,palatinis negotiis non mediocriter annutritis' war, offenbar am Hof aufwuchs (sie!)81', wenn
auch wohl von Anfang an zur geistlichen Laufbahn bestimmt (,in sacris ordinibus gradatim
promotus'). Auch dies fällt auf und spricht m. E. für eine persönliche Beziehung Karls des
Großen zu dem jungen Ebo, der, wohl älter als Ludwig der Fromme (geb. 778), diesem
wohl 783 als Berater82 zugeteilt wurde und dessen engste Freundschaft, gleichsam als
,Milchbruder' (conlactareus), erlangte. Für dieses enge Verhältnis Ludwigs zu Ebo
spricht auch, daß Kaiser Ludwig Ebo, nachdem der Reimser Erzbischof Wulfher am 18.
Oktober 816 verstorben war, alsbald zum Erzbischof von Reims erhob83 und damit zum
Metropoliten der alten fränkischen Krönungsstadt. So spricht denn vieles dafür, daß Ebo
ein Stiefbruder Ludwigs des Frommen war und auch infolgedessen Himiltrud ( A ) und
Himiltrud ( B ) identisch sind.
833" aber ,verließ' Erzbischof Ebo Kaiser Ludwig zugunsten von dessen Sohn Kaiser
Lothar I. Dies wurde ihm von Ludwig nie vergessen oder verziehen. Alle bekannten
Quellen der Zeit geißeln Ebos ,Verrat'. Aber: in Ebo wurde auch für die gesamte Bewe-
gung, obwohl sich auch viele andere nicht ohne Grund wie er verhalten hatten, der (fast)
alleinige ,Sündenbock'85 gefunden; er fast allein hatte zu büßen86. Dieser Umstand und
die Härte des Verratsvorwurfs gegen Ebo sind aber m. E. ein weiteres Indiz dafür, daß
zwischen Ebo und Kaiser Ludwig eine über die Beratertätigkeit Ebos in Aquitanien hin-
ausgehende Beziehung bestand, eben die des ,collactaneus' und Stiefbruders.
Bald nach den Ereignissen von 835 schrieb der Trierer Chorbischof Thegan seine
Vita Hludowici87, in der er Ebo aufs heftigste beschimpfte und seine niedere Abkunft
herausstrich88. Nun könnte man die Haßtiraden Thegans auf sich beruhen lassen, wenn
nicht Karl der Kahle in seinem bereits mehrfach erwähnten Brief 866 geschrieben hätte:
,regii fisci familia oriunda progressus' und ,libertate donatus', wobei für Karl den Kahlen
sein Großvater Karl der Handelnde ist89, für Thegan Ludwig der Fromme50. Schon dies
zeigt eine bemerkenswerte Unstimmigkeit, die nur schwer, wenn überhaupt, aufzulö-
sen ist und nicht gerade für die Richtigkeit der Behauptung spricht. Man muß also den
mehrfach erwähnten Brief Karls des Kahlen und seinen Hintergrund 866 näher betrach-
ten:
866 war Ebo schon etwa 15 Jahre tot". Aber die Fragwürdigkeit seiner seinerzeitigen
Absetzung und ihrer Rechtmäßigkeit, die Wirksamkeit vor allem seiner 840/41 vorge-
nommenen Weihen - die Hincmar von Reims sofort nach seinem eigenen Amtsantritt als
Reimser Erzbischof 845 angezweifelt hatte - dies alles führte zur Synode von Soissons
am 22. April 853 in Anwesenheit Karls des Kahlen92. Auf Betreiben Hincmars, der sich
selbst wohl existenziell als jntrusus' gefährdet fühlte93, stellte diese Synode fest, daß Ebo
840/41 als ,canonice depositus nec vero canonice restitutus' sein Bischofsamt damals wieder-
erlangt habe94 und daher alle von ihm damals erteilten Weihen ungültig seien95. Aber die-
se Beschlüsse von Soissons blieben nicht unbestritten und unbezwei-felt96. Auch in der
Kurie in Rom stießen diese Beschlüsse offenbar auf Bedenken97. Papst Leo IV. war 855
nicht vom rechtmäßigen Prozeßverlauf auf der Synode überzeugt96. Papst Nikolaus I.
(24.4.858 - 13.11.867) ließ auf einer erneuten Synode zu Soissons am 18. August 866* die
ganze Angelegenheit nochmals aufrollen, und diese Synode stand nicht mehr allzusehr
zügunsten Hincmars und zuungunsten Ebos, wie das Responsum100 Papst Hadrians II.
