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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Hrsg.]; Woermann, Karl [Hrsg.]
Geschichte der Malerei (Band 3,1) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48521#0117
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Die Malerei der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in den übrigen Ländern. 105
des Duke of Norfolk zeigt ihn als mittelmäfsigen Porträtiften in den Fufstapfen
Holbeins. Als fein Zeitgenoffe, der aus Armuth nur grau in grau gemalt, aber
vortreffliche »story works«, alfo Gefchichten, gezeichnet habe, wird John Boffam J) johnBoffam.
gerühmt. Unter der Königin Elifabeth aber tauchen einige, ebenfalls offen-
kundig unter Holbeins Einflufs flehende Miniaturmaler auf, welche uns als fefter
umriffene Künftlergeftalten entgegentreten. — In ihrer erften Reihe fleht
Nicholas Hilliard1 2} (1547—1619), Maler und Goldfchmied der Königin, von Nic.Hiiiiard.
deffen Hand noch eine grofse Anzahl fein ausgeführter Miniaturbildniffe auf
blauem Grunde vorhanden find, wie z. B. die meiften Bilder der »Stuart-
Collection« bei Herrn Edwards im Pfarrhaufe zu Trentham von ihm her-
rühren3 4). Ihm folgte fein Schüler ljaac Oliver^} (1556—1617), der ihn an ifaac Oliver.
Feinheit der Ausführung übertraf und zu den erften Künftlern des Faches der
Porträt-Miniaturmalerei gezählt wird. Aufserordentlich feine und charaktervolle
Bildniffe aus der englifchen Königsfamilie von feiner Hand kommen in Windfor
Caftle und in der genannten Sammlung zu Trentham vor5), andere befitzen die
Baronefs Burdett Coutts und der Marquis of Exeter in London6). Sein Sohn
Peter Oliver, der ihn noch zu übertreffen fuchte, gehört auch feinem Stil nach Peter oiiver.
fchon ganz dem folgenden Zeitraum an.
Wenn diefe Meifter einerfeits gerade in Ermangelung anderer englifcher
Maler nicht mit Stillfchweigen übergangen werden durften, fo intereffiren fie
uns andererfeits als Vertreter eines Kunftfaches, welches von ihrer Zeit an in
allen Ländern blühte, bis es durch die Photographie verdrängt wurde; und
wenn wir im Rahmen diefes Buches auch nur in Ausnahmefällen auf diefe
Porträtminiaturen eingehen können, als deren Hauptmeifter des 17. Jahrhunderts
der Genfer Jean Petitot gefchätzt wird, fo mufs bei diefer Gelegenheit doch
hervorgehoben werden, dafs die Kunftgefchichte, während fie bis zum 16. Jahr-
hundert unter Miniaturen gemalte Buchilluftrationen verlieht, vom 17. Jahr-
hundert an mit »Miniaturen« fchlechthin derartige, häufig in Email auf Metall
ausgeführte kleine Darftellungen, in der Regel kleine Bildniffe meint.
Uebrigens hatte Holbein felbft diefen Kunftzweig in England zur Blüthe
erhoben; und fomit zehrten auch Hilliard und Oliver noch von dem Einflufs
der deutfchen Kunft, die der grofse Augsburger nach England getragen hatte.
1) Walpole a. a. O., p. 77-
2) Walpole a. a. O., p- 96—9&-
3) Abgebildet bei Lord R. Gower : Die Schätze der grofsen Gemäldegalerien Englands I, Leipz. 1884.
4) Walpole a. a. O., p. 98—101.
5) Abgebildet bei Lord R. Gower a. a. O.
6) Ueber ein »Isaac Oliverius fecit 1616« bezeichnetes Bild des Meifters berichtet auch Waagen,
Treasures of Art, I, p. 332.
 
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