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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Hrsg.]; Woermann, Karl [Hrsg.]
Geschichte der Malerei (Band 3,1) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48521#0154
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Sechstes Buch. Erfter Abfchnitt.

Petersburg und in der kaif. Galerie zu Wien, des hl. Hieronymus in den
Galerien zu London, Petersburg und Madrid, mancher anderer männlichen und
weiblichen Heiligen an manchen anderen Orten, vor allen Dingen aber des
Halbfiguren- dornengekrönten Schmerzensmannes felbft, der bald als Halbfigur erfcheint, wie
auf Bildern der öffentlichen Sammlungen zu Wien, Dresden, Paris und im
Pal. Corfini zu Rom, bald nur in feinem mit dem Ausdrucke tiefen Seelenleids
und hohen Seelenadels gen Himmel gewandten »Haupt voll Blut und Wunden«
zur Anfchauung kommt, wie in den berühmten Chriftusköpfen der kaif. Galerie
zu Wien, der Londoner Nationalgalerie und der Dresdner Galerie (Fig. 456),
fowie der fchönen Zeichenftudie zu einem folchen in der Pinakothek zu Bologna.
Durch Bilder diefer Art ift Guido bis auf den heutigen Tag in andächtigen
Kreifen ein volksthiimlicher Meifter geblieben.
Von altteftamentarifchen Compofitionen feien die beiden Bilder mit den
ftets wiederholten Gefchichten Loth’s und Sufanna’s in der Londoner National-
galerie namhaft gemacht. Guidos berühmtefte altteflamentarifche Einzelfigur
ift aber der wirkungsvolle, oft copirte »David« mit dem Haupte des Riefen
Goliath im Louvre zu Paris; noch fatter in feiner goldenen Farbenpracht ift der
»Simfon» der Pinakothek zu Bologna; und herrlich find auch die »Judith« des
Palazzo Adorno zu Genua und »die Tochter des Herodes« im Pal. Corfini zu Rom.
Mythoio- Ganz befonders eignete Guido’s Formenfprache fich für Darftellungen aus
im Louvre. dem claffifchen Alterthume. Sein »Raub der Helena« im Louvre zu Paris,
in Rom. deffen Wiederholung im Pal. Spada zu Rom nur theilweife eigenhändig ift,
gehört mit Recht zu feinen gefeiertften Werken. Der »Raub der Europa« in
m burgrs' der Petersburger Eremitagegalerie ift eine anmuthige, fchlichte Darftellung
diefes fchon bei den Künftlern des Alterthums felbft beliebten Gegenftandes.
Die Compofition der leicht über den Erdball dahinrollenden Glücksgöttin, deren
in Rom. Hauptexemplar die Accademia di S. Luca in Rom befitzt, gehört zu den
fchönften antikifirenden Erfindungen des fiebzehnten Jahrhunderts. Auch die
Darftellung des Bacchus und der Ariadne in der zuletzt genannten Sammlung
im Louvre, und die vier Scenen aus dem Heraklesmythos im Louvre zu Paris verdienen
in Dresden, ihren Ruf. Die ruhende Venus der Dresdner Galerie aber gehört zu den an-
ziehendften Darftellungen der fchönften Göttin überhaupt, wogegen der kleine
unanftändige, trefflich modellirte Bacchusjunge derfelben Sammlung zeigt, dafs
Guido gelegentlich auch einer derberen Anwandlung nachgab. Unzählige
Male endlich ift Guido’s Cleopatra theils von ihm felbft, theils von feinen
Schülern wiederholt und variirt worden. Die fchönften Exemplare befitzen
in Madrid! ^er Pal. Pitti in Florenz und die Madrider Galerie.
Guido als Auch als geiftvoller Radirer hat Guido fich ausgezeichnet; und wenn er
es auch nicht verfchmähte, zu feiner Uebung die Gemälde anderer Meifter
mit der Nadel nachzubilden, wie feine Radirung nach Ann. Carraci’s berühmtem
Dresdner St. Rochus-Bilde zu feinen gefchätzteften Blättern gehört, fo liegt
feine Hauptbedeutung auf diefem Gebiete doch in feinen Radirungen nach
eigenen Erfindungen. Befonders Madonnen und heilige Familien liebte er in
diefer Technik darzuftellen '), aber auch einige hübfche Amorettendarftellungen
und eine Reihe guter Bildniffe hat er radirt.

Köpfe des
dornen-
gekrönten
Chriftus,
in verfch.
Sammlungen

Altteftamen-
tarifche Bil-
der Guido’s
in London,

in Paris.
in Bologna,
in Genua,

1) Bartfeh a. a. O. XVIII, p. 278—288, No. 1 —13.
 
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