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Roda Roda / Die Pottbäuerin

Sn Sndija zum kalvinischen Pfarrer Doktor Kando kam ein
vergrämtes Weiblein. Sie mochte vierzig zählen — in diesem
Alter sind Bäuerinnen schon vergrämt. Er musterte sie und
kannte sie nicht; sic war also nicht aus seinem Sprengel;
oder katholisch.

Sa, bestätigte sie, katholisch is sic; die Pottbäuerin von
Batajniha.

Lind was sie wünsche?

Sie kaudcrte lange um — denn einem Weiblcin aus dem
Dorf fällt reden mit Städtischen so schwer wie dem Gymna-
siasten das Aufsatzschrciben. Endlich würgte sie hervor:

Ob Kochwürden . . .

Der Pfarrer lehnte den Titel ab.

Ob der Lerr Pfarrer der Pottbäuerin ihren Mann nicht
könnte lutherisch machen?

„Kalvinisch, meinen Sie?"

„Lutherisch oder galvinisch — i versteh des nit aso."

Gewiß, antwortete befremdet der Pfarrer —! gewiß, der
Pottbauer könne zum kalvinischen Glauben übertreten; falls
er nämlich dazu die rechte Bertisung in sich fühle.

Gut, sagte das Wciblein, dann möchte der Lerr Pfarrer den
Pottbauern kalvinisch machen, noch heule. Änd wieviel es
ivohl kosten wird?

„Nicht so, liebe Frau! Der Bauer muß erst selber Her-
kommen; muß selber seinen Willen kundtun; und Nachweisen,
daß er die Grundsätze des kalvinischen Bckenntniffes wohl
innehat; muß den Austritt aus der katholischen Kirche an-
mclden mid feierlich rmser Bekeiurtnis ablcge». — Wo ist
denn der Bauer?"

Sie blickte zu Boden und sprach langsam:

„Der is net hier."

„Dann laßen sie ihn holen."

„Des is cs ja: ma kann net."

„Warum nicht?"

„Er is dot; dot seit a fufzehn Sahr."

Der Pfarrer war ganz verdutzt. — „Tot ist der Bauer?
Seit fünfzehn Sahrcn? And soll kalvinisch werden? Wozu?
Woher wißen Sic, daß er den starken Willen hat . . .?
Was soll das Ganze überhaupt?"

Das Wciblein atmete tief auf, raffte sich empor unb sagte
mutig:

„Kochwürde», i sag's, wie's is — cs is aso: Mci Seliger
lvar a sehr a frommer Grift . . ."

„Katholischer Christ — nicht wahr? Sagten Sie doch?"
„Ja. A sehr a guder Grift. Aber sehr an eigener Mensch

— alls hod müssen nach seiin Kopf gehn. An so is er aa
blieben — im Kimmel. Bei sein Lebzeiten Ham mir immer.
Wann im Laus etwas is überzwcrch gangen, beim Viech
oder aso . . . — da Ham mir immer dem Leilingen Andonius
a Kirzen anzunden un Ham bet — un weil mci Seliger is
aso a guder Grist gewesen, hod der Keilinge uns aa erhört.
Dann is 'r gsturben, der Bauer — no ja — och — un für
sei Frömmigkeit sitzt 'r drüben gwiß zur Seiten von unscrm
lieben Leilingen Andonius. Sa — och. — Wie Hab i können
allcinich d' Wirdschaft weiderführen? 5 Hab müssen heiroden

— ’n Gnecht, ’» Loisl. An schgcn S', Kochwttrden: darüber
gift sich der Selige; sitzt zur Seiten vom lieben Leilingen
Andonius und gift sich. An jetz können mir, mei Loisl un
i, die schecnstcn Kirzen anzündcn un können beten, bis mir
grien Wern: der Keilinge Andonius erhört uns net. Ansre
Sau is verreckt — unsre Kühner saan grcpiert — 's Leu is
sauer: »veil sich mci Seliger dut giften über mi >m mein
Loisl — un dut unser» lieben Leilingen Andonius gcng uns
aufstachcln. Sa ■— och. Da Hab i gmaant: ob Sö net
könnten mein Seligen galvinisch machen — daß 'r halb von
der Seiten des Leilingen Andonius wcgkummt — in d' Löll
für sein Bosheid — daß uns der liebe Keilinge Andonius
wieder erhört!"

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