektorlichen Hausapotheke eine Quanti-
tät de- bewußten Mittels, die hingereicht
hätte, um einem Elefanten Linderung zu ver-
schaffen. Man tat sie ins Mehl und bekam
noch zur rechten Zeit Brot und «inen Stuten
fertig, von denen Herr v. Pieperow und der
Adjutant trotz Geschmacksrevolutionen reich,
lich aßen, um alle von der Güte des Korne«

zu überzeugen. Kurz darauf ließ sich der Wirt-
schafter melden. Mit einem ganz verstörten
Gesicht.

„Herrv.Picperow", begann cr,„ich lauschte
soeben im Pferdestall zufällig einer Unterhal-
tung zwischen einem Knecht und einem Tage-
löhner. Daraus ging hervor, daß sich einige
Leute heute nacht gegen ein Uhr unter der
großen Eich« am Rübenschlag treffen wollen."

„Donnerwetter!" fuhr Pieperow hoch,
„dann müssen wir militärisch« Maßnahmen
treffen. Schmidt und ich werden gut bewaff-
net um 12 Uhr in der Eiche sitzen und Sie,
Schünemann, achten mit dem Inspektor aus
den Hof. Aber nehmen Sie reichlich Patronen
mit.Schmidt. Wir wollen Remedur schaffen!"

Und wirklich — es ist betrüblich mitzu
teilen — um I l Uhr zogen schwerbewaffnet
Herr v. Pieperow und der Adjutant in Rich-
tung der Eiche los. Trotz unangenehmer
Magenschmcrzen.

„Wir sind schon öfters zusammen auf dem
Anstand gewesen, wenn wir einen Keiler oder

einen Bock schießen wollten," sagte Pieperow
mit zitternder Stimm«. „Heute handelt cs
sich um gefährlicheres Wild!"

Sie patschten durch den Regen und langten
klatschnaß und frierend unter der Eich« an.

Es war nicht leicht hinaufzukommen, aber
es gelang. Kaum saßen fie oben, da stöhnte
Schmidt schrecklich.

„Herr v. Picperow", sagte er, .mir ist, als
ob — "

„Mir auch, Schmidt, aber es geht nicht —
sie können jeden Augenblick kommen!" Sie
saßen eine Weile.

„O", klagte Schmidt, „und wenn ich mit
dem Leben bezahlen müßte, ich muß mal hin-
unterstcigen."

Dann wurde er plötzlich sehr blaß

„Na, dann steigen Sie
runter, aber schn«ll!"flüfierte
Pieperow.

„Danke!" seufzte Schmidt
mat t mit einem festgefrorenen
Lächeln. — „Es ist nicht mehr
nötig. Ich habcBreeche«an!"

„ Himmeldonnerwetter!"
fluchte jetzt Pieperow und
verzerrte sein Gesicht. Er
hing das Gewehr an einen
Ast und sprang vom Baum.
Schmidt hörte ihn unken
klagen. Aber auch er spürte
wieder ein vulkanische- Ge.
räusch in seinem Innern.

„Mein Himmel", dachte
er, „ist es noch nicht zu
Ende?!" Ersprangauch herab.

Mit steifen Gliedern kletterten beide wieder
in den Baum. Gegen zwei Uhr hatten Sie
schon eine gewisse Technik im Auf- und Ab-
klettern heraus.

„Ich glaube, Herr v. Picperow", sagte
Schmidt, als sie wieder einmal auf dem kalten
Acker bockten, „ich glaubt, es liegt an dem
Dcputatskorn."

„Ist mir jetzt alles egal!", erklärte Herr
v. Piepervw.

„Aber warum kommen die Leute nicht?
SollteSchünemann falsch verstanden haben?"

„Oder sie haben uns hier bemerkt", meinte
der Chef der Heeresleitung.

Gegen Morgengrauen kamen sie nach Haus.
Herzergreifend anzusehen wie Napoleons
geschlagenes Herr.-

Am andern Tag fragte der Schäfer den
Tagelöhner Düwel: „Segg, Jung, hebbt ji
eijentlich en Waffenlager?"

„Io Korl! En ganz großvrtige« — deHue
apte ik' von Fru Inspcktorn!" —

Übrigens — das Deputatskorn wurde
umgetauscht.

Botanik

Neue zeitgemäße Gewächsnamen
Hugenberg — Blätterschwamm
Einbrecher — Nachtschatten
Kellnerin — Maßliebchen
Millionär = Tausendgüldenkraut
Steuern und Zölle — Sauerdorn
Alte Jungfer — Schachtelhalm
Gewehr = Bei-fuß
Jeitungsverlag — Jy-presse
Kriegshetzer — Schwertlilie
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Rechtspartei — Kamel-ie
Lausejunge — Immer-grün
Feme ----- Im mort-cllc
Gummiknüppel == Vergißmeinnicht
Lotterielo« ----- Saubohne m.k.

Dir musikalische Gattin

„Ist Ihre Frau auch sehr musikalisch?"

„Aber nicht zu knapp. — Wenn ich mit Ihr
mal'n Strauß ausfechte oder H a e n d r l
habe, setzt sie sich vor Wut gleich ans Klavier
und macht einen Haydn Krach!"

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