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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Editor]; Woermann, Karl [Editor]
Geschichte der Malerei (Band 3,1) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48521#0087
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Die niederländifche Malerei in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. 7 5
Die erften beiden diefer Brüder genügt es, genannt zu haben, der dritte aber
ift der fruchtbarfte und bekanntefte Meifter der ganzen Familie, deffen in der
Regel aus vielen verhältnifsmäfsig kleinen Figuren vor landfchaftlichem Hinter- Sein Stil,
gründe beftehenden, allen möglichen Stoffgebieten entlehnten Darftellungen in
den meiften öffentlichen und vielen Privat-Sammlungen Europas zu finden find.
Die Verfchiedenheit der Formen, mit denen er fich zu bezeichnen pflegte1),
war die Urfache, dafs man früher eine ganze Reihe feiner Bilder auf die Rechnung
feines Vaters fetzte. Neuerdings aber find feine Gemälde im Ganzen richtig
zufammengeftellt worden. Geiftreich kann man fie weder in der Färbung noch
in der Compofition noch auch im Ausdruck nennen; aber geifflos obenfowenig;
gefchickt find fie befonders in der Anordnung der Figuren vor dem Hintergründe
und in der Zufammenftimmung der Farben, die im Ganzen feiten einen unhar-
monifchen, wohl aber manchmal einen fchweren und trüben Eindruck machen.
Der Meifter hat vor allen Dingen feine Freude daran, Gefchichten zu erzählen- Seine
0 . . . Jugend-
und er erzählt in der Regel deutlich und doch ftimmungsvoll, nie aber mit werke,
einem befonderen Aufwande poetifcher Kraft oder geiftiger Tiefe. Von feinen
Jugendwerken feien die befonders tief geftimmte Darftellung des Calvarienberges
von 1606 in der kaiferlichen Galerie zu Wien, »der Hexenfabbath« von 1607
in derfelben Sammlung, »Neptun und Amphitrite« in der Gothaer und »die Predigt
Johannes des Täufers« in der Augsburger Galerie hervorgehoben; feiner mitt- Die Werke
leren Zeit, in welcher er fchon einige Rubens fche Anklänge aufnimmt, gehören leren Zeit,
z. B. »die heilige Familie« von 1616 im Amfterdamer Mufeum, »der Untergang
der Aegypter« von 1621 in der Hamburger Kunfthalle, »der Triumph Apollons«
von 1629 in der Oldenburger Sammlung und »die vier gekrönten Märtyrer« im
Antwerpner Mufeum an. Aus feiner Spätzeit, in welcher er immer entfchiedener Seine fpäte-
reu Werke,
von Rubens beeinflufst wurde, flammen u. a. »die Werke der Barmherzigkeit«
von 1630 und »das Reitergefecht« von 1631 in der Münchener Pinakothek,
die beiden Gemälde von 1633 im Louvre zu Paris, die allegorifche Darftellung
von demfelben Jahre in der gräflich Sierstorpf’fchen Sammlung zu Driburg2),
»die Speifung der Fünftaufend« von 1634 im Deffauer Schlöffe und »Mofes fchlägt
Waffer aus dem Felfen« von demfelben Jahre in der Augsburger Galerie. Schon
diefe Bilder, denen eine Anzahl anderer im Madrider Mufeum, in der Berliner
Galerie, in Schleifsheim u. f. w. fich anreihen, geftatten einen Ueberblick über

1) Hierüber befonders die eingehenden Unterfuchungen von H. Riegel, Beiträge II. S. 74—86,
womit die Anmerkung im Verzeichnifs der Berliner Galerie von 1883, S. 168 zu vergleichen ift.
Sicher ift, dafs der Meifter fich auf manchen feiner früheren Bilder im Gegenfatze zu feinem Vater als
»den jongen Fr. Francken« bezeichnete (z. B. auf den beiden Wiener Bildern von 1606 und 1607);
ficher ift, dafs er fich fpäter wenigftens einmal (auf dem Münchener Bilde von 1631) im Gegenfatze zu
feinem Sohne, Frans Francken III., als d. ouden (den alten) Frans Francken bezeichnet hat. Sicher
ift endlich, dafs viele feiner bezeichneten Bilder weder den einen noch den andern diefer Zufätze tragen.
Streitig aber ift, wie die Abkürzung Do. oder D° oder Do u. f. w., die er auf vielen Bildern feinem
Namen vorgefetzt hat, zu deuten ift: ob einfach als Abkürzung für den ouden (den alten), wie uns nach
wie vor am wahrfcheinlichften fcheint, oder als »Dominus« oder »Don«. Riegel’s Lefart Ds, die für
»Dominus« fprechen würde, auf dem Rahmen eines Bildes in der Liebfrauenkirche zu Brügge, beftätigt
fich, laut brieflicher Mittheilung von Eisenmann, der das Bild darauf hin nochmals unterfucht hat,
keineswegs. Vielmehr lieft Eisenmann auch hier Do.
2) Riegel, Beiträge, II. S. 79—80.
 
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