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Der Herr Generaldirektor äutzert sich
über die Steuern

Was ich von den Steuern halte, wollen Sic wissen? Gar-
nichts, sage ich Ihnen. Aeberhaupt nichts. Wenn der Staat
ein so schlechtes Geschäft ist, daß er dauernd Geld braucht,
dann tut er mir leid — aber aus Mitleid habe ich noch
keinem was gegeben.

Mit Wohlfahrt und Unterstützung und so — da ist freilich
kein Geschäft zu machen. Aber das ist ja auch überflüssig —
gegen diese Leute genügt doch die Polizei. And wenn jeder,
der verhaftet wird, dem Polizisten was dafür bezahlt —
sehen Sie, da wird der Staat schon Geschäfte machen. Aber
mit Grarislcistungen, da macht er uns doch nur unlautere
Konkurrenz. And dafür noch Steuem? Nein, ich danke.
Daß die Wirtschaft wichtiger ist als der Staat, das ist doch
ganz selbstverständlich. Wenn die Wirtschaft nicht wäre,
dann könnten die Leute nicht ftir sie arbeiten und nicht von-
ihr leben — und die Leute leben doch von der Wirtschaft
damit die Wirtschaft von ihnen lebt. And wenn die Wirt-
schaft nicht lebt und die Leute nicht leben, dann hat auch
der Staat nichts zu suchen, sehen Sie. Also das steht doch
fest: die Wirtschaft ist wichtiger.

Ich bin ja kein Anarchist, müssen Sie wissen. Wenn der
Staat die Wirtschaft schützt, dann Hab ich garnichts
gegen ihn. Wenn er uns die Revolution vom Äalse hält
und ein paar Zölle und Soldaten und Panzerkreuzer gegen
die ausländische Konkurrenz aufstellt — dagegen ist garnichts
einzuwenden. Aber die Kosten dafür, das sind eben seine
Geschäftsspesen. Das geht mich doch nichts an.

Sehen Sie, wir von der Industrie, wir schlagen unsere
Spesen auf die Preise der Waren. Wir wollen doch nichts
zusehen. Was uns die Sache kostet und was wir von der
Sache haben wollen, das muß eben der Verbraucher zahlen.
Das sollte der Staat ganz genau so machen.

Diese Leute, die immerfort behaupten, es dürfte keine Ver-
brauchersteuern geben, die sind ja nicht ernst zu nehmen.
Es ist doch ganz dasselbe, ob die Industrie Steuern zahlt
und sie auf die Preise drauf schlägt, oder ob sie keine zahlt
und der Staat die Warenpreise durch Steuern erhöht.

Daß die Industrie von ihrem Kapital Steuern abgibt, das
kommt doch überhaupt nicht in Frage. Wenn wir etwas
abgeben, dann nur gegen Bezahlung. Das ist doch der
einzige Weg zum Gewinn — und wenn wir keinen Gewinn
mehr haben sollen, dann hören wir einfach auf. Es geht
uns doch schon schlecht genug, müssen Sie bedenken.

Sehen Sie sich doch diese Aeberfremdung der deutschen
Betriebe an. Aeberall haben wir ausländisches Kapital in
den Werken stecken. Daß wir unser eigenes hineinstecken,
kann uns doch keiner zumuten — bei diesen Steuern!
Wegen der Reparationen, meinen Sie, müssen wir soviel
Steuern in Deutschland aufbringen? Nun — wir von der
Industrie, wir sind Patrioten. Wir machen das nicht mit.

Zeichnung von Otto Marquardse*1

Wirtschafts-Probleme

„Der Rollmops ist teurer geworden, Vater! Dabei sind die Fisch-
preise garnicht gestiegen 1“

„Aber die Holzpreise sind gestiegen, Mutterken!

Wenn die Arbeiter und die Angestellten die Reparationslast
tragen, dann ist das doch nur gerecht: denn die sind ja keine
Patrioten. And, sehen Sie, wir sind immer für Gerechtigkeit,
wir von der Industrie. ®~«

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