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Walter Busch: Das Ehe-Automobil

Karriere

Schon in jungen Jahren ist ihm eine große Karriere
gelungen, — er hat sich vom Handlungsgehilfen bis
zum Direktor emporgeschwungen, — wie man so
sagt, und wie es sonst nur in Amerika und auch
da nur noch in Biographien
möglich sein soll. — Aeußer-
lich ist es nur seiner Kleidung
gut bekommen. Er ist etwas
voll — geworden, etwas sehr
sogar, eine wabbelnde Masse
Fett. — Wenn er in den Spiegel
sieht, bekommt er selbst Angst,
keine nette Frau gehe mehr mit
ihm ins Bett. — Seine Steno-
typistin betet ihn als Helden des
kapitalistischen Schlachtfeldes
an, — aber ich glaube, auch sie
nähme ihn nicht, nicht einmal
als Mann, — wenn sie ihn in
seinen Mußestunden erleben
würde. ■— Er schleppt die Frei-
zeit mit sich herum wie eine
Bürde, — die sich nur mit einem
guten Essen und einem Kreuz-

worträtsel ertragen laßt. — Er leidet heimlich
darunter, daß ihn die Arbeiter hassen wie die
Pest — und versucht die Reste seines Gewissens
zu töten, indem er zwei Waisenkinder aus seiner
Verwandtschaft ernährt. —
Dann sorgt er dafür, daß
es jeder, der ihn als Jüngling
mit Idealen kannte, erfährt. —
In einigen Jahren hat ihn seine
Stellung mit Haut und Haaren
verschlungen — und er meint,
wer unten bleibt, sei eben blöd.
Audi ihm habe es niemand an
seiner Wiege gesungen — und
er habe es doch geschafft. Und
das einzig Erstrebenswerte sei
Geld. — Dann ist es ihm ganz
geglückt, dann ist er vollkommen
verfettet. Die Welt, — der er
einmal angehörte, hat er dann
restlos verdrängt. — Ich setze
ihm einen Leidienstein. Damit
man als scheußliches Beispiel
an ihn denkt. — m —

Zeichnung von Fritz Schubotz

Im Aquarium

„Sieh mal, Niddy, diese Tierchen sah ich in
Biarritz in nilgrüner Ausführung, auf Rand
genäht und mit seitlich gerafften Keimdrüsen 1“

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