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In dieser Kulissennacht zieh: mich der Brücker Franzel über bcn Kirchhof. Als Vorstand seines
Vereins hat er, laut Satzung, die Pflicht, jedes verstorbene Mitglied zu kontrollieren, ob es ord-
nungsgemäß in voller Alpentracht im Sarge liegt. Gestern war der Tafernwirt Josef Harlacher
an Alkoholvergiftung gestorben. Jetzt liegt er im Schauhaus und zu seiner Linken und Rechte»
sind zwei Kerzen herabgebrannt und beleuchten gerade noch am Hosenträgerband die ein-
gestickte Aufschrift: „G'sund san mal"

Befriedigt zieht der Franzel seine Pfeife wie Holzsuhrwerk an. Gin tiefes Schweigen finkt in
feine Brust. Der schöne Tod des ordentlichen Mitgliedes scheint ihn nachdenklich zu stimmen.
Plötzlich durchsticht er die Stiile wie mit einer Nadel: „Sie war'n do scho in Angarn. . .?
I muaß auf d'Wocha zweng an .Handel nach Budapest und ko koa Wort von dera
Sprach'. . . Wia hoaßt jetzt das auf ungarisch ,Ietzt kannst mi kreuzwcis auck . . .?"

Die Kleinstadt schläft wie ein unaktuelles Feuilleton im Satz. Des Glockentürmers Töchterlein be-
kommt in dieser Nacht das dritte Kind und keinen Vater. Der Vergolder in der oberen Grasgaffc
beißt aus Liebe seiner Afra die Nase ab, und diese Stille >vird nur durch ein Geräusch im Sudhaus
des Dirfchenbräu durchbrochen. Dort werfen sich vier Mägde über den Bräuburschen, binde»
ihn über den Kack stock und zerklopfen ihir mit Dreschflegeln.

Dazu dringen aus den idyllischen Gassen die gedämpften Töne von sieben Kuckucksuhren, neun

Nähmaschinen, einem Dutzend Laubsägen und drei Flüchen eines Landstreichers.-

Am Morgen weht der lyrische Rauch über die von Dichtern gepachteten Giebel und Dächer, der
Feigenkaffeegeruch liegt wie Andreas Hofer zu Mantua in den Gäßchen und alle drallen
Mädchenkerzen sind voll von der Melodie: „Rur mit Konrad kann ich glücklich werden!"

Tod und Leben

Gs gibt einen italienischen Schriftsteller, der hak bisher nur über den Tod ge-
schrieben. In allen feinen Büchern versucht er darzustellen, daß das Leben
wertlos, Eitelkeit der Eitelkeiten, Asche und Rauch sei; jeder Mensch sei
zum Sterben geboren, die Wiege sei der Ansang zum Grabe, bcn wahren
Frieden fände der Mensch nur nach dem Tode . . .

Eines Tages fragte ihn jemand: „Warum schreibst Du nur solche Sachen?"
„Icb muß doch leben", antwortete der Schriftsteller.

Der Biber

In der Schule fragt der Lehrer: „Wovon nährt sich der Biber?"

Meldet sich stürmisch der kleine Emil: „Von Seide!"

„Waaaas???"

„Ja, Herr Lehrer, ich Hab'erst gestern in der Zeitung gelesen: Biber uürd
meist mit Seide gefüttert!"

In der Garderobe

Zeichnung von s. Rei

„Gab ich Ihnen
mein Herr?“

den richtigen Mantel und Hut,
.Nein, danke!“

Zeichnung von Hans R (

„Ein Augenblick, gelebt im Paradies,
wird nicht zu teuar mit dem Ford gebüßt!“

Ab-

geholfen

Herr Lehmann
hat dem Herrn
Bielke das Ja-
wort für seine
Tochter gegeben.

Bielke ist be-
glückt hcimge-
gangen.

Kaum aber ist er fort, da beginnt Emilie, die Braut, furchtbar zu weinen.
Zum großen Erstaunen Bumntkes.

„Was heulste denn? Liebste ihn nicht?"

„Doch!"

„Na und?"

„Es fällt mir so schwer, mich von Mutter zu trennen."

„Aed. wenns weiter nichts ist die kannste ja mitnehme»!"

Das Konzert

Fräulein Amanda Nerventrommel übt Klavier, acht Stunden täg-
lich; von zwei Ahr nachmittags bis 10 Ahr abends.

Sagt eines Tages Dauernswert, der Wohnungsnachbar, zu Papa
Nerventrommel: „Ihr Fräulein Tochter sollte mal einen Klavier-
abend in der Philharmonie veranstalten!"

„Finden Sie wirklich, daß Amanda schon so weit vorgeschritten
ist?" fragt stolzgebläht der Vater.

„Nee, das nicht!" platzt Dauernswert die Galle, „aber ich möchte
in meinen vier Wänden endlich wieder mal nen ruhigen Abend
1» a b e n!"

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