(867 - 877), des Nachfolgers des am 13. November 867 verstorbenen Nikolaus an Karl
den Kahlen vom 23. Februar 868101 zeigt: die causa Ebonis solle mit Stillschweigen102 zuge-
deckt werden103. Für König Karl den Kahlen, der die Sache Hincmars zu der seinen ge-
macht hatte, war also für seinen Brief an Papst Nikolaus, der nach der 2. Synode von
273
auch wohl von Anfang an zur geistlichen Laufbahn bestimmt (,in sacris ordinibus gradatim
promotus'). Auch dies fällt auf und spricht m. E. für eine persönliche Beziehung Karls des
Großen zu dem jungen Ebo, der, wohl älter als Ludwig der Fromme (geb. 778), diesem
wohl 783 als Berater82 zugeteilt wurde und dessen engste Freundschaft, gleichsam als
,Milchbruder' (conlactareus), erlangte. Für dieses enge Verhältnis Ludwigs zu Ebo
spricht auch, daß Kaiser Ludwig Ebo, nachdem der Reimser Erzbischof Wulfher am 18.
Oktober 816 verstorben war, alsbald zum Erzbischof von Reims erhob83 und damit zum
Metropoliten der alten fränkischen Krönungsstadt. So spricht denn vieles dafür, daß Ebo
ein Stiefbruder Ludwigs des Frommen war und auch infolgedessen Himiltrud ( A ) und
Himiltrud ( B ) identisch sind.
833" aber ,verließ' Erzbischof Ebo Kaiser Ludwig zugunsten von dessen Sohn Kaiser
Lothar I. Dies wurde ihm von Ludwig nie vergessen oder verziehen. Alle bekannten
Quellen der Zeit geißeln Ebos ,Verrat'. Aber: in Ebo wurde auch für die gesamte Bewe-
gung, obwohl sich auch viele andere nicht ohne Grund wie er verhalten hatten, der (fast)
alleinige ,Sündenbock'85 gefunden; er fast allein hatte zu büßen86. Dieser Umstand und
die Härte des Verratsvorwurfs gegen Ebo sind aber m. E. ein weiteres Indiz dafür, daß
zwischen Ebo und Kaiser Ludwig eine über die Beratertätigkeit Ebos in Aquitanien hin-
ausgehende Beziehung bestand, eben die des ,collactaneus' und Stiefbruders.
Bald nach den Ereignissen von 835 schrieb der Trierer Chorbischof Thegan seine
Vita Hludowici87, in der er Ebo aufs heftigste beschimpfte und seine niedere Abkunft
herausstrich88. Nun könnte man die Haßtiraden Thegans auf sich beruhen lassen, wenn
nicht Karl der Kahle in seinem bereits mehrfach erwähnten Brief 866 geschrieben hätte:
,regii fisci familia oriunda progressus' und ,libertate donatus', wobei für Karl den Kahlen
sein Großvater Karl der Handelnde ist89, für Thegan Ludwig der Fromme50. Schon dies
zeigt eine bemerkenswerte Unstimmigkeit, die nur schwer, wenn überhaupt, aufzulö-
sen ist und nicht gerade für die Richtigkeit der Behauptung spricht. Man muß also den
mehrfach erwähnten Brief Karls des Kahlen und seinen Hintergrund 866 näher betrach-
ten:
866 war Ebo schon etwa 15 Jahre tot". Aber die Fragwürdigkeit seiner seinerzeitigen
Absetzung und ihrer Rechtmäßigkeit, die Wirksamkeit vor allem seiner 840/41 vorge-
nommenen Weihen - die Hincmar von Reims sofort nach seinem eigenen Amtsantritt als
Reimser Erzbischof 845 angezweifelt hatte - dies alles führte zur Synode von Soissons
am 22. April 853 in Anwesenheit Karls des Kahlen92. Auf Betreiben Hincmars, der sich
selbst wohl existenziell als jntrusus' gefährdet fühlte93, stellte diese Synode fest, daß Ebo
840/41 als ,canonice depositus nec vero canonice restitutus' sein Bischofsamt damals wieder-
erlangt habe94 und daher alle von ihm damals erteilten Weihen ungültig seien95. Aber die-
se Beschlüsse von Soissons blieben nicht unbestritten und unbezwei-felt96. Auch in der
Kurie in Rom stießen diese Beschlüsse offenbar auf Bedenken97. Papst Leo IV. war 855
nicht vom rechtmäßigen Prozeßverlauf auf der Synode überzeugt96. Papst Nikolaus I.
(24.4.858 - 13.11.867) ließ auf einer erneuten Synode zu Soissons am 18. August 866* die
ganze Angelegenheit nochmals aufrollen, und diese Synode stand nicht mehr allzusehr
zügunsten Hincmars und zuungunsten Ebos, wie das Responsum100 Papst Hadrians II.
(867 - 877), des Nachfolgers des am 13. November 867 verstorbenen Nikolaus an Karl
den Kahlen vom 23. Februar 868101 zeigt: die causa Ebonis solle mit Stillschweigen102 zuge-
deckt werden103. Für König Karl den Kahlen, der die Sache Hincmars zu der seinen ge-
macht hatte, war also für seinen Brief an Papst Nikolaus, der nach der 2. Synode von
273