Stadtgründungen
ermanischer Könige
und ,Hauptstädte'
im 5. - 7. Jahrhundert
Uns sind drei Stadtgründungen germanischer Könige bekannt:
a Tlieodorico-polis (um 500) durch Theoderich den Großen (nach einer Quelle) ge-
gründete Stadt oder eher Grenzsiedlung, deren Lokalisierung im alleman-
nisch-rätischen Raum zu suchen ist, aber weder auf Chur, noch Kempten oder
Bregenz oder sonst eine bekannte Stadt festzulegen ist1. Die Bedeutung der un-
tergegangenen Siedlung war sicher keine zentrale, eher eine deklaratorische
gegenüber den Franken, wie einst in ähnlicher Weise die jenes ,Alexandria ulti-
ma'. Auch Theoderichs Gründung Theodoricopolis, schon durch die gräzisie-
rende Endsilbe Vorbildern nacheifernd, steht in eben dieser Tradition, durch
die allein diese Gründung noch heute wesentlich ist.
b Weit größere zentrale Bedeutung sollte die 578 von dem Westgotenkönig Leo-
vigild gegründete (freilich auch kurzlebige) neue Hauptstadt Recco-polis2 ha-
ben. Auch für Leovigild war Konstantin der Große insoweit Vorbild. Nicht
ganz klar scheint mir aber, ob 578, als der Kampf mit dem älteren Sohn Herme-
negild noch nicht ausgebrochen war, König Leovigild die neu geplante Haupt-
stadt nach dem jüngeren Sohn Reccared benannte3, wie in der Literatur allge-
mein angenommen wird. Einmal wäre schon sprachlich die Silbe ,red' wegge-
fallen, was bei keiner Stadtgründung, die aus Name + köXic, zusammengesetzt
ist, der Fall ist4. Zum andern, und m. E. gewichtiger, wäre dies eine prolep ti-
sche Bestimmung Leovigilds zugunsten des jüngeren Sohnes Reccared zu einer
Zeit gewesen, wo beide Söhne zu Mitkönigen gemacht worden und völlig
gleichgestellt waren. Damit aber wäre die Namenswahl für die neue Haupt-
stadt geradezu eine Provokation Hermenegilds gewesen, der, 578 noch fried-
lich, sich erst 579 in Sevilla erhob. Dann aber wäre die Stadtbenennung als An-
laß, zumindest der Erhebung, nicht zu unterschätzen - oder daß gar die da-
durch signifikante Bevorzugung Reccareds den eigentlichen Grund für Herme-
negilds Erhebung bildete, nicht aber das Glaubensproblem, daß Hermenegild
unter dem Einfluß seiner fränkischen Gemahlin Ingunde katholisch geworden
war.
c König Leovigild hat 581, nach seinem Sieg über die Basken, noch eine weitere
(Grenz-)Stadt gegründet: Victoriacum5, das heute noch bestehende Vitoria (sw.
Bilbao). ,Sieg'-Städte, d. h. vix(r|/o) bzw. ,victoria'-Städte zu gründen hat eine
alte Tradition, z. B. Preweza in Epirus und Emaus in Palästina hießen einst je
Nikopolis und für Vit(t)oria finden sich Belege allenthalben.
d Von geringerer Bedeutung blieb König Svinthilas (621 - 632) Baskengründung
Ologicus (Olite ? i. d. Provinz Navarra, ca. 50 km südl. v. Pamplona).
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ermanischer Könige
und ,Hauptstädte'
im 5. - 7. Jahrhundert
Uns sind drei Stadtgründungen germanischer Könige bekannt:
a Tlieodorico-polis (um 500) durch Theoderich den Großen (nach einer Quelle) ge-
gründete Stadt oder eher Grenzsiedlung, deren Lokalisierung im alleman-
nisch-rätischen Raum zu suchen ist, aber weder auf Chur, noch Kempten oder
Bregenz oder sonst eine bekannte Stadt festzulegen ist1. Die Bedeutung der un-
tergegangenen Siedlung war sicher keine zentrale, eher eine deklaratorische
gegenüber den Franken, wie einst in ähnlicher Weise die jenes ,Alexandria ulti-
ma'. Auch Theoderichs Gründung Theodoricopolis, schon durch die gräzisie-
rende Endsilbe Vorbildern nacheifernd, steht in eben dieser Tradition, durch
die allein diese Gründung noch heute wesentlich ist.
b Weit größere zentrale Bedeutung sollte die 578 von dem Westgotenkönig Leo-
vigild gegründete (freilich auch kurzlebige) neue Hauptstadt Recco-polis2 ha-
ben. Auch für Leovigild war Konstantin der Große insoweit Vorbild. Nicht
ganz klar scheint mir aber, ob 578, als der Kampf mit dem älteren Sohn Herme-
negild noch nicht ausgebrochen war, König Leovigild die neu geplante Haupt-
stadt nach dem jüngeren Sohn Reccared benannte3, wie in der Literatur allge-
mein angenommen wird. Einmal wäre schon sprachlich die Silbe ,red' wegge-
fallen, was bei keiner Stadtgründung, die aus Name + köXic, zusammengesetzt
ist, der Fall ist4. Zum andern, und m. E. gewichtiger, wäre dies eine prolep ti-
sche Bestimmung Leovigilds zugunsten des jüngeren Sohnes Reccared zu einer
Zeit gewesen, wo beide Söhne zu Mitkönigen gemacht worden und völlig
gleichgestellt waren. Damit aber wäre die Namenswahl für die neue Haupt-
stadt geradezu eine Provokation Hermenegilds gewesen, der, 578 noch fried-
lich, sich erst 579 in Sevilla erhob. Dann aber wäre die Stadtbenennung als An-
laß, zumindest der Erhebung, nicht zu unterschätzen - oder daß gar die da-
durch signifikante Bevorzugung Reccareds den eigentlichen Grund für Herme-
negilds Erhebung bildete, nicht aber das Glaubensproblem, daß Hermenegild
unter dem Einfluß seiner fränkischen Gemahlin Ingunde katholisch geworden
war.
c König Leovigild hat 581, nach seinem Sieg über die Basken, noch eine weitere
(Grenz-)Stadt gegründet: Victoriacum5, das heute noch bestehende Vitoria (sw.
Bilbao). ,Sieg'-Städte, d. h. vix(r|/o) bzw. ,victoria'-Städte zu gründen hat eine
alte Tradition, z. B. Preweza in Epirus und Emaus in Palästina hießen einst je
Nikopolis und für Vit(t)oria finden sich Belege allenthalben.
d Von geringerer Bedeutung blieb König Svinthilas (621 - 632) Baskengründung
Ologicus (Olite ? i. d. Provinz Navarra, ca. 50 km südl. v. Pamplona).
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