Die italien. Malerei des 17. Jahrh. F. Die übrigen Schulen Oberitaliens. Die Malerei in Rom. 23 I
In ganz anderer, aber ebenfalls einheimifcher Art arbeitete Luca Carlevaris CaJjevaris.
von Udine (1665 — 1731) i), der als Profpectenmaler und Radirer gefeiert wurde.
Er tritt uns in feinen venezianifchen Veduten und anderen Küftenbildern als der
directe Vorläufer der Canaletti entgegen, der wirklich grofsen venezianifchen
Vedutenmaler des folgenden Jahrhunderts; und wenn er, mit ihnen verglichen,
auch noch hart und bunt erfcheint, fo dürfen feine Darftellungen mit ihrer frifchen
Naturauffaffung, ihrer klaren Perfpective, ihrer reichen, farbigen Staffage doch in
manchen Hinfichten als bahnbrechende Arbeiten angefehen werden. Gut vertreten
ift er z. B. im Berliner Mufeum und in der Dresdner Galerie. Diefe letztere
Sammlung genügt überhaupt, um fich nördlich der Alpen von allen diefen
genannten Meiftern eine Vorftellung zu bilden. Für einige von ihnen kommen die
kaif. Galerie zu Wien und die Münchener Pinakothek hinzu. Auf die hauptfächlich
architektonifchen Wand- und Deckenprofpectenmaler, wie Francesco Aviani von F^Jia(Jc0
Vicenza, dem Carpione gelegentlich die Figuren in Staffeleibilder hineinfetzte,
wie Tommajo Sandrini (1575—1630), Ottavio Viviani (geb. 1579) und deffen sandTinü
Bruder Stefano Viviani (geb. 1581, noch am Leben 165i)1 2), die alle drei' in
Brescia zu Haufe waren, können wir nicht eingehen. Malten Meifter diefes 7cefano
Schlages einmal Staffeleibilder, fo waren es in der Regel Zufammenfte'llungen
von Prachtgebäuden oder Säulenruinen mit landfchaftlichen Ferneblicken und
Staffagefiguren, die von anderer Hand hineingefetzt wurden. Um ihre
Authenticität zu beurtheilen, fehlt es bei der grofsen Anzahl ähnlicher
italienifcher Meifter jener Tage in der Regel in diefem Fache leider an dem
Ausgangspunkte bezeichneter oder fonft beglaubigter Werke.
Zum Befchluffe unferer Betrachtung der italienifchen Malerei des 17. Jahr- Die Malerei
.... r r J Roms im 17
hunderts müffen wir einen Blick auf Rom werfen Da Rom nach wie vor, Jahrh.
und in diefem Zeitraum unter Päpften, wie Paul V. (1605—1621), Gregor XV.
(1621—23), Urban VIII. (1623 — 1644) und Alexander VII. (1655—1667) mehr
als je den Mittelpunkt des italienifchen Kunftlebens bildete, fo erfcheint es
beim erften Blick auffallend, dafs wir für die römifche Malerei des 17. Jahr-
hunderts nur einen kurzen Anhang übrig haben. Indeffen erklärt fich diefe
Thatfache leicht von felbft. In Rom ftrömten zahlreicher, als ie vorher, die , .Rom als
J ’ Mittelpunkt
Künftler ganz Italiens, ja, ganz Europas zufammen, um die grofsen alten des Kunii-
Meifter zu ftudiren, um die fchönen lebenden Modelle zu benutzen, um fich in
die herrliche Landfchaft der Umgebung zu vertiefen, vor allen Dingen aber
um einen der Aufträge zu erhalten, die hier von der geiftlichen und weltlichen
Ariftokratie noch immer mit verfchwenderifcher Hand ausgetheilt wurden, oder
auch nur um in der vornehmen und ruhigen Künftleratmofphäre der ewigen
Stadt, ferne von den Sorgen der Heimath, zu arbeiten. In welchem Mafse A"sllTdifche
diefes der Fall war, wird uns durch die Betrachtung der Malerei der übrigen Rom-
Länder noch deutlicher werden, als jetzt, nachdem wir nur erft die italienifche
Malerei diefes Zeitraums kennen gelernt haben; denn wir werden nicht nur
fehen, dafs faft alle nach grofsem Stil ftrebenden Figurenmaler und fogar viele
1) Nach handfchrftl. Notizen bei Nagler, Künftlerlexikon II, (1835) S. 364.
