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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Editor]; Woermann, Karl [Editor]
Geschichte der Malerei (Band 3,1) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48521#0141
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Die italienifche Malerei des 17. Jahrhunderts. A. Die Carracci.

129.

Agoftino lernte die malerifch kräftige Behandlung von ihm und vervollkomm-
nete die Kunft, durch Schraffiren mit faft farbiger Wirkung zu modelliren,
in folchem Mafse, dafs er rafch als der gröfste italienifche Kupferftecher feiner
Zeit anerkannt wurde. Zahlreich find feine Stiche nach den Werken zeit- Seine Stiche
nach G-emal-
o-enöffifcher Maler. Er hat Gemälde feines Bruders Annibale und feines Vetters den anderer
0 e M elfter.
Ludovico, Werke feiner Vorgänger in Bologna, wie Calvaert’s, Tibaldi’s,
Sammacchini’s, Sabbatini’s, aber auch die Gemälde der Meifter anderer Schulen,
z. B. Fr. Vanni’s, Correggios, Paolo Veronefe’s, befonders aber Tintoretto’s
geftochen. Sein Stich nach der grofsen Kreuzigung diefes letzteren (oben
S. 22) gehört zu feinen Meifterwerken auf dem Gebiete des reprocluctiven
Stiches, der uns hier nicht weiter befchäftigen kann. Aber auch zahlreiche
Blätter nach eigenen Erfindungen befitzen wir von Agoftino’s Hand l * * *): Seine feibft-
° & 1 ? -r> • rr erfundenen
religiöfe Gegenftände, mythologifche Darftellungen, erotifche Scenen, Bildniffe Blätter,
und Ornamentfliehe \ unter den erfteren z. B. Chriftus und die Samariterfrau
(Bartfeh 26), einige Madonnen (B. 31. geätzt), heilige Familien (B. 43) und
Einzelheilige (B. 66, 75.); unter den mythologifchen Darftellungen z. B. die
tanzenden Nymphen (B. 113), Amor bändigt Pan (B. 116) und die beiden halb-
radirten f. g. Bühnenftücke (B. 121 — 122); unter den erotifchen Stücken
z. B. die gegenfeitige Liebe (B. 119), Satyrn und Nymphen (B. 128, 131, 132,
133, 134) und »Venus züchtigt Amor« (B. 135); unter den Bildniffen z. B.
diejenigen Papft Innocenz IX. (B. 149), des Aethiopierkönigs Priefter Johann
(B. 152) und des grofsen Malers Tizian (B. 154). Schon aus diefen Andeu-
tungen ergiebt fich die Vielfeitigkeit des Meifters, der in der That noch ein
Stück Univerfalgenie nach Art der grofsen Cinquecentiflen war; die Betrach-
tung feiner Kupferftiche aber zeigt uns auch fchon die gröfsere Feinheit feines Sein Stil.
Formengefühls, durch welches er dem Pathos Ludovico’s überlegen ift; und
die verhältnifsmäfsig wenigen Gemälde feiner Hand, die auf uns gekommen,
zeichnen fich, wie wir das fchon an feiner Galatea im Palazzo Farnefe be-
wundert haben, in der That durch eine befondere Reinheit der Umriffe und
durch eine frifche Blüthe ihrer Färbung aus. Stand Correggio dem Empfinden
Ludovico’s am nächften, fo hatten die Venezianer es Agoftino in höherem Grade
angethan.
Von feinen Gemälden feien zunächft als Besonderheiten eine Landfchaft Seine
und ein Bildnifs hervorgehoben. Die Landfchaft ift die fein in Gouache- Eine Land-
farben ausgeführte Darftellung einer Flufs- und Felfengegend mit herculifchen Floren",
badenden Männergeftalten im Palazzo Pitti zu Florenz, ein durchftudirtes und
durchempfundenes Bild, welches fich gegenüber den meiften Landfchaften jener
Tage durch die Wahrheit und Schlichtheit feiner Naturempfindung auszeichnet.
Das Bildnifs befindet fich in der Berliner Galerie, trägt feine Namensinfchrift Ln Bildnifs
. .. T . . . ö in Berlin.
und die Jahreszahl 1598, ift wahr und einfach auf röthlichbraunem Grunde
gemalt und ftellt eine Dame in mittleren Jahren dar, welche in einem Seffel
fitzt, auf dem Schoofs in der Rechten ein Buch hält und die Linke auf die
Lehne ftützt. Von feinen Altarblättern aber gehören »die Geburt Chrifti« im ^lt|rb"ätter
1) Schon Malvafia, a. a. O. I. p. 89—103 hat die Stiche Agoftino Carracci’s, wie diejenigen
der anderen Carracci und der übrigen Bolognefen, zufammengeftellt. — Ferner Bartfeh, a. a. O.
xvni. P. 31-173-
Gefchichte d. Malerei. III. 9
 
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