656 Fünftes Buch. Die Kunſt des 15. Jahrhunderts.
war. Seine letzte Königin, die Venezianerin Katharina Cornaro, legte 1489 ihre Krone
zugunſten der Republik Venedig nieder, unter deren mächtigem Schutze die Inſel auf ein
Jahrhundert hinaus aufs neue erblühte. Die gotiſchen Kirchen der cypriſchen Städte, die
wir kennen gelernt haben (S. 405), erhielten mur hier und da im 15. Jahrhundert noch
An- und Ausbauten, in denen die franzöſiſche ſich mit der ſpaniſchen Spätgotik miſcht, um
ſofort nach Eintritt der venezianiſchen Herrſchaft italieniſche Renaiſſanceformen aufzunehmen.
Aus byzantiniſchen, islamitiſchen, franzöſiſch- und ſpaniſch-gotiſchen ſowie italieniſchen
Renaiſſance⸗Elementen entſtehen dann oft Einzelbildungen in merkwürdigem, unerquicklichem
Miſſchſtil, wie das beſonders in Nikoſia an der Nikolauskirche und am Außeren der griechiſchen
Kapelle Stavro tou miſſiricou hervortritt, die von innen rein byzantiniſch gehalten iſt.
Ein mehr oder weniger reiner italieniſcher Renaiſſanceſtil wagt ſich zuerſt an Wohn-
gebäuden, Herbergen u. ſ. w. hervor, wie an dem zwiſchen 1467 und 1473 errichteten Teile
des Auguſtinerkloſters zu Nikoſia, das bereits von Giebeln beſchattete Rechteckfenſter zeigt, und
wie an den großen, von Renaiſſancepilaſtern und deren Gebälk rechteckig umrahmten Rund-
bogenfenſtern des Kloſters Haia Napa. Das turmartige Portal des königlichen Palaſtes zu
Nikoſia iſt noch im 15. Jahrhundert mit einem großen gotiſchen Fenſter in reichem Flam-
boyantſtil geſchmückt worden. Der Palaſt zu Famaguſta aber erhielt, wie ſeine Ruinen zeigen,
im 16. Jahrhundert eine Faſſade in reinem Renaiſſanceſtil.
Auch das Bildwerk des 15. Jahrhunderts, das hier und da an den cypriſchen Kirchen
gedeiht, findet manchmal, wie der heilige Nikolas über der Eingangstür ſeiner Kirche zu
Nikoſia, ſchon den Kbergang zur italieniſchen Renaiſſanceſprache.
Die Wandmalereien aber, die ſich auf Cypern erhalten haben, ſollen nach Enlarts Anſicht,
die an ſich wahrſcheinlich genug iſt, einem Miſchſtil aus giottesk-italieniſchen und ſpätbyzanti-
niſchen Zügen angehören, der ſich z. B. in den Gewölbemalereien Auferweckung des Lazarus,
Einzug Chriſti in Jeruſalem u. ſ. w) der Paſſionskapelle zu Pyrga im Bezirk Larnaka aus ſpricht.
In anderen Sinne als die öſtlichen Mittelmeerinſeln wurden die Hauptſtädte der Türkei
und Ungaruͤs ſchon im 15. Jahrhundert zu Sitzen der Renaiſſancekunſt.
Was die Türken nach der Eroberung des Goldenen Horns aus eigenen Kräften den
Meiſterwerken der byzantiniſchen Kunſt an die Seite zu ſetzen hatten, haben wir bereits ge-
ſehen (Bd. I, S. 589). Gleich der Eroberer Konſtantinopels, Mohammed IL der Große
(1451— 81), war jedoch weitſichtig genug, ſich nicht hierauf zu beſchränken. In die Reihe
der europäiſchen Herrſcher eingetreten, wollte er ſich auch mit Meiſtern der europäiſchen
Wiſſenſchaft und Kunſt umgeben. Über das Verbot der Koran-Erklärer, lebende Weſen dar-
zuſtellen, ſetzte er ſich hinweg. Um 1479 berief er eine Anzahl italieniſcher Bildhauer und
Maler nach Konſtantinopel, die vor allen Dingen ſeine eigenen Züge auf die Nachwelt zu
bringen hatten. Unter ihnen befanden ſich Vittore Piſanos Schüler Matteo de Paſti (S. 615),
Donatellos Schüler Bellano (S. 616), vor allen aber Gentile Bellini (S. 637), von deſſen
Hand ſich nicht nur eine Denkmünze mit dem Bildniſſe des Sultans, ſondern auch ſein Ol-
bildnis (Abb. S. 657) in der Sammlung Layard zu Venedig und eine Darſtellung des
Empfanges der venezianiſchen Geſandtſchaft auf der Hohen Pforte im Louvre zu Paris er-
halten haben. Die ſchönſte Denkmünze mit dem Bildnis des Sultans aber trägt die Namens-
inſchrift des ſonſt unbekannten Meiſters Conſtantius und die Jahreszahl 1481. Mohammeds
Sohn und Nachfolger, Bajazet II. kehrte freilich zu der Anſicht der Erklärer des Korans
war. Seine letzte Königin, die Venezianerin Katharina Cornaro, legte 1489 ihre Krone
zugunſten der Republik Venedig nieder, unter deren mächtigem Schutze die Inſel auf ein
Jahrhundert hinaus aufs neue erblühte. Die gotiſchen Kirchen der cypriſchen Städte, die
wir kennen gelernt haben (S. 405), erhielten mur hier und da im 15. Jahrhundert noch
An- und Ausbauten, in denen die franzöſiſche ſich mit der ſpaniſchen Spätgotik miſcht, um
ſofort nach Eintritt der venezianiſchen Herrſchaft italieniſche Renaiſſanceformen aufzunehmen.
