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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Editor]; Woermann, Karl [Editor]
Geschichte der Malerei (Band 3,1) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48521#0036
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Fünftes Buch. Erfter Abfchnitt.

mächtiges Breitbild, welches eine im Ganzen ziemlich ftarr componirte, wenn
auch durch manche lebendige Einzelgruppen ausgezeichnete Maffe von Heiligen
und Engeln zeigt, deren Wirkung, welche urfprünglich im Licht und in der
Farbe lag, im jetzigen nachgedunkelten Zuftande des Bildes ihren Reiz ver-
loren hat.
Tintoretto war eben alles in allem ein fehr ungleicher Meifter, der, wenn
Sem Ende. er Selbftzucht befeffen hätte, zu den gröfsten der Grofsen gezählt werden würde,
uns aber, wie er ift, ebenfo oft abftöfst wie anzieht. Sein äufseres Leben ver-
Schüier. ruhig und heiter in Venedig, wo er am 31. Mai 1594 ftarb.
Manche der unter Tintoretto’s Namen gehenden Bildniffe follen von feiner
Tochter Tochter Marietta gemalt fein, einer der hoffnungsvollften Künftlerinnen jener
Marietta. Tage, welche 1590, in ihrem dreifsigften Lebensjahre ftarb. Unter feinen Schülern
Sein Sohn ift zunächft fein Sohn Domenico Robufti (l<Ö2—-1637) zu nennen, den man z. B.
in den Wandgemälden des grofsen Saales des Dogenpalaftes als einen ziemlich
zahmen und correcten Hiftorienmaler kennen lernt, dann Antonio Vaffilacchi,
L’Aiienfe. ü Alienfe zubenannt, nach Ridolfi ein Grieche von Geburt (geft. 1629), der nicht
nur im Dogenpalafte und in den Kirchen Venedigs, fondern auch in S. Pietro
fuori le Mura zu Perugia im Stile Tintoretto’s malte.
Die Baffani. Eigenartige Kiinftler in ganz anderer, man könnte faft fagen entgegen-
gefetzter Richtung, als Tintoretto und feine Nachahmer, waren die Mitglieder
der Künftlerfamilie da Ponte, die in der Regel nach ihrem Geburtsort Baffano
Franc, genannt werden l). In drei Generationen können wir he verfolgen. Franc, da
Ponte d. ä. war Vicentiner von Geburt, hatte fich aber in Baffano niedergelaffen.
Sein Madonnenbild von 1509 in der Galerie diefer Stadt erinnert noch ganz
Baffano an Montagna. Sein Sohn Jacopo da Ponte (1510—1592) ift der Begründer
der den Baffani eigenthümlichen Darftellungsweife. Früh nach Venedig gekommen
und hier durch Tizian und die Bonifazi beeinflufst, fiedelte er fich fpäter ganz
in feiner Vaterftadt Baffano an. Die Vorliebe der Bonifazi für Breitbilder mit
Sdnc ausgedehntem landfchaftlichen Hintergründe nahm er auf und bildete fie weiter.
Eigenart. ö ö
Der biblifche Vorgang, an fich genrehaft aufgefafst, wurde dabei ganz von der
Landfchaft und von den realiftifchen Füllfiguren, die er dem ländlichen Leben
feiner Heimat entlehnte, erdrückt; ja, manchmal machte er die Heerden, welche
feine Haupt- oder Nebenperfonen begleiteten, zur Hauptfache: die Pferde, Rinder,
Schafe, Ziegen, mit denen er den Vordergrund fo anfüllte, dafs die Beine feiner
handelnden Perfonen hinter ihnen verflecht erfcheinen. Seiner Herzensneigung
nach war er, den Niederländern verwandt, offenbar Landfchafts- und Thiermaler,
Ländliche wagte aber in der Regel noch nicht, diefe Kunftzweige von dem hiftorifchen
Vorwande loszulöfen; wenigftens finden fich rein ländliche Scenen, wie die
Weinernte, (Exemplar im Madrider Mufeum und im Louvre), die Jahreszeiten
(im Madrider Mufeum; Schulwiederholungen des Herbftes und des Winters in
der Brera zu Mailand) und einige ähnliche Darftellungen (in den florentiner
Biblifche Staatsgalerien) nur feiten unter feinen Werken. Doch wählt er in der Regel
Stoffe. . .
biblifche Stoffe, die ihrer Natur nach die Einführung der Thierwelt geftatteten
oder gar erheifchten: Scenen aus dem Erdenparadies der erften Menfchen; Noah,

1) G. B. Verci: Notizie intorno alle vite etc. de pittori etc. della cittä di Baffano. Venezia 1775*
 
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