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https://doi.org/10.11588/diglit.8187#0164
(Minden-Verlag)
Teegespräch
Zeichnung von F. Gravenhorst
„Aber daß die Polizei den Schacht zum Rücktritt nötigen will, das rinde ich nicht in Ordnung!“ — „Die Polizei — Schacht??“ —
„Ja. Ich war auf dem Bahnhof, als er aus Paris wieder eintraf, und da hörte ich, wie die Schupoleute ganz laut riefen:
Zurücktreten! Bitte zurücktreten!“
Modernes Märchen
Es war einmal ein braver alter Mann.
Der feierte im Kreise seiner Lieben den
80. Geburtstag. Schon in den ersten Vor-
mittagsstunden kamen die Kinderund Enkel
und Arenkel zu ihm in die festlich ge-
schmückte Stube und brachten dem silber-
haarigen, aber noch geistesfrischen Greise
ihre Geschenke und Glückwünsche dar.
Mitten drein platzte der Postbote und
legte einen versiegelten Amschlag aus den
Tisch. Zitternd vor Erwartung öffnete
der Jubilar den Brief und entfaltete
ein amtliches Dokument.
„Bewilligt!" rief er mit freudiger
Stimme und sank in den Lehnstuhl.
„Aber das ist ja an einen Äermann
adressiert und du heißt doch Karl?"
fragte einer der Enkel.
„Stimmt," sagte der Greis, „es gilt
eigentlich dem Großvater der Mutter
meines Vaters. Als er vom Felde
heimkehrte, meldete er seine Ansprüche an.
Er ruht schon lange draußen auf dem
Friedhof, aber daß man mir die
Freude macht, zu meinem Ehrentag die
Bewilligung von 100 Mark mitzuteilen.
das ist doch wirklich schön vom Reichs-
entschädigungsamt."
Da waren alle vor Rührung stumm.
*
Lieber Wahrer Jacob!
Ich lese im Amtsblatt der Stadt
Berlin vom 28. 4. folgende nette Notiz:
„Verpachtung eines
Verkaufsraumes
Zn der Bedürfnisanstalt an der
Danckelmannftraße in Berlin-Nieder-
schönhausen (Spielwiese im Volkspark
Schönholzer Äeide) ist ein Verkaufs-
raum für Obst, Süßigkeiten, alkohol-
freie Getränke, Tabak, Zigarren, Zi-
garetten und Druckschriften.
zu verpachten."
Ein komischer Verkaufsraum muß das
sein. Tabak, Zigarren und Druckschriften
braucht man allerdings manchmal an
solchen Orten. Zn welcher Abteilung
aber soll wohl der Verkauf von Obst,
Süßigkeiten und Getränken vor sich
gehen? Auch die Stadt Berlin sollte
mehr auf Hygiene achten und nicht
ausgerechnet in der Bedürfnisanstalt
solche Verkaufsstellen einrichten.
Sie hat Recht
„Zch würde Sie gern engagieren,"
sagte die Gnädige zu der stellungsuchenden
Köchin, „aber ich kann nur Personal
brauchen, das langjährige Zeugniffe vor-
legen kann!"
„Aber, gnädige Frau," sagte die Be-
werberin, „seien Sie doch nicht so streng!
Sehen Sie mal: als Sie geheiratet haben,
hat der Herr Gemahl doch auch keine lang-
jährigen Zeugniffe von Ihnen verlangt!"
Frühlingswehen
V om Mantel befreit sind Hose und Jacke
durch des Frühlings holden, belebenden
[Blick.
Man prüft die Garderobe Stück für Stück -
Bei naher Besichtigung zeigt sich — au
. [Backe —
im Hosenboden des Loches Lück\
Von dort her schimmert trotz flickenden
[Fleißes
des Männerhemdes körnige Spur,
aber der Anstand duldet kein Weißes ...
kein Geld zu was neuem, was mache
[ich nur?
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Teegespräch
Zeichnung von F. Gravenhorst
„Aber daß die Polizei den Schacht zum Rücktritt nötigen will, das rinde ich nicht in Ordnung!“ — „Die Polizei — Schacht??“ —
„Ja. Ich war auf dem Bahnhof, als er aus Paris wieder eintraf, und da hörte ich, wie die Schupoleute ganz laut riefen:
Zurücktreten! Bitte zurücktreten!“
Modernes Märchen
Es war einmal ein braver alter Mann.
Der feierte im Kreise seiner Lieben den
80. Geburtstag. Schon in den ersten Vor-
mittagsstunden kamen die Kinderund Enkel
und Arenkel zu ihm in die festlich ge-
schmückte Stube und brachten dem silber-
haarigen, aber noch geistesfrischen Greise
ihre Geschenke und Glückwünsche dar.
Mitten drein platzte der Postbote und
legte einen versiegelten Amschlag aus den
Tisch. Zitternd vor Erwartung öffnete
der Jubilar den Brief und entfaltete
ein amtliches Dokument.
„Bewilligt!" rief er mit freudiger
Stimme und sank in den Lehnstuhl.
„Aber das ist ja an einen Äermann
adressiert und du heißt doch Karl?"
fragte einer der Enkel.
„Stimmt," sagte der Greis, „es gilt
eigentlich dem Großvater der Mutter
meines Vaters. Als er vom Felde
heimkehrte, meldete er seine Ansprüche an.
Er ruht schon lange draußen auf dem
Friedhof, aber daß man mir die
Freude macht, zu meinem Ehrentag die
Bewilligung von 100 Mark mitzuteilen.
das ist doch wirklich schön vom Reichs-
entschädigungsamt."
Da waren alle vor Rührung stumm.
*
Lieber Wahrer Jacob!
Ich lese im Amtsblatt der Stadt
Berlin vom 28. 4. folgende nette Notiz:
„Verpachtung eines
Verkaufsraumes
Zn der Bedürfnisanstalt an der
Danckelmannftraße in Berlin-Nieder-
schönhausen (Spielwiese im Volkspark
Schönholzer Äeide) ist ein Verkaufs-
raum für Obst, Süßigkeiten, alkohol-
freie Getränke, Tabak, Zigarren, Zi-
garetten und Druckschriften.
zu verpachten."
Ein komischer Verkaufsraum muß das
sein. Tabak, Zigarren und Druckschriften
braucht man allerdings manchmal an
solchen Orten. Zn welcher Abteilung
aber soll wohl der Verkauf von Obst,
Süßigkeiten und Getränken vor sich
gehen? Auch die Stadt Berlin sollte
mehr auf Hygiene achten und nicht
ausgerechnet in der Bedürfnisanstalt
solche Verkaufsstellen einrichten.
Sie hat Recht
„Zch würde Sie gern engagieren,"
sagte die Gnädige zu der stellungsuchenden
Köchin, „aber ich kann nur Personal
brauchen, das langjährige Zeugniffe vor-
legen kann!"
„Aber, gnädige Frau," sagte die Be-
werberin, „seien Sie doch nicht so streng!
Sehen Sie mal: als Sie geheiratet haben,
hat der Herr Gemahl doch auch keine lang-
jährigen Zeugniffe von Ihnen verlangt!"
Frühlingswehen
V om Mantel befreit sind Hose und Jacke
durch des Frühlings holden, belebenden
[Blick.
Man prüft die Garderobe Stück für Stück -
Bei naher Besichtigung zeigt sich — au
. [Backe —
im Hosenboden des Loches Lück\
Von dort her schimmert trotz flickenden
[Fleißes
des Männerhemdes körnige Spur,
aber der Anstand duldet kein Weißes ...
kein Geld zu was neuem, was mache
[ich nur?
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