Aus byzantiniſchen, islamitiſchen, franzöſiſch- und ſpaniſch-gotiſchen ſowie italieniſchen
Renaiſſance⸗Elementen entſtehen dann oft Einzelbildungen in merkwürdigem, unerquicklichem
Miſſchſtil, wie das beſonders in Nikoſia an der Nikolauskirche und am Außeren der griechiſchen
Kapelle Stavro tou miſſiricou hervortritt, die von innen rein byzantiniſch gehalten iſt.
Ein mehr oder weniger reiner italieniſcher Renaiſſanceſtil wagt ſich zuerſt an Wohn-
gebäuden, Herbergen u. ſ. w. hervor, wie an dem zwiſchen 1467 und 1473 errichteten Teile
des Auguſtinerkloſters zu Nikoſia, das bereits von Giebeln beſchattete Rechteckfenſter zeigt, und
wie an den großen, von Renaiſſancepilaſtern und deren Gebälk rechteckig umrahmten Rund-
bogenfenſtern des Kloſters Haia Napa. Das turmartige Portal des königlichen Palaſtes zu
Nikoſia iſt noch im 15. Jahrhundert mit einem großen gotiſchen Fenſter in reichem Flam-
boyantſtil geſchmückt worden. Der Palaſt zu Famaguſta aber erhielt, wie ſeine Ruinen zeigen,
im 16. Jahrhundert eine Faſſade in reinem Renaiſſanceſtil.
Auch das Bildwerk des 15. Jahrhunderts, das hier und da an den cypriſchen Kirchen
gedeiht, findet manchmal, wie der heilige Nikolas über der Eingangstür ſeiner Kirche zu
Nikoſia, ſchon den Kbergang zur italieniſchen Renaiſſanceſprache.
Die Wandmalereien aber, die ſich auf Cypern erhalten haben, ſollen nach Enlarts Anſicht,
die an ſich wahrſcheinlich genug iſt, einem Miſchſtil aus giottesk-italieniſchen und ſpätbyzanti-
niſchen Zügen angehören, der ſich z. B. in den Gewölbemalereien Auferweckung des Lazarus,
Einzug Chriſti in Jeruſalem u. ſ. w) der Paſſionskapelle zu Pyrga im Bezirk Larnaka aus ſpricht.
In anderen Sinne als die öſtlichen Mittelmeerinſeln wurden die Hauptſtädte der Türkei
und Ungaruͤs ſchon im 15. Jahrhundert zu Sitzen der Renaiſſancekunſt.
Was die Türken nach der Eroberung des Goldenen Horns aus eigenen Kräften den
Meiſterwerken der byzantiniſchen Kunſt an die Seite zu ſetzen hatten, haben wir bereits ge-
ſehen (Bd. I, S. 589). Gleich der Eroberer Konſtantinopels, Mohammed IL der Große
(1451— 81), war jedoch weitſichtig genug, ſich nicht hierauf zu beſchränken. In die Reihe
der europäiſchen Herrſcher eingetreten, wollte er ſich auch mit Meiſtern der europäiſchen
Wiſſenſchaft und Kunſt umgeben. Über das Verbot der Koran-Erklärer, lebende Weſen dar-
zuſtellen, ſetzte er ſich hinweg. Um 1479 berief er eine Anzahl italieniſcher Bildhauer und
Maler nach Konſtantinopel, die vor allen Dingen ſeine eigenen Züge auf die Nachwelt zu
bringen hatten. Unter ihnen befanden ſich Vittore Piſanos Schüler Matteo de Paſti (S. 615),
Donatellos Schüler Bellano (S. 616), vor allen aber Gentile Bellini (S. 637), von deſſen
Hand ſich nicht nur eine Denkmünze mit dem Bildniſſe des Sultans, ſondern auch ſein Ol-
bildnis (Abb. S. 657) in der Sammlung Layard zu Venedig und eine Darſtellung des
Empfanges der venezianiſchen Geſandtſchaft auf der Hohen Pforte im Louvre zu Paris er-
halten haben. Die ſchönſte Denkmünze mit dem Bildnis des Sultans aber trägt die Namens-
inſchrift des ſonſt unbekannten Meiſters Conſtantius und die Jahreszahl 1481. Mohammeds
Sohn und Nachfolger, Bajazet II. kehrte freilich zu der Anſicht der Erklärer des Korans