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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Hrsg.]; Woermann, Karl [Hrsg.]
Geschichte der Malerei (Band 3,1) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48521#0097
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Die niederländifche Malerei in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts.

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Claeiffens, deren Stammvater Pieter Claeiffens d. ä. (1500—1576) fchon oben C)12eeitf®elns
(Bd. II. S. 514) erwähnt worden ift, während ihr bedeutendfter Sproffe, Pieter a. s.
Claeiffens d. j., der erft 1570 Meiller der Brügger Gilde wurde und 1612 ftarbcj^efffens
ganz der Schlufszeit des Jahrhunderts angehört. Von feiner Hand befitzt die d-i-
Aegidienkirche zu Brügge ein Altarwerk, das Akademiemufeum diefer Stadt
ein allegorifches Gemälde, welches den Vertrag von Tournay (22. Mai 1584)
darftellt; es läfst fich nach diefen Werken aber nicht behaupten, dafs der
Meifter zu den befferen Vertretern feiner Zeit gehört habe.
Bedeutender war Pieter Pourbus, ein etwa 1510—1513 zu Gouda ge- Pieter
. Pourbus.
borener, aber als Schwiegerfohn Lancelot Blondeels (oben Bd. II. S. 515) in
Brügge anfäffiger Meifter, der 1543 der Gilde diefer Stadt beitrat und 1584 Sein Leben,
ftarb. Seine Hiftorienbilder, unter denen »das jüngfte Gericht« von 1551 und Seine
. Hiftorien-
das Triptychon mit der Kreuzesabnahme von 1570 in der Brügger Akademie, bilder
das Triptychon mit dem Abendmahl von 1559 in der Brügger Kathedrale und in Brügge,
»die Auferftehung Chrifti« von 1566 im Louvre zu Paris hervorgehoben feien, in Paris,
zeichnen fich durch ihre klare, fchlichte Anordnung, durch ihre gefunde, einfache
Modellirung und durch ihre forgfältige Durchführung vortheihaft aus, wenn fie
auch gerade in der Farbe nicht von einer gewiffen kalten Manierirtheit freizu-
fprechen find. Ein wie ausgezeichneter Porträtmaler er aber war, zeigen fchon SeiJjJ;ild‘
die Porträtköpfe auf den Flügeln des genannten Bildes der Brügger Kathedrale;
und eine Anzahl vortrefflicher Einzelbildniffe, unter denen die vorzüglichen, auch
durch die farbenprächtigen Stadtbilder in der Fernficht bemerkenswerthen Porträts
des Ehepaars Fernagant von 1551 in der Brügger Akademie, das Bildnifs eines in Brügge,
rothbärtigen Mannes von 1559 in der kaiferlichen Galerie zu Wien und das-in Wien,
jenige eines Brügger Rathsherrn vor 1583 im Brüffeler Mufeum hervorgehoben in Brüffei.
werden müffen, betätigen es aufs glänzendfte. Pieter Pourbus wurde denn
auch der Stammvater eines tüchtigen, hauptfächlich auf dem Gebiete der Bild-
nifsmalerei berühmt gewordenen Künftlergefchlechts. Pieters Sohn Frans, der,
im Gegenfatze zu feinen gleichnamigen Sohne, Frans Pourbus d. ä. genannt Pou^u"sd ä
wird, war 1545 zu Brügge geboren, wurde um 1562 Schüler des Frans Floris Sein Leben,
(oben S. 72) in Antwerpen, deffen Nichte er heirathete, trat 1569 als Meifter
der Gilde diefer Stadt bei und ftarb dort 1581. In feinen Hiftorienbildern, von Seine
denen »Chriftus unter den Schriftgelehrten« von 1571 in der Kathedrale, bilder
»Chriftus am Kreuze« von 1576 im Mufeum von Gent und das »Martyrium des in Gent,
heiligen Georg« von 1577 Mufeum zu Dünkirchen2) hervorgehoben werden in Dün-
müffen, tritt er uns natürlicher und frifcher entgegen, als man es einem Schüler
des Floris zutrauen würde. In feinen kräftigen, gediegenen, in der Regel ziem- Seine Bild-
lich warm getönten Bildniffen aber gehört er zu den tüchtigften Meiftern der
Zeit. Bezeichnet und von 1568 datirt ift das treffliche Bild einer ältlichen
Frau mit einem Hündchen auf dem Schoofse in der Dresdner Galerie; von in Dresden,
demfelben Jahre das Porträt eines fchwarzgekleideten Herrn in der kaiferlichen
Galerie zu Wien. Das Bildnifs des rothbärtigen Mannes im Brüffeler Mufeum in Bräffei,
ift von 1573, dasjenige des »Mannes mit dem Glafe« im Braunfchweiger Mufeum ‘fchwei’g,’

1) James Weale, Catalogue du Musee de l’Academie dc Bruges (1861) p. 45—50.
2) H. Hvmans, Bulletin des Commissions royales etc., Bruxelles 1883, p. 237.
 
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