Die fpanifche Malerei des 17. Jahrh. C. Die Madrider Schule neben und nach Velazquez. 273
zweiter alter Meifter; und in der That hat der Realismus fich durch ihn für
alle Zeiten als eine jeder anderen Auffaffung ebenbürtige, als eine vornehme,
in ihrer Art auch der feinften Regungen fähige Kunftrichtung erwiefen. Darin
liegt feine Bedeutung. Die Einfeitigkeit feiner Auffaffung braucht man deshalb
nicht zu verkennen. Wenn es neben der feinen keine anderen, idealeren, ge-
müthswärmeren Richtungen gäbe, würde die Kunft allerdings nur die Hälfte
ihrer hohen Aufgaben erfüllen. Neben den anderen ift feine Schule aber voll-
berechtigt; und von feinen technifchen Errungenfchaften konnten und können
alle übrigen Schulen lernen.
C. Die Madrider Schule neben und nach Velazquez.1)
Velazquez war als Maler und »Apofentador« viel zu befchäftigt im Hof- vse^^z’
dienfte, als dafs er Zeit gehabt hätte, eine grofse Schule zu bilden. Als einen
feiner Schüler, der die kräftigen Volksfcenen der früheren Zeit des Meifters
gefchickt nachgeahmt habe, nennt Bermudez einen gewiffen Antonio Puga (um Ant. Puga,
1653), dem in der Petersburger Eremitage die lebenswahre Darftellung eines
mit zwei Jägern und einer Frau gruppirten Scheerenfchleifers zugefchrieben
wird — möglicherweife mit Recht. Sonft ift nichts von diefem Meifter bekannt.
Von Juan de la Corte (geb. 1597 zu Madrid, geft. dafelbft 1660) würden wir, c’e la
nach Palominos Bericht zu fchliefsen, wahrfcheinlich einen günftigen Eindruck
als Schlachtenmaler gewinnen, wenn feine Hauptwerke, die fich im Buenretiro-
Palafte befanden, nicht untergegangen wären. Don Juan de Alfaro y Gamez, Do(jf{aanyde
(geb. zu Cordova 1640. geft. in Madrid 1680) und Don Nicolas de Villacis Gamez
. J . Don Nicolas
(geft. 1690 in feiner Vaterftadt Murcia) aber fcheinen mehr vielfeitige Dilettanten, de Villacis,
die der Ruf des Velazquez nach Madrid zog, als vollgültige Künftler gewefen
zu fein. Es bleiben daher nur zwei Schüler des Velazquez etwas eingehender
zu befprechen, welche wohl gerade nur deshalb ernftlich bei ihm lernen konnten,
weil fie in nahen perfönlichen Beziehungen zu ihm ftanden. Der eine von ihnen,
Juan de Pareja, war fein Sklave gewefen, der andere, Juan Baut. Martinez
del Mazo, war fein Schwiegerfohn. Juan de Pareja wurde um 1606 zu Sevilla laieja'
geboren, folgte feinem Herrn nach Madrid, lernte heimlich in deffen Atelier
mit dem Pinfel und den Farben umgehen, erhielt durch die Vermittelung des
Königs die Freiheit, als er es einzurichten wufste, dafs diefer und Velazquez
zugleich ein Bild entdeckten, welches er gemalt hatte, blieb aber auch als
Freigelaffener im Dienfte des Velazquez und ftarb 1670 zu Madrid. Zu feiner
Beurtheilung find wir befonders auf das grofse Gemälde des Madrider Mufeums
angewiefen, welches die Berufung des Apoftels Matthäus in einer reichen, von
einem vornehm ausgeftatteten Zöllnergemache umrahmten, aus vierzehn ganzen,
lebensgrofsen Figuren beftehenden Compofition darftellt (Fig. 491). Die Gruppi-
rung ift trotz des äufserften Realismus der Einzeigeftalten wohl überlegt und
keineswegs unedel; die Färbung iE warm und kräftig, die Pinfeiführung keck
und breit, in der Art der mittleren Zeit des Velazquez. Wenn das Bild uns auch
l) Die Literatur zu diefem Capitel ift die bereits angeführte. Vergl. oben S. 36 Anm. 1 und
S. 237 Anm. 1.
Gefchichte d. Malerei. III.
zweiter alter Meifter; und in der That hat der Realismus fich durch ihn für
alle Zeiten als eine jeder anderen Auffaffung ebenbürtige, als eine vornehme,
in ihrer Art auch der feinften Regungen fähige Kunftrichtung erwiefen. Darin
liegt feine Bedeutung. Die Einfeitigkeit feiner Auffaffung braucht man deshalb
nicht zu verkennen. Wenn es neben der feinen keine anderen, idealeren, ge-
müthswärmeren Richtungen gäbe, würde die Kunft allerdings nur die Hälfte
ihrer hohen Aufgaben erfüllen. Neben den anderen ift feine Schule aber voll-
berechtigt; und von feinen technifchen Errungenfchaften konnten und können
alle übrigen Schulen lernen.
C. Die Madrider Schule neben und nach Velazquez.1)
Velazquez war als Maler und »Apofentador« viel zu befchäftigt im Hof- vse^^z’
dienfte, als dafs er Zeit gehabt hätte, eine grofse Schule zu bilden. Als einen
feiner Schüler, der die kräftigen