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Woermann, Karl; Woermann, Karl [Contr.]
Die Kunst der vor- und außerchristlichen Völker — Geschichte der Kunst aller Zeiten und Völker, Band 1: Leipzig, Wien: Bibliograph. Inst., 1900

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https://doi.org/10.11588/diglit.63672#0359

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293

Die griechische Tafelmalerei des 5. Jahrhunderts v. Chr.
bereits Schlagschatten werfenden Gestalten sich von einfachen, erst wenig zusammengeschlossenen
Hintergründen, die allmählich an die Stelle des einfarbiger: Grundes traten, abheben zu lassen.
Gerade hierin, vor allen Dingen in der Körperinodellierung mit Licht und Schatten, lagen die
gewaltigen Neuerungen, derentwegen Plinius den Apollodoros als der: Pförtner, der die Thore
der Kunst geöffnet, und als den Ersten feierte, der den: Pinfel zu berechtigtem Ruhme verholfen
habe. In der That bedeutete die Richtung des Apollodoros die größte Umwälzung, die die Ma-
lerei seit den ältesten Zeiten ihres Bestehens erfahren hatte: die flächenhafte Stilisierung
weicht der körperlichen, räumlichen Vertiefung. Als Werke des Apollodoros nennen
die Schriftquellen z. B. einen betenden Priester und einen Ajax, der vom Blitze getroffen wurde.


Orpheus. Altgriechisches Vassngemälde im polygnotischen Stil. Nach Furtwängler, Berliner Winckelmaun--Programm 1890.
Vgl. Text, S. 292.

Da gerade die Neuerungen des Apollodoros die Grenze bezeichnen, über die hinaus die
Vasenmalerei der höheren Kunstmalerei nicht folgen konnte, ohne ihren eigenen Stilgesetzen
untreu zu werden, so können von nun an noch weniger als bisher Vasenbilder herangezogen
werden, um den Gesamteindruck von Meisterwerken der Tafelmalerei zu veranschaulichen. Doch
mag daran erinnert werden, daß einzelne jener auf weißem Grunde farbig bemalten attischen
Lekpthen dieser Zeit immerhin Ansätze zu einer Modellierung der nackten Teile der Gestalten
durch Schattenschraffierung zeigen. Besonders gilt dies von einem von Winter veröffentlichte::
Gefäße des Berliner Museums, auf dem die Klage um einen aufgebahrten Toten dargestellt
ist (s. die beigeheftete farbige Tafel „Totenklage u. s. w."). Aber nur die bräunlichen männ-
lichen Gestalten zeigen hier diese Modellierung; die Frauenköpfe heben sich, noch ganz flächenhaft
gebildet, noch weißer als der weiße Pfeifenthon von diesen: ab. Gerade um den Übergang zu
kennzeichnen, sind Darstellungen dieser Art von Wichtigkeit.
 
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