Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Wölfflin, Heinrich; Dürer, Albrecht [Ill.]
Die Architektur der deutschen Renaissance: Festrede gehalten in der öffentlichen Sitzung der K. Akademie der Wissenschaften am 14. November 1914 — München, 1914

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.27922#0022
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
3- Die wichtigsten Aussagen über den Begriff der vollkommenen
Proportion finden sich im IX. Buch von L. B. Albertis de re aedificatoria:
»pulchritudinem esse quendam consensum et conspirationem partium in eo
cujus sunt ad certum numerum finitionem collocationemque habitam ita ut
concinnitas hoc et absoluta primariaque ratio naturae postularit.« Vgl. damit
Lionardos Auslassung über die Wirkung der absolut schönen Verhältnisse
im Buch von der Malerei, Ausgabe von Ludwig 27 (30).

4. Die Proportionslehre von August Thierseh, im Handbuch der
Architektur von Durm u. a. IV, 1 und im Auszug mitgeteilt in den neueren
Auflagen von J. Burckhardts Geschichte der Renaissance in Italien (von
der 4. ab).

5. G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler III: Süddeutsch-
land, 1908, bei Gelegenheit der Domfassade von Regensburg: »Unrecht täte
man den spätgotischen Meistern, wollte man diese Asymmetrien als Launen
oder kleinliche Nachgiebigkeit gegen Modeformen erklären. Es war sicher
ein bestimmtes Gefühl, das sie dabei leitete', der Wunsch lebendiger und
wärmer zu wirken, als es durch reine Symmetrie hätte erreicht werden
können« (S. 397).

6. Viel weitergehend ist das Urteil von G. Dehio. Er möchte den
Begriff Renaissance in der deutschen Kunstgeschichte überhaupt gelöscht
wissen. »Nach meiner Auffassung sind Renaissance und Barock sich nicht
gefolgt, sie gehen von Anfang an nebeneinander her und scheiden die
nachmittelalterliche Kunstwelt so: Renaissance ist der Stil Italiens, Barock
ist das spontane neuzeitliche Produkt derselben nordischen Völker, die den
romanischen und gotischen Stil geschaffen hatten. Gleichwie die späte Gotik
Italiens latente Renaissance ist, so ist die späte Gotik der Germanen latenter
Barock. . . . Man rede nicht länger von spätgotischer Rückständig'keit als
dem Hindernis eines reineren Verständnisses der Renaissance: was der Re-
naissance in den Weg trat, war nicht die tote Gotik, sondern der sehr
lebendige Barock.« (Jahrbuch der K. Preußischen Kunstsammlungen 1909:
Der Meister des Gemmingendenkmals im Dom zu Mainz, S. 149).
 
Annotationen