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Wolf, Gunther
Satura mediaevalis: Gesammelte Schriften ; Hrsg. zum 65. Geburtstag (Band 3): Stauferzeit — Heidelberg, 1995

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https://doi.org/10.11588/diglit.15265#0037
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Parzival und Feirefiz, die Söhne ein und desselben Vaters, aber verschiedener Mütter
(Völker), begegnen sich im Kampf, ohne sich bis dahin zu kennen. Aber in eben diesem
Kampf (Kreuzzüge),erkennen' sie sich und ihren beiderseitigen Wert, ihre gemeinsame
Abstammung' von der schlechthinnigen Ritterlichkeit (Gahmuret) und schließen Frieden
und Freundschaft.

Ich möchte am Ende wiederholen, daß ich glaube, daß dem Forschungsstand über
das gegenseitige Verhältnis und die Einflüsse muslimischer und christlich-europäischer
Ritterlichkeit nichts besser entspricht als die Symboldarstellung Wolframs von Eschen-
bach: Gahmuret, Feirefiz, Parzival, wobei Wolfram freilich die ,Kirche im Dorf läßt. Par-
zival und sein Sohn werden Gralskönige, Feirefiz läßt sich taufen und heiratet eine Chri-
stin, Feirefiz' Sohn Johannes wird Priesterkönig im Orient: eine geniale ,Zukunftsvision'
für einen mittelalterlichen christlichen Dichter.

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Imperator und Caesar

Zu den Anfängen
des Staufischen Erbreichgedankens

Als Konrad III. 1152 seinen Tod herannahmen fühlte,1 übersandte er die Reichsinsig-
nien2 seinem damals etwa 30-jährigen Neffen Friedrich und designierte ihn zu seinem
Nachfolger. Damit überging er einmal seinen eigenen noch kleinen Sohn, zum andern
band er in altgewohnter Weise die Großen des Reiches, ein Mitglied seines Hauses, eben
seinen Neffen, zu wählen.

Einmütigkeit war das Kennzeichen dieser Wahl Friedrichs I. zum deutschen König
am 4. März 1152.3 Waren die Gründe dafür zunächst sicher politischer Natur, auch in der
Designation durch Konrad III. und in Friedrichs Abkunft mütterlicherseits aus dem Wei-
fenhaus zu suchen, so hat Friedrich sie von Anfang an tiefer gedeutet.' Von den Fürsten
gewählt, zeigte er dem Papst zwar seine Wahl gemäß altem Herkommen an, ohne jedoch
um die dann von Eugen III. erteilte Bestätigung zu bitten. In aller Deutlichkeit bringt er
auch fünf Jahre später seine Unabhängigkeit von der Kurie mit dem Argument seiner
einstimmigen Erwählung zum Ausdruck: ,Cum divina potentia, a qua omnis potestas in
caelo et in terra, nobis, christo (!) eius, regnum et Imperium regendum commiserit'5 und
weiter: ,Cumque per electionem principum a solo Deo regnum et imperium nostrum
sit'.6 Als Christus Dei bezeichnet sich Friedrich, dessen Herrschaft ,per electionem' - ver-
mittels der Wahl - allein von Gott her ist.7

Das sind doch wohl, wenn nicht neue Töne, so doch neue Akzente, die uns lebhaft an
den davidischen Erwählungsgedanken gemahnen." Sie widersprechen aber auch nicht
den Äußerungen, in denen von Saliern, Ottonen und Karolingern, ja von den Imperato-
ren der römischen Antike als ,antecessores nostri' etwa geredet wird.9 Beides entspringt
einem der Persönlichkeit Friedrichs gemäßen gesteigerten Selbstgefühl des Herrschers,10
das aus der Quelle seiner hohen Auffassung vom ,honor sacri imperii',11 vom ,dominium
mundi', das unmittelbar und doch dauernd, gewandelt und doch dasselbe, ihm von Gott
anvertraut ist.12

Wenn wir soeben erwähnt haben, daß Friedrichs Äußerungen über das ihm von Gott
anvertraute Königsamt an davidische Vorstellungen erinnern, so auch seine Auffassung,
,Gesalbter Gottes'13 zu sein. Vielleicht mag man sogar die Elevation und Heiligsprechung
Karls des Großen, die 1165 auf Veranlassung Friedrichs erfolgte,14 in diesem Zusammen-
hang sehen: war doch bekanntlich gerade Karl als ,alter David' nicht ohne staatsrechtli-
chen Grund gefeiert worden.15 Nicht zuletzt war aber für Friedrichs Herrscherauffas-
sung, gerade in Antinomie zu den aufkommenden Nationalstaatsbestrebungen in West-
europa,16 der Rückgriff auf das alte römische Kaiserrecht bedeutsam.

Die Bedeutsamkeit von Recht und Gerechtigkeit als Constituens von Herrschaft im
Mittelalter17 ist ebenso bekannt wie die Anschauung, daß das ältere Recht gemeinhin das
bessere sei18 und nach römischer Anschauung nur der Kaiser das Recht setzen könne:
,novas leges condere'.19

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