2) Stefano Fenaroli, Dizionario degli artifti Bresciani. Brescia 1877. p. 227, 235, 236.
In ganz anderer, aber ebenfalls einheimifcher Art arbeitete Luca Carlevaris CaJjevaris.
von Udine (1665 — 1731) i), der als Profpectenmaler und Radirer gefeiert wurde.
Er tritt uns in feinen venezianifchen Veduten und anderen Küftenbildern als der
directe Vorläufer der Canaletti entgegen, der wirklich grofsen venezianifchen
Vedutenmaler des folgenden Jahrhunderts; und wenn er, mit ihnen verglichen,
auch noch hart und bunt erfcheint, fo dürfen feine Darftellungen mit ihrer frifchen
Naturauffaffung, ihrer klaren Perfpective, ihrer reichen, farbigen Staffage doch in
manchen Hinfichten als bahnbrechende Arbeiten angefehen werden. Gut vertreten
ift er z. B. im Berliner Mufeum und in der Dresdner Galerie. Diefe letztere
Sammlung genügt überhaupt, um fich nördlich der Alpen von allen diefen
genannten Meiftern eine Vorftellung zu bilden. Für einige von ihnen kommen die
kaif. Galerie zu Wien und die Münchener Pinakothek hinzu. Auf die hauptfächlich
architektonifchen Wand- und Deckenprofpectenmaler, wie Francesco Aviani von F^Jia(Jc0
Vicenza, dem Carpione gelegentlich die Figuren in Staffeleibilder hineinfetzte,
wie Tommajo Sandrini (1575—1630), Ottavio Viviani (geb. 1579) und deffen sandTinü
Bruder Stefano Viviani (geb. 1581, noch am Leben 165i)1 2), die alle drei' in
Brescia zu Haufe waren, können wir nicht eingehen. Malten Meifter diefes 7cefano
Schlages einmal Staffeleibilder, fo waren es in der Regel Zufammenfte'llungen
von Prachtgebäuden oder Säulenruinen mit landfchaftlichen Ferneblicken und
Staffagefiguren, die von anderer Hand hineingefetzt wurden. Um ihre
Authenticität zu beurtheilen, fehlt es bei der grofsen Anzahl ähnlicher
italienifcher Meifter jener Tage in der Regel in diefem Fache leider an dem
Ausgangspunkte bezeichneter oder fonft beglaubigter Werke.
Zum Befchluffe unferer Betrachtung der italienifchen Malerei des 17. Jahr- Die Malerei
.... r r J Roms im 17
hunderts müffen wir einen Blick auf Rom werfen Da Rom nach wie vor, Jahrh.
und in diefem Zeitraum unter Päpften, wie Paul V. (1605—1621), Gregor XV.
(1621—23), Urban VIII. (1623 — 1644) und Alexander VII. (1655—1667) mehr
als je den Mittelpunkt des italienifchen Kunftlebens bildete, fo erfcheint es
beim erften Blick auffallend, dafs wir für die römifche Malerei des 17. Jahr-
hunderts nur einen kurzen Anhang übrig haben. Indeffen erklärt fich diefe
Thatfache leicht von felbft. In Rom ftrömten zahlreicher, als ie vorher, die , .Rom als
J ’ Mittelpunkt
Künftler ganz Italiens, ja, ganz Europas zufammen, um die grofsen alten des Kunii-
Meifter zu ftudiren, um die fchönen lebenden Modelle zu benutzen, um fich in
die herrliche Landfchaft der Umgebung zu vertiefen, vor allen Dingen aber
um einen der Aufträge zu erhalten, die hier von der geiftlichen und weltlichen
Ariftokratie noch immer mit verfchwenderifcher Hand ausgetheilt wurden, oder
auch nur um in der vornehmen und ruhigen Künftleratmofphäre der ewigen
Stadt, ferne von den Sorgen der Heimath, zu arbeiten. In welchem Mafse A"sllTdifche
diefes der Fall war, wird uns durch die Betrachtung der Malerei der übrigen Rom-
Länder noch deutlicher werden, als jetzt, nachdem wir nur erft die italienifche
Malerei diefes Zeitraums kennen gelernt haben; denn wir werden nicht nur
fehen, dafs faft alle nach grofsem Stil ftrebenden Figurenmaler und fogar viele
1) Nach handfchrftl. Notizen bei Nagler, Künftlerlexikon II, (1835) S. 364.
2) Stefano Fenaroli, Dizionario degli artifti Bresciani. Brescia 1877. p. 227, 235, 236.