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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Editor]; Woermann, Karl [Editor]
Geschichte der Malerei (Band 3,1) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48521#0238
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Sechstes Buch. Erfter Abfchnitt.

erft im Zufammenhang mit den Meiftern des 17. Jahrhunderts genannt. Auch
der tonangebende Meifter des neuen, eklektifchen Zeitalters in Venedig,
Jacopo Palma d. j., in der Regel im Gegenfatze zu feinem berühmten Grofs-
oTovHe. oheim Palma Vecchio (oben Bd. II, S. 729) kurzweg Palma Giovine genannt,
gehört, da er fchon 1544l) geboren war, mit dem gröfsten Theile feines
Lebens noch dem 16. Jahrhundert an. Allein er ftarb erft 1628; und gerade
feine Art der Verfchmelzung der Formengebung der Mittelitaliener mit der
Farbenfprache Venedigs fand in der Zukunft Beifall und Nachahmung. Der
Sein Leben. Herzog von Urbino nahm ihn, als er fünfzehn Jahre alt war, mit nach Rom,
wo er fich acht Jahre aufhielt und Raphael, Michelangelo und Polidoro da
Caravaggio ftudirte; als er als 23jähriger, fertiger Maler nach Venedig zurück-
Sein Stil, kehrte, erregte fein Stil hier folches Auffehen, dafs er bald mit Aufträgen
überfchüttet wurde und fich in Folge deffen leider zum Schnellmaler ent-
Seine Bilder wickelte. Die beften Bilder feiner früheren Zeit zeigen ihn als ungewöhnliches
Talent. In feinen fpäteren Bildern find oft noch aufserordentlich geiftvoll ge-
dachte Farbenpartien zu finden, im Ganzen aber wirken fie flau und lang-
in Venedig, weilig. Neben Tintoretto und Paolo Veronefe war er noch an der Neu-
decorirung des Dogenpalaftes thätig. Hier fieht man von feiner Hand z. B.
in der Sala del Senato ein Votivbild, in der Sala del maggior Configlio ein
Deckenbild, in der Sala dello Scrutinio die grofse, leere, doch in der Färbung
mit geiftreichen Stellen prunkende Darftellung des Weltgerichts. Zu feinen
beften Werken in Venedig gehört die Auferweckung des Lazarus in der
Abbazia (Fig. 477). Zahlreiche Durchfchnittsbilder feiner Hand befitzt die Aka-
demie diefer Stadt. Nördlich der Alpen ift er befonders reichlich in den älteren
in Wien, deutfchen Galerien vertreten, am beften in der kaif. Galerie zu Wien, die nicht
weniger als neun Bilder feiner Hand befitzt, von denen die mit feinem Namen
bezeichnete »Beweinung Chrifti« hervorgehoben fei, mit einigen charakterifti-
in München, fchen Bildern aber auch in der Münchener Pinakothek, in der Caffeler und
m Cafiel,
in Dresden, in der Dresdner Galerie. Die Darftellung des erften Tempelganges Mariae
in diefer letzteren Sammlung ift ein grofses Ceremonienbild, an dem man
Palma Giovine’s Verfchmelzungsprincip der verfchiedenen Stile vortrefflich
ftudiren kann, wogegen fein heiliger Sebaftian dafelbft fich durch einen
weichen, verführerifchen, leuchtenden Farbenfchmelz auszeichnet. Zu ähnlichen
Refultaten wie er kamen Andrea Michteli Vicentmo'*'} (1 539—1614), der eben-
falls mit im Dogenpalaft thätig war (Empfang Heinrichs III. in der Sala delle
Contarini T-Wtro Porte), und Giovanni Contarini (1549—1605), der fich in feiner früheren
Zeit noch eng an Tizian anfchlofs, fpäter aber zur Nachahmung Palma Gio-
vine’s überging. Von Contarini’s Bland fieht man manche Bilder in den vene-
zianifchen Kirchen3), fieht man ein Votivbild des Dogen Grimani und eine
Darftellung der Schlacht bei Verona in der Sala delle quattro Porte des
Dogenpalaftes, fieht man ein fchönes männliches Bildnifs in der Akademie zu
Venedig; aber auch die kaif. Galerie zu Wien befitzt ein mit feiner Namens-
infchrift verfehenes Gemälde feiner Hand, welches die Taufe Chrifti darftellt.
1) Carlo Ridolfi, a. a. O. II, p 173—205.
2) {Federtet} Memorie Trevigiane, Venezia 1803, II, p. 61.
3) Vgk {Zanetti) Della pittura Veneziana, Venezia 1771, p. 357—358.
 
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