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Wolf, Max
Die Milchstrasse und die kosmischen Nebel: 16 Lichtdrucke nach Himmelsphotographien mit erläuterndem Text — Potsdam, 1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.17541#0009
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ERLÄUTERUNGEN ZU DEN BILDTAFELN

I. Milchstraße in Cygnus (Schwan)
Maßstab: t Grad etwa = 7 mm
Dieses Bild ist eine Vergrößerung einer 9x 12 cm-Aufnahme, welche mit einem kleinen Tessar von
Zeiß von 31 mm Ösfnung und 145 mm Brennweite am 11. Juli 1923 bei 3 Std. 30 Min. Belichtung her-
gestellt wurde. Norden ist oben; auch auf den folgenden Tafeln (außer 13 und 15).
Das Bild deckt mehr als 30x38 Grad = 1100 Quadratgrad, das ist nahezu der neunzehnte Teil der
gleichzeitig sichtbaren Halbkugel. Daher ist das Sternbild des Schwanes (Cygnus) von Ost nach West
ganz im Bilde enthalten, nur der nördlichste Teil des Cygnus fehlt. Dafür ist westlich (rechts) das halbe
Sternbild der Leyer (Lyra) bis nahe an die Vega und im Süden ein Teil des Sternbildes des Fuchses
(Vulpecula) einbezogen.
Man überschaut so auf einen Blick eine Musterkarte der Mannigfaltigkeiten, die die Photographie des
Fixsternhimmels liefert. Durch die Summierung der Lichtwirkung dringt schon ein kleines Instrument
in Tiefen des Raumes, die das nackte Auge niemals erreichen kann. Das Bild ist mit einer 3 cm-Linse
gemacht, wie sie die kleinen Momentapparate zu verwenden pflegen, und doch enthält das Original
die Sterne der 12. Größenklasse vollzählig, die das Auge erst mit einem 10 cm-Fernrohr eben er-
haschen kann.
Dazu kommt, daß man auf dem Bild das Nebeneinander von Sterngruppen und Nebelflecken gleich-
zeitig übersieht, das früher mit dem Fernrohr nur vielleicht und jedenfalls äußerst mühsam festgestellt
werden konnte. Sternansammelungen, ganze Züge von solchen, Gruppen von hellen und schwachen
Sternen, kleine Sternhäufchen und Riesenwolken aus Sternen, umgrenzt und durchschnitten von
dunklen Klüften und schwarzen Strömen und Seen, — leuchtender Nebelschimmer, stellenweise zu
organisierten Formen geordnet, mit dunklen Wolken berandet — alles liegt wie ein ausgeschütteter
und verstreuter Juwelenschatz in buntestem Durcheinander vor uns auf der Fläche.
Jeder fragt sich bei dem Anblick gar bald, wie die räumliche Anordnung dieser Millionen von Sonnen
und Dunstwolken beschaffen sein mag.
Es ist von vornherein klar, daß wir überall Objekte aus den verschiedensten Abständen auf einander
projiziert sehen und daß es daher nicht leicht sein kann, jedem Objekte oder jeder Gruppe ihre rich-
tige Stelle im Hintereinander anzuweisen.
Wie man allmählich das zu erreichen gesucht hat und sucht, soll und kann hier nicht erörtert werden.
Nur wenig Sicheres weiß man auch darüber.
Es soll hier eigentlich nur auf die Pracht und die Mannigfaltigkeit der Objekte an Hand der Bilder hin-
gewiesen werden, wobei gelegentlich die eine Frage berührt werden soll, die z. Zt. wohl am meisten
interessiert, wieviel von der Strukturfülle der Milchstraße auf Rechnung unsichtbarer Staubmassen
oder Wolken und leuchtender Nebelschwaden, die vor und zwischen die Sternenscharen der Milch-
straßenwelt eingebettet scheinen, zu setzen ist.
Auf unserem Bild gewahrt man im Nordosten, links oben, dieNebelwolke des „Amerikanebels". Rechts
daneben steht der helle, bereits überbelichtete Stern Deneb (Alpha im Schwan, a Cygni).
In der Mitte des Bildes finden wir den Stern y Cygni, der von vielen unscharfen Nebelschleiern um-
geben ist. Er steht am nördlichen Abschluß der dichtgedrängten Sternwolke, die sich vom Stern ß, am
unteren Ende der Wolke, bis zu y Cygni, am oberen Ende, erstreckt. Die Sternwolke zeigt in ihrem
Innern eine langgestreckte, sternärmere, mattere Gegend. Wir werden sie auf Bild 4 in größerem Maß-
stab wiederfinden.
Die dunkle, sternarme Stelle nördlich (oberhalb) vom Amerikanebel heißt der „nördliche Kohlensack".
Das System dunkler Risse links oben gehört zu den Leeren des „Kokonnebels", den wir auf Bild 3 in
größerem Maßstab finden werden.

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