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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Hrsg.]; Woermann, Karl [Hrsg.]
Geschichte der Malerei (Band 3,1) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48521#0018
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ERSTER ABSCHNITT.

Die italienischen Meister,

A. Die Italiener mit Ausnahme der Venezianer.

als Maler.

als Kunft-
fchi-iftfteller.

Vafari als
Architekt,

Giorgio
Vafari

Die floren-
tiner Akade-
mie.

M eiliger feinem Alter, als feinem Gefammtwirken nach, fleht der Bau-
meifter, Maler und Kunftfchriftfteller Giorgio Vasari nqx\ Arezzo (geb. den
30. Juli 1511, geft. den 27. Juni 15741) an der Spitze der manieriftifchen
Bewegung in Italien. In feinen literarifchen Werken, von denen die berühmten,
in erfter Auflage 155°, in zweiter 1568 erfchienenen Künftlerbiographien noch
heute klaffifchen Werth befitzen, fpricht er, fo fein er die verfchiedenen älteren
Meifter in ihrer Eigenart zu charakterifiren weifs, offen und grundfätzlich jene
Forderungen feiner Zeit aus, die von felbft zur Manier führten: er vertritt die
Nachahmung Michelangelos in deffen grofsem, doch gerade feiner Subjektivität
wegen unnachahmlichem Stile er die einzige Zukunftskunft der Welt fah, die
Schnelligkeit der Pinfeiführung, ohne welche feine Generation ebenfo viel
unvollendet hinterlaffen haben würde, wie die vorhergehende goldene Zeit, und
das geiftreiche Theoretifiren, welches einer kalten Gedankenmalerei Vorfchub
leiftete. Wurde in Folge der von ihm gegebenen Anregung doch bereits um
1561 eine Akademie der zeichnenden Künfte2) in Florenz gegründet,
welche, wenn ihr Wefen auch noch weniger in vereinter Lehrthätigkeit, als in
genoffenfchaftlicher Organifation beftand, doch fchon viel dazu beitrug, den
Kunftgefchmack zu nivelliren. Vafari’s reinfte Schöpfungen liegen auf dem
Gebiete der Architektur; er würde zu den gröfsten Baumeiftern feiner Zeit
gerechnet werden, wenn er auch nur das Uffiziengebäude zu Florenz entworfen
hätte; er felbft aber bewegte fich in der Theorie wie in der Praxis doch haupt-
fächlich als Maler. Von feinem erften Unterricht abgefehen, nennt er Michel-
angelo und Andrea del Sarto in Florenz als feine Lehrer; doch kann feine eigent-
liche Lehrzeit bei ihnen nur kurz gewefen fein; den beften Theil feines Könnens
erwarb er fich, wie er felbft eingefleht, durch maffenhaftes Copiren nach den
grofsen Gemäldecyklen Michelangelos und Raphaels in Rom. Schon mit ihm
beginnen alfo auch die Romfahrten der angehenden Künftler, welche zu den
Merkzeichen der Zeit gehören. Vafari eignete fich auf diefe Weife eine grofse

1) Selbftbiographie mit Milanefi’s Schlufs in deffen Vafari- Ausgabe (Florenz 1878—1882)
Bd. VII, p. 629—728.
2) Lanzi, Storia Pittorica (Milano 1809) I, p. 199—200; und Vafari’s eigener Bericht darüber
in feinem Briefe an Michelangelo, abgedruckt im Vafari-Milanefi VIII, p. 366—368.
 
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