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Sechstes Buch. Erfter Abfchnitt.
in der Dresdner Galerie zur Genüge beweifen, zwar nicht zu den feinden,
aber doch zu den frifcheften Venezianern des 17. Jahrhunderts gehört,
Ca?p^one. während fein Landsmann Giulio Carpione —1674), welcher phäntaftifche
mythologifche Wundergefchichten zu figurenreichen kleineren Darftellungen zu
verarbeiten liebt, zwar anfchaulich und lebendig zu erzählen weifs, leider aber
in den Formen, in den Bewegungsmotiven und vor Allem in der Farbengebung,
befonders in der Fleifchmodellirung mit grünlichen und röthlichen Tönen, bei
aller Sorgfalt feiner Pinfeiführung doch zu den manierirteften der Manieriflen
gehört. Auch ihn kann man in Dresden vortrefflich kennen lernen. Den
Uebergang in’s achtzehnte Jahrhundert bilden dann fchon Meifter wie Andrea
CeUftL von Venedig (1637—1706), der ausladende Formen und ftarke Be-
wegungen mit einem eigenartigen, nicht unfympathifchen, wenngleich mehr
helldunklen, als fchönfarbigen Colorit zu verbinden und in fehr vernehmlichem
BeUucci Ton zu erzählen verftand; wie Antonio Belucci, aus dem Trevifanifchen, (1654
bis 1726) '), der fich ebenfalls einen eigenen, formenreinen und farbenweichen,
duftigfüfsen, faft wollüftigen und doch nicht undecorativen Stil, wie er dem
18. Jahrhundert zufagte, bildete und theils in Venedig, theils in England, theils
in Deutfchland thätig war, wo er eine Zeitlang im Dienfte des Kaifers Jo-
fephs I. in Wien ftand, eine Zeitlang am Hofe des Kurfürften Johann Wilhelm
von der Pfalz in Düffeldorf arbeitete und zu den gefchätzteften Meiftern feiner
Fr.Trevifani. Zeit gehörte; wie fein Landsmann Francesco Trevifani (1656—'174b)1 2), ein viel-
seitiger Eklektiker, der, wie fchon feine Bilder in der Dresdner Galerie zeigen,
abfichtlich im Stile verfchiedener Meifter des 17. Jahrhunderts zu malen Richte,
Seb. Ricci, übrigens nur vorübergehend in Venedig war und in Rom ftarb; wie Seb. Ricci
von Belluno (1660—1734), der aufser in Venedig auch in Mailand bei dem
Genuefen Aleff. Magnasco (oben S. 225) lernte, diefem die flotte, kühne Breite
der Pinfeiführung und die gefchickte Berechnung einer auffallenden Gefammt-
wirkung abfah, übrigens, wie z. B. feine grofse Himmelfahrt Chrifti in der
Dresdner Galerie von 1702 zeigt, ein arger Manierift in der Formengebung
und den Bewegungsmotiven war und fich trotzdem einen gewiffen venezia-
nifchen Grundton, felbft im Colorit, zu retten wufste.
Als Schüler diefes Meifters mögen der Decorationsmaler Gajparo Diziani
GafpJDiziani. von Bologna, welcher 1767 in Venedig ftarb, aber auch in Dresden Theater-
decorationen gemalt hatte und in der Dresdner Galerie mit einem breit hin-
geftrichenen Caricaturbilde vertreten ift, und der Landfchaftsmaler und Radirer
Marco Ricci. Marco Ricci von Belluno3) (1679—1729), Sebaftiano’s Neffe, deffen breiten, fahrigen
etwas fchweren und rohen, aber ftets effectvollen und decorativ anfprechenden
Stil man am beften in feinen zehn grofsen Landfchaften der Dresdner Galerie
kennen lernen kann, fchon hier genannt fein, zumal da ihre Art, befonders
diejenige Marco’s, durch Seb. Ricci auf Aleff. Magnasco zurückgeht und
daher, wie die von Salv. Rofa beeinflufste Manier dieles Meifters, fich ganz
innerhalb der italienifchen Eigenart bewegt.
1) (Federici) Memorie trevigiane, II, p. 121 —122.
2) {Federici) a. a. O. II, p. 127—128.
3) Zwanzig flotte Landfchaftsradirungen feiner Hand erfchienen 1730 unter dem Titel: Varia
Marei Ricci etc. experimenta etc. in Venedig.
