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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Editor]; Woermann, Karl [Editor]
Geschichte der Malerei (Band 3,1) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48521#0170
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Sechstes Buch. Erfter Abfchnitt.

die Bildniffe des Herzogs und feiner Gemahlin (jetzt im Privatbefitze zu Piacenza)
zu malen; aber feinen Wohnfitz behielt er in Cento; und von hier aus fchickte
der fruchtbare Künftler nun nach allen Himmelsgegenden die zahlreichen bib-
lifchen, hiftorifchen, mythologifchen oder den Dichtern entlehnten Bilder in die
Welt, welche den Stil feiner mittleren Jahre in vollfter Blüthe zeigen. Nur
wenige von ihnen können hier genannt werden. Die fchöne »Himmelfahrt
^elersburg1’ ^er Jungfrau<< von T^23 befindet fich in der Petersburger Eremitage; die in
demfelben Jahre entftandenen ausdrucksvollen und coloriftifch hoch bedeutenden
in Dresden, Bruftbilder der vier Evangeliflen gehören der Dresdner Galerie; das bekannte
im Pai. Exemplar feiner berühmten, 1631 entftandenen Darftellung des Todes der Dido
Spada, . o
im Pai. befindet fich im Pal. Spada, das 1633 gemalte Bild »David und Abigail« im
Barberini . .
zu Rom. Pal. Barberini zu Rom.

Seine letzte Erft im Jahre 1642 trat eine Wendung in Guercino’s Leben ein. Der
Periode. J -r
Ueberfiede- 51 jährige Meifter fiedelte in diefem fahre ganz nach Bologna über. Da
lung nach . . . -'S 6
Bologna. Guido Reni hier gerade geftorben war, kam er den dortigen Kunftjüngern

wie gerufen. Rafch von Schülern umringt, beherrfchte er hier noch faft

ein Vierteljahrhundert lang die Schule und fchuf noch eine lange Reihe
von Werken aus allen möglichen »hiftorifchen« Stoffgebieten. Auffallend
Sein letzter ift es jedoch, dafs fein Stil fich jetzt änderte und faft unvermerkt der
gröfseren Weichheit und Glätte Guidos näherte. In den erften Jahren
freilich blieb er, wie feine Darftellung des Cephalus an der Leiche der Procris

Bilder des-von 1644 in der Dresdner Galerie und feine beiden Bilder von 1645 in der-
felben in , .
Dresden, felben Sammlung, die »Diana« und die »Königin Semiramis, der ein Bote den

Ausbruch des Aufruhrs in Babylon meldet«, zeigen, bei der verfchmolzeneren

Pinfeiführung noch tief und warm im Colorit. Bald aber wurde er auch in
der Farbe kälter und bunter; und auch diefe Stil Wandlung ift deutlich in der
Dresdner Galerie zu ftudiren: fchon die Bilder von 1647, wie die Scenen aus

Guarini’s »Paftor Fido« und Marini’s »Adonis«, zeigen alle Merkmale der dritten
und letzten Art des Meifters; und die Darftellung Loths mit feinen Töchtern
von 1650 zeigt diefelbe auf dem Höhepunkt ihrer Entwickelung. Auch zahl-
reiche Aufträge auf grofse Altarbilder führte Guercino in diefer Zeit noch
aus. Ich erinnere nur an den liebenswürdigen hl. Bruno von 1647 in der Pina-
in Bologna, kothek und an den »hl. Thomas« von 1663 in der Sakriftei der Kirche S.
Domenico zu Bologna. Zu Dutzenden aber malte er jetzt noch jene lebensgrofsen
Halbfigurenbilder, wie die Privatbefteller fie liebten, theils gröfsere Scenen,
in Mailand, wie die Verftofsung der Hagar von 1657 in der Brera zu Mailand (Fig. 461),
theils Einzeigeftalten, wie jene Halbfiguren des hl. Johannes, des hl. Sebaftian,
denenstmm ^er Magdalena, der Judith, der Cleopatra, der Sibylle u. f. w., welche fich
lungen. jn den verfchiedenften Sammlungen Europas zerftreut finden. Auch der Land-
Guercino als fchaft war Guercino’s Phantafie zugewandt. Was er auf diefem Gebiete ge-
Landfchafts- ö ,
maier. wollt und empfunden, zeigen befonders feine Handzeichnungen, die wohl am
Zeichnungen, reichlichften in den englifchen Sammlungen vertreten find1); dafs er fich aber
Seme Radi- auch mit der Radirnadel verflicht, beweift z. B. fein hübfches Blatt des hl. An-
rungen. 7

i) Eigthy two Prints engraved by F. Bartolozzi, etc. from the original Drawings of Guercino
etc..- London. — Suite d’estampes d’apres des dessins de Fr. Barbieri von A. Bartfeh. Mannheim
1803—1807. — 15 Bl. Landfchaften, geftochen von G. Penna (J. Pesne).
 
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