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(Schluß von Sette 12)

Die Ausführung dieses
Regierungsbeschluffes war
nun ftcilich noch ein schwe-
res Antcrnehmen. Das
Volk war so gutmütig, die
Äcfe des Volkes so edel,
daß eine von der Regie-
rung inspirierte und finan-
zierte Propagandaschrift:

„Du sollst verbrechen!"
einen gänzlichen Mißerfolg
erlebte. Erst nach vielen
Monaten gelang es einer
Abordnung von zwanzig
Staatsanwälten undRich-
tern des obersten Gerichts-
hofs, in den Wäldern an
der äußersten Grenze des
Landes einen halbwilden
Baumfäller zu entdecken,
der sich bereit zeigte, gegen
ein erhebliches Konorar ein
mittelschweres Verbrechen
zu begehen.

Er wurde im Triumph in die Äauplstadt und in den Justiz-
Palast geführt, wo feierlich ein Vertrag über das zu begehende
Verbrechen unterzeichnet wurde. 3m Anschluß wurde ein prunk-
volles Bankett abgehalten.

Kaum war das vertraglich vorgesehene Verbrechen geschehen
(Brandstifttmg in einem Buchverlag, der der Regierung so-
wieso ein Dorn im Auge war), als sich sofort 5000 Krimi-
nalbeamte auf den Fall stürzen mußten. Nach acht Tagen
faßte man den Verbrecher.

Die Zeitungen gaben Exttaausgaben heraus.

13000 Gerichtsbeamte legten Akten an.

480 Richter ttaten zusammen.

700 Staatsanwälte vertraten die Anklage.

Ebensoviele Verteidiger wurden dem Brandstifter gestellt.

Es war ein feierlicher Akt, als zum erstenmal wieder im Lande

ein Mensch zu einer Frei-
heitsstrafeverurteiltwurde.
Sämtliche Kinos brachten
in den nächsten Tagen diese
bedeutsame Szene.

Dem Baumfäller wurden
indes 5 Gefängnisse mit
zusammen 350 Aufsehen,
zur Verfügung gestellt, die
er abwechselnd benutzte (die
Gefängnisse).

Es war ein Anfang ge-
macht. Die Idee des Ver-
brechens war wiedergebo-
ren. Man durfte hoffen.

And die Hoffnungen er-
füllten sich langsam. An-
gelockt durch die von der
Regierung ausgcsehten ho-
hen Belohnungen, die nach
Verbüßung der Strafzeit
fällig wurden, überwanden
nach und nach eine Reihe
von ehemaligen Trinkern
und Raufbolden ihre Abneigung gegen das Anrecht. Mit
Freuden konnte die Regierung feststellen, wie die Statistik von
Monat zu Monat wuchs.

Endlich, nach zwei Jahren fühlte sich die Regierung wieder
stark genug. Sie machte dem Mann im härenen Gewände
wegen Kochverrats den Prozeß und ließ ihn zum Tode ver-
urteilen. Damit war die staatsbedrohende Macht endgültig
gebrochen. Der Staat war gerettet.

Diebstähle, Morde, Anterschlagungen, Betrügereien, Schwin-
deleien, alles kam wieder in Blüte. Die Beamten hatten
wieder zu tun. Richter und Rechtsanwälte feierten Jubel-
feste. Der Tag jener Brandstiftung im Buchverlag wurde
zum Nationalfeiertag erhoben. Das Parlament konnte wieder
Gesetze machen.

Das goldene Zeitalter war abgebrochen.

Zeichnung von Hans Kossatz

Der elektrische Melkapparat

„Guck, Papa, die Kuh läßt sich Dauerwellen machen!“

Zeichnung von Fritz Wolff

Die Skandal-Affäre

„Hurra, es ist wieder was herausgekommen 1“

Unterschiede Zeidl“ung e 1 -«'h G ® * * «

„Bitte, lag diese Zärtlichkeiten! Du bist doch schließ-
lich nur mein Mann!“

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