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Oas Marienleben

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Gebärde so eine Doppelbewegung hineinkommt als bedeutete der gesenkte Ärm
ein Nachl'assen im verlangen, ein Zurücktreten von der bitte, unter dem Lin-
druck des ernsten ölickes, mit dem Lhristus auf die ltniende herabsieht. Lr
segnet sie, aber er bleibt zum Gehen gewandt?)

vieMaria mitheiligen hat uns darnach nichts mehr zu sagen. WLr
könnten ganz darüber hinweggehen, wenn es nicht noch einer stilistischen Än-
merkung bedürfte, um diesem vlatt seine richtige Stelle zu geben. Mancherorts
gilt es nämlich noch immer als spätere Zutat und doch scheint es fast unmöglich,
in der biszumUnleidlichen gedrängten und unklaren Uomposition mit der völligen
iZerklüftungdesGrundesdiecharakteristischenlllerkmaledesFrühstilszuübersehen.

Z.

Wie der Inbegriff alles Freundlichen, Lutmütigen und Zonnigen, was das
Ularienleben enthält, erscheint mir die kolorierte ^eichnung der Mbertina:
Maria mit den vielen Tieren, U. 460 (vorstudium dazu in braun-
schweig, Sammlung vlasius U. 1Z4)?) vas alte beschlossene Lärtlein der Ularia
ist hier zum weiten offenen Lelände geworden, mit Bergen und Meeresküsten
und großen Wolken darüber. Oer hauptton ist ein lichtes Lelbgrün, in dem die
Figur als eine schimmernde helligkeit sitzt, ganz weiß. Nicht das Festliche ist
die Nbsicht, wie seinerzeit bei der Waria mit den hasen, sondern die lächelnde
Nnmut. In muntern Nalten bricht sich das Lewand (ganz ähnlich wie auf dem
darauf folgenden kleinen Uupferstich von 150Z), die Schwertlilien und päonien
kräuseln sich nochmal so zierlich, und wohin man blickt, regt sich's von kleinem
Leben. ver pintscher sonnt sich am voden und starrt einen hirschkäfer an, der
auf ihn losgeht; das interessiert den Nuchs, der an seiner Leine herankommt;
im dunklen Loch haust das Näuzchen und der Uhu; ein Papagei hockt auf dem
pfahl der Rasenbank, Rotkehlchen und Specht treiben sich herum: ein großes
Singen und Summen füllt die Sommerluft.

Wit dem Warienleben ist aber die yolzschnittproduktion der Zeit nicht er-
fchöpft. Ls gibt eine ganze Nnzahl von Mättern gleichen Stils. Soll man etwas
Tharakteristisches nennen, so wäre es der vesuch des Äntonius bei pau-
lus (6. 107). Line Wönchsgeschichte: das paar der alten Linsiedler, die am
Waldrand zusammensitzen und denen heute, aus Nnlaß des vesuches, der Kabe
wunderbar ein voppelbrot bringt; sehr anregend in dem Uebeneinander der
zwei Figuren und gleichmäßig durchrieselt von raschen, kurzen Linienwellen
(der Lntwurf der Sammlung Vlasius, N. 141, noch wesentlich abweichend).

h Das Vlatt soll hier eingereiht bleiben.trotzdem es nach neuerer Untersuchung (s. oben5.74)
erst l507 entstanden ist. Die Blätter von 1510 roerden dagegen erst später besprochen werden.

^) Eine zweite Uedaktion aus dem Louvre hat k). 5l. Lchmid im Jahrbuch der U. U.
Zentralkommission 1909 abgebildet und als ebenfalls echt befürwortet.
 
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