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genug, in diesem Augenblicke Dürers Meinung über Dekorationen zu hören, leider
tritt sie nur teilweise deutlich hervor. Der Künstler hatte wenig freie Hand.
Der Kaiser wollte einen Triumphbogen. Die monumentale Absicht erschöpfte sich
aber darin, diesen Bogen auf dem Papier als Riesenholzschnitt zu bauen und die
Konzeption entbehrte des eigentlich künstlerischen Charakters. Ein Kompositum von
beinahe hundert einzelnen Stöcken, wo der sinnreiche Zusammenhang alles, die An-
schauung nichts oder doch nur wenig bedeutete. Ein Vergnügen mehr für den Ver-
stand als für das Auge. Dürer hat erst nachträglich und mit anderen zusammen in
die Arbeit eingegriffen. Beschränkt und gebunden, wie sie war, ist eine recht warme
Wirkung, trotz allem Phantasieaufwand, nicht erreicht worden.
In ideellem Zusammenhang mit dem Bogen wurde ein Triumphzug und ein besonderer
kaiserlicher Triumphwagen bestellt, auch dies in Holzschnitt. Das war schon besser
gedacht, und Burgkmair und Altdorfer mit ihrer geschmeidigen Phantasie haben die
Aufgabe vorzüglich gelöst. Dürer wirkt etwas stockend daneben. Der Marschrhythmus
lag ihm nicht. Sein Anteil beschränkt sich übrigens auf weniges.
Eine Produktion der besten Laune sind dagegen die Randzeichnungen zum Gebet-
buch des Kaisers, die populärste Arbeit und nun wirklich ein freies Kunstwerk, eine
unerwartete Nebenblüte von Dürers Linienkunst aus der Zeit seiner Vollendung1).

Leuchterweibchen, Wien, Albertina
 
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