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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Editor]; Woermann, Karl [Editor]
Geschichte der Malerei (Band 3,1) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48521#0094
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Fünftes Buch. Dritter Abfchnitt.

Sein Mit- Haarlemer Mitfchüler des Goltzius hingegen war Ph. Galle (1337—1612I der
Ph. Galle, nach Antwerpen zog und hier nicht nur als Stecher, fondern auch als Kunft-
Hier. Cock. händler dem fchon oben (S. 58) erwähnten Hier. Cock Concurrenz machte und
CorndGaUned ^eaie Kunft auf feine Söhne Theodor und Corn. Galle d. ä. vererbte. Der in
Aeg.Sadeier. Antwerpen geborene Kupferftecher Gillis (Aegidius) Sadeler (1575—1629) aber
Jasad'ekaiPh’ hatte die Kunft bei feinen Oheimen, den Brüffelern Jan und Raphael Sadeler,
gelernt, verliefs jedoch, wie diefe, fein Vaterland und arbeitete fchliefslich
hauptfächlich als Hofkünftler der deutfchen Kaifer in Prag, wo er ftarb. Die
Werke aller diefer und verwandter Stecher mufs man durchfehen, um fich das
Bild des niederländifchen Kunftlebens diefer Tage, welches uns in den er-
haltenen Gemälden nur bruchftückweife entgegentritt, zu vervollftändigen.
cfrnXzln. Dem grofsen Haarlemer Stecher Goltzius aber reiht fich als bedeutendfter
Haarlemer Maler diefer Zeit Cornelis Corneliszen van Haarlem (1562—1633)
an. Er war früh reif und ging in jungen Jahren auf Reifen. Da Gillis Congnet
in Antwerpen (oben S. 76) fein zweiter Lehrer war, fo zeigt auch er die
Wechfelwirkung, die damals noch zwifchen dem Kunftleben in den nördlichen
und den füdlichen Niederlanden ftattfand. Schon 1583 liefs er fich in feiner
Seine frühe Vaterftadt nieder: und fein erftes Werk hierfelbft war die Schützenmahlzeit von
benutzen- .
mahizeit. diefem Jahre, die fich jetzt im dortigen Mufeum befindet. Das Befireben, die
einzelnen Figuren zu einander in Beziehung zu fetzen, ift hier noch nicht
fonderlich geglückt. Die Köpfe find mit braunen Schatten ohne tieferes Ein-
dringen modellirt. Die Kleider und Fahnen aber bilden, da nur fchwarze,
gelbe und weifse Töne in ihnen vorkommen, einen ruhigen Zufammenklang.
fchen hCom" ^ndeTen der Schwerpunkt feiner Thätigkeit in biblifchen und raythologifchen
pofltionen. Compofitionen; und in ihnen ift er der manierirtefte der Manieriften, der akade-
MaMer mTchfte der Akademiker. Da es feine Liebhaberei ift, nackte Figuren zu
gruppiren, fo entkleidet er Leute, die man fich in der Regel bekleidet vor-
ftellt, wie die Henker im Betlehemitifchen Kindermord; und da es ihm darauf
ankommt, feine Aktfiguren von allen Seiten zu zeigen, fo müffen feine Compo-
fitionen fich diefem Bedürfnifs fügen ; auf vielen zeigt fich eine Nebenfigur im
Vordergründe ohne rechte Nothwendigkeit grofs und aufdringlich von hinten.
Dabei ift auch feine Farbengebung in feinen mittleren Jahren fehr manierirt.
Gerade er treibt die Willkür, dem Nackten verfchiedener Geftalten derfelben
seine Bilder Gruppe nur der Abwechfelung wegen einen verfchiedenfarbigen Fleifchton zu
geben, auf die Spitze. Der »Betlehemitifche Kindermord« von 159° und »Adam
in Amfter-und Eva« von 1592 im Amfterdamer Mufeum, der »Betlehemitifche Kinder-
im Haag, mord« von 1591 und die »Hochzeit des Peleus und der Thetis« im Haager
Mufeum find charakteriftifche Bilder diefer Art. Seine ganze Entwicklungs-
gefchichte läfst fich am beften im Haarlemer Mufeum verfolgen; doch kommen
feine leicht kenntlichen und überdies meift bezeichneten Bilder auch in manchen
in Dresden, anderen Galerien vor. In der Dresdner z. B. eine Vereinigung der Götter
Apollon, Venus und Ceres und eine genrehafte Kuppel-Scene. Bis zu welchem
Grade er aber in feiner Spätzeit auf eine innerlichere Verfchmelzung der Farben
zu einem einheitlich ruhigeren Klange einzugehen verftand, kann man in
in Schwerin. Deutfchland am beften in feiner in ihrer Art ausgezeichneten Pietas von 1629
im Schweriner Mufeum fehen.
 
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