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Woermann, Karl
Die Kunst der christlichen Völker vom 16. bis zum Ende des 19. Jahrhunderts — Geschichte der Kunst aller Zeiten und Völker, Band 3: Leipzig, Wien: Bibliograph. Inst., 1911

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Die belgiſchen Sitten-, Tier⸗ und Landſchaftsmaler. 653

bei Antwerpen, in der Georgskirche zu Antwerpen und im Schöffenſaal zu Meeren. Sie
waren nicht bedeutend genug, einen neuen Stil zu ſchaffen. Uns aber vergegenwärtigen ſie
immerhin die werbende Kraft der deutſchen Idealkunſt jener Tage.

In völlig entgegengeſetzten Gleiſen bewegte ſich Charles de Groux (182570), der
als ausgeſprochener realiſtiſcher „Armeleutemaler“ mit breit und maleriſch hingeſetzten Sitten-
bildern, wie der „Armenbank“ der Sammlung Behrens in Hamburg und dem „Trunken-
bold“ des Brüſſeler Muſeums, begann, um 1860 mit ſeiner „Predigt“ derſelben Sammlung
zur Geſchichtsmalerei zurückzu-
kehren. Seine Wandbilder in
den „Hallen“ zu Yperen, die
Pauwels fortſetzte, zeichnen ſich
durch die realiſtiſche Auffaſſung
der inneren Beziehungen der
Geſtalten zueinander aus.

Dieſer ganzen belgiſchen Hi-
ſtorienmalerei gegenüber blühte
die volkstümliche Sittenmalerei
bieder und tüchtig unter den
Händen Jean Baptiſte Ma-
dous (1796-1877) und Fer-
dinand de Braekeleers (1792
bis 1883), um ſich mit deſſen
Sohn Henri de Braekeleer
(1830 — 88) zu maleriſch reiz-
vollen Darſtellungen aus dem
häuslichen Leben zu erheben.
Die belgiſchen Maler der elegan-
ten Welt aber, die Paris als ihre
Heimat anſahen, wie Florent
Willems (18231905), Gu-

ſt abe d e 9 ong 0 E ( 828—9 3) Abendgebet. Gemälde von Eugene Laermans in der Kgl. Gemäldegalerie zu
und namentlich M fre d Ste⸗ Dresden. Nach Photographie der Verlagsanſtalt F. Bruckmann A.⸗G. in München.

Vgl. Text, S. 655.
vens (1828 — 1906; Schriften
von Lemonnier, von Lambotte), übertrafen in der Wiedergabe ſchillernder „ und
ſchimmernder Teppiche alle ihre Zeitgenoſſen.

Die Tiermalerei hatte in Eugene Verboeckhoven (1799 —1881) einen vielbewun-
derten, ſcharf beobachtenden, wenn auch mehr aufs einzelne als auf den künſtleriſchen Zu-
ſammenhang des Ganzen gerichteten Hauptvertreter, deſſen berühmter Schüler Alfred Ver-
wee (1838 — 95) ſeine Tierſtücke bereits mit modernerer Weichheit und Helligkeit ausſtattete.
Verwees Altersgenoſſe Jan Stobbaerts (geb. 1838) hingegen war ein urwüchſiger, derb
und maleriſch empfindender Meiſter, deſſen Stallbild im Brüſſeler Muſeum, wie Hymans ſagt,
„den flämiſchen Geiſt in ſeiner ganzen Freimütigkeit zum Ausdruck bringt“.

Die belgiſche Landſchaftsmalerei ſchlug erſt unter den Händen Théodore Fourmois'
(1814 —71), deſſen „Waſſermühle“ im Brüſſeler Muſeum noch heute wirkt, eine nationale
 
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