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WMF Württembergische Metallwarenfabrik <Geislingen an der Steige> / Abteilung für Galvanoplastik [Hrsg.]
Galvanoplastische Nachbildungen antiker Statuen etc. nach Abgüssen von den Originalen: und nach den Rekonstruktionen, welche im Kgl. Museum für Abgüsse klassischer Bildwerke in München, im Auftrag des städtischen Museums in Stettin, gemacht wurden — Geislingen-St[eige], 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.42562#0041
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Der Gipsabguß ift ja ein wunderbar bequemes Hilfsmittel, wie
bat er fcbon dazu beigetragen, antike Kunftwerke »populär« zu ma-
eben. leb erinnere mich immer noch gerne an die alte Abgußfamm-
lung in der Kunftballe meiner Vaterftadt Hamburg, in der die Laokoon-
gruppe und der Apoll vom Belvedere angeftaunt wurden, aber mehr
wie icb glaube ihrer ehrwürdigen Scbmußpatina wegen als aus Jn-
tereffe für das zugrunde liegende Kunftwerk. Äftbetifcb befriedigend
und erzieberifcb auf den Gefcbmack kann ein Abguß nicht wirken,
und wenn feine Aufhellung noch fo gefcbickt behandelt und der Hin-
tergrund noch fo forgfam ausgewäblt wird. Der ftumpfe Gips gibt
zwar die Form des Originals genau wieder, aber das durch das Ma-
terial, fei es nun der transparente Marmor oder die Licht reflektierende
Bronze, bedingte Leben der Oberfläche und damit gerade den fpreebend-
ften Reiz der Schöpfung unterfchlägt er. Für uns Archäologen find
Abgüffe das nötigfte
Rüftzeug zur Arbeit
und ich, der ich feit
10 Jahren am Münche-
ner Abgußmufeum tä-
tig bin, kann nicht oft
genug raten, bei ver-
gleichenden ftiliftifchen
Unterfuchungen fich
nicht auf Photogra-
phien, die allzuleicht
täufchen, zu verlaffen.
Auch die Künftler müf-
fen die Abgüffe be-
nußen, um an den
Motiven und den Pro-
portionen zu lernen,
aber Gipsmufeen für
das große Publikum follte man nicht anlegen, fie find hier eher ge-
eignet, Abneigung gegen die antike Kunft als Intereffe für fie wach-
zurufen. Herr Dr. Dohrn hatte fehr recht, wenn er fich fagte: nein,
damit darf ich meinen Mitbürgern nicht kommen.
Die Anfchaffung eines großen Teils der fehr gefcbickt ausgeführ-
ten Neapler Bronzenachbildungen von Statuen, Köpfen und Geräten
aus der Pifonenvilla und aus Pompei brachten ihn auf den Gedanken,
überhaupt bei den Nachbildungen ftatt des Gipfes nur echtes Material
zu wählen und die bedeutendften uns bekannten antiken Erzftatuen,
mögen fie noch in diefem Material oder nur mehr in Marmorkopien
erhalten fein, unter Zugrundelegung von Gipsabgüffen in galvano-
plaftifchem Hohlguß wiederzugeben, berühmte Marmorwerke von nam-
haften modernen Bildhauern getreu kopieren zu laffen. Bei vollftändig
erhaltenen Bronzeftatuen, wie dem kapitolinifchen Dornauszieher und
dem fogenannten Diadocben im römifeben Thermenmufeum, die fofort


fibb. 1. Medusa Rondanini.
 
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