Sechstes Buch. Erfter Abfchnitt.
in der Dresdner Galerie zur Genüge beweifen, zwar nicht zu den feinden,
aber doch zu den frifcheften Venezianern des 17. Jahrhunderts gehört,
Ca?p^one. während fein Landsmann Giulio Carpione —1674), welcher phäntaftifche
mythologifche Wundergefchichten zu figurenreichen kleineren Darftellungen zu
verarbeiten liebt, zwar anfchaulich und lebendig zu erzählen weifs, leider aber
in den Formen, in den Bewegungsmotiven und vor Allem in der Farbengebung,
befonders in der Fleifchmodellirung mit grünlichen und röthlichen Tönen, bei
aller Sorgfalt feiner Pinfeiführung doch zu den manierirteften der Manieriflen
gehört. Auch ihn kann man in Dresden vortrefflich kennen lernen. Den
Uebergang in’s achtzehnte Jahrhundert bilden dann fchon Meifter wie Andrea
CeUftL von Venedig (1637—1706), der ausladende Formen und ftarke Be-
wegungen mit einem eigenartigen, nicht unfympathifchen, wenngleich mehr
helldunklen, als fchönfarbigen Colorit zu verbinden und in fehr vernehmlichem
BeUucci Ton zu erzählen verftand; wie Antonio Belucci, aus dem Trevifanifchen, (1654
bis 1726) '), der fich ebenfalls einen eigenen, formenreinen und farbenweichen,
duftigfüfsen, faft wollüftigen und doch nicht undecorativen Stil, wie er dem
18. Jahrhundert zufagte, bildete und theils in Venedig, theils in England, theils
in Deutfchland thätig war, wo er eine Zeitlang im Dienfte des Kaifers Jo-
fephs I. in Wien ftand, eine Zeitlang am Hofe des Kurfürften Johann Wilhelm
von der Pfalz in Düffeldorf arbeitete und zu den gefchätzteften Meiftern feiner
Fr.Trevifani. Zeit gehörte; wie fein Landsmann Francesco Trevifani (1656—'174b)1 2), ein viel-
seitiger Eklektiker, der, wie fchon feine Bilder in der Dresdner Galerie zeigen,
abfichtlich im Stile verfchiedener Meifter des 17. Jahrhunderts zu malen Richte,
Seb. Ricci, übrigens nur vorübergehend in Venedig war und in Rom ftarb; wie Seb. Ricci
von Belluno (1660—1734), der aufser in Venedig auch in Mailand bei dem
Genuefen Aleff. Magnasco (oben S. 225) lernte, diefem die flotte, kühne Breite
der Pinfeiführung und die gefchickte Berechnung einer auffallenden Gefammt-
wirkung abfah, übrigens, wie z. B. feine grofse Himmelfahrt Chrifti in der
Dresdner Galerie von 1702 zeigt, ein arger Manierift in der Formengebung
und den Bewegungsmotiven war und fich trotzdem einen gewiffen venezia-
nifchen Grundton, felbft im Colorit, zu retten wufste.
Als Schüler diefes Meifters mögen der Decorationsmaler Gajparo Diziani
GafpJDiziani. von Bologna, welcher 1767 in Venedig ftarb, aber auch in Dresden Theater-
decorationen gemalt hatte und in der Dresdner Galerie mit einem breit hin-
geftrichenen Caricaturbilde vertreten ift, und der Landfchaftsmaler und Radirer
Marco Ricci. Marco Ricci von Belluno3) (1679—1729), Sebaftiano’s Neffe, deffen breiten, fahrigen
etwas fchweren und rohen, aber ftets effectvollen und decorativ anfprechenden
Stil man am beften in feinen zehn grofsen Landfchaften der Dresdner Galerie
kennen lernen kann, fchon hier genannt fein, zumal da ihre Art, befonders
diejenige Marco’s, durch Seb. Ricci auf Aleff. Magnasco zurückgeht und
daher, wie die von Salv. Rofa beeinflufste Manier dieles Meifters, fich ganz
innerhalb der italienifchen Eigenart bewegt.
1) (Federici) Memorie trevigiane, II, p. 121 —122.
2) {Federici) a. a. O. II, p. 127—128.
3) Zwanzig flotte Landfchaftsradirungen feiner Hand erfchienen 1730 unter dem Titel: Varia
Marei Ricci etc. experimenta etc. in Venedig.