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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Editor]; Woermann, Karl [Editor]
Geschichte der Malerei (Band 3,1) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48521#0051
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Die fpanifche Malerei im 16. Jahrhundert.

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1503 in Brüffel geborener Meifter, welchen wir fchon 1530 als angefehenen
Maler in Bologna treffen. Von Bologna foll er nach Rom gegangen und hier
die Werke Michelangelos und Raphaels ftudirt haben. Späteftens feit 1548,
wahrfcheinlich aber fchon einige Jahre früher, finden wir ihn in Sevilla anfäffig.
Die Jahreszahl 1 548 trägt fein berühmtes Hauptwerk, die Abnahme des Heilandes
vom Kreuze, jetzt in der Sacriftia Mayor der Kathedrale von Sevilla, ein Werk,
dem man freilich weit weniger italienifche Studien, als nordifch-eigenwillige
Herbigkeit und Energie anfieht, kühn und hart in den aufserordentlich feilen
Umriffen, plaftifch und lebendig in der Modellirung, coloriftifch empfunden in der
Pinfeiführung, herb und tief ergreifend im geiftigen Ausdruck. Auch die übrigen
Werke des Meifters find ausfchliefslich in Sevilla zu ftudiren: keins freilich im
öffentlichen Mufeum, einige in den Privatfammlungen, die meiften in den Kirchen
der Guadalquivirftadt. Im Jahre 1560 kehrte Pedro Campana nach Brüffel zurück,
wo er 1580 ftarb 1). Seiner kunftgefchichtlichen Stellung nach kann er nur
unter den Begründern der Sevillaner Schule genannt werden. Der andere
Niederländer, welcher neben ihm in Sevilla arbeitete, ift Ferd. Sturm (Hernando Ferd. Sturm
Sturmio) von Zierikfee, deffen Altarwerk in der Kathedrale feinen Namen und
die Jahreszahl 1555 trägt. Er gehört ohne fo bedeutende Eigenart, wie Cam-
pana, derfelben von Italien beeinflufsten nordifchen Richtung an.
Uebrig’ens fpricht fich die Hegemonie, welche die italienifche Kunft während Spanifche
01 ö . Meifter in
des 16. Jahrhunderts in Spanien ausübte, deutlich genug darin aus, dafs von Italien,
den einheimifchen fpanifchen Künftlern unferes Wiffens keine zu ihrer Ausbildung
nach den Niederlanden, wohl aber die tüchtigften nach Italien zogen. Einige
wenige von ihnen, von denen hier nur an Giovanni lo Spagna, den Schüler Peru-
gino’s (oben II, S. 247) erinnert fei, blieben in Italien und wurden zu italienifchen
Meiftern; die meiften aber kehrten nach Spanien zurück und wurden hier die
Begründer der unter italienifchem Einfluffe flehenden eigentlichen fpani-
fchen Schulen diefer Zeit.
Den Orten nach, an denen diefe Meifter wirkten, kann man jetzt, wie im
folgenden Zeitraum, drei Hauptfchulen Spaniens unterfcheiden, die caftilifche,
die valencianifche und die andalufifche.

B. Die caftilifche Schule im 16. Jahrhundert.

In Caftilien erhob fich während des 16. Jahrhunderts neben Valladolid, Allgemeines.
Salamanca und Toledo, den älteren Culturftätten des Königsreiches, Madrid als
die neue, durch Karl V. bevorzugte, aber erft durch Philipp II. zur einzigen
fpanifchen Hauptftadt gemachte Refidenz. Nach Madrid und dem Escorial, der
finfteren Schöpfung Philipps II. an den unwirthlichen Abhängen der Sierra
Guadarrama, brachten diefe Monarchen die gröfsten Meifterwerke der aus-
ländifchen Malerei, die fie in ganz Europa auftreiben konnten. Kein Wunder
daher, dafs Madrid nunmehr auch der Hauptfitz der neu erblühenden Malerei Caftilifche
Caftiliens wurde. Doch gingen die anderen Städte noch keineswegs leer aus, JftenHäifte
wie denn der intereffante Meifter, welcher als der ältefte und bedeutendfle der hun/eus'

1) Nach Cean Burmudez I, p. 202 und A. Wauters a. a. O. p. 181.
 
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