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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Hrsg.]; Woermann, Karl [Hrsg.]
Geschichte der Malerei (Band 3,1) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48521#0201
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Die italienifche Malerei des 17. Jahrhunderts. D. Die neapolitanifche Malerei des 17. Jnhrh. I

ftellt fich den fchönEen ähnlichen LeiEungen der Bolognefen an die Seite und
erfreut zugleich durch einen individuell neapolitanifchen Zug, der untere Phantafie
gefangen nimmt. Uebrigens war Stanzioni ein vielfeitig, auch literarifch ge- Lebens-
bildeter Mann, der mit dem Gedanken umging, die Lebensbefchreibungen
feiner Landsleute, welche bei Vafari nur aufs dürftigfle behandelt waren, zu
fchreiben. Der Tod überrafchte ihn, ehe er fein Werk zu Ende geführt; aber
der fertig gewordene Theil des Manufcripts gehörte fpäter zu den Haupt-
quellen, aus denen Dominici feine »Vite« fchöpfte. Auf feine Schüler, unter Seiß^huler
denen Dom. Finoglia mit feiner DarEellung des hl. Bruno, der die Ordens- Finoglia-
regeln empfängt, im Neapeler Mufeum hervorragt, können wir nicht weiter
eingehen.
Auch Andrea Vaccaro (1598 —1670) r) war noch im 16. Jahrhundert ge- vtccaro
boren. Urfprünglich ein Schüler Girolamo Imparato’s (oben S. 15), warf er
fich bald ganz der Nachahmung Caravaggio’s in die Arme, bis Maffimo Stan- =ans-
zioni, mit dem er eine innige Freundfchaft fchlofs, ihn für die Bolognefen,
befonders für Guido Reni gewann. Durch alle diefe Einflüffe bildete er fich Sem StlL
fchliefslich feinen eigenen Stil, welcher die reifere Compofitionsweife und ele-
gantere Formengebung der Bolognefen mit echt neapolitanifcher, leidenfchaft-
licher, dunkler, aber einheitlicher Tonmalerei verband. Seine Gehalten find
oft von bedeutender, bei aller Glätte doch noch individuell belebter Schönheit;
in den Augen, welche er malt, blitzt ein tiefes, fchwarzes, Eidliches Feuer:
ihr Ausdruck giefst auch über religiöfe Vorgänge einen finnlichen Hauch
aus. Dabei iE fein Vortrag ziemlich verfchmolzen, und wenn es ihm auch
fchliefslich an jener gewiffen, Form und Inhalt aus einem Griffe geEal-
tenden, inneren Harmonie fehlt, welche das Kennzeichen wahrhaft grofser
MeiEer iE, fo gehört er doch immerhin zu den tüchtigEen neapolitanifchen
Malern des 17. Jahrhunderts. Die Kirchen Neapels find noch voll von feinen
Bildern. Zu den hervorragendEen gehört die DarEellung des Gekreuzigten NeaPels>
mit feinen Angehörigen in S. Trinitä de’ Pellegrini. Im Mufeum feiner Vater-Mufeum
Eadt zeichnet fich fein »bethlehemitifcher Kindermord« durch das edle Mafs

aus, mit dem er die Schreckensfcene darEellte. Mehr denn ein Dutzend Bilder
tragen feinen Namen im Madrider Mufeum, vier von ihnen, welche das Ende im Madrider
des Theatinerheiligen S. Cajetan darEellen, auch feinen Namenszug. Bezeich-
net find auch feine »Geifselung ChriEi« und feine deutlich von Guido beein-
flufste DarEellung des kleinen Heilands, welcher in den Armen des Johannes-
knaben fchläft, in der Münchner Pinakothek, fowie fein grofses anziehendes, in München,
bei bolognefifcher Formenglätte doch von neapolitanifchem Feuer durchglühtes
Gemälde des Heilandes, wie er nach feiner AuferEehung, von den ErlöEen
der Vorhölle umgeben, feiner Mutter Maria erfcheint, in der Dresdner Galerie. in Dresden.
Ihm am nächEen Eeht Fra Mattia Preli, il Cavalier Calabreje genannt, FrpretIiattia
obgleich er, 1613 in Calabrien geboren, ein halbes Menfchenalter jünger war.2)
Ueber Neapel ging er jung nach Rom, wo er fich unter der Leitung feines Stud^gan<r
Bruders Gregorio, eines unbedeutenden Malers, dem Studium der Bolognefen

1) Dominici a. a. D. III, p. 320—354.
2) Dominici a. a. O. III, p. 3—118.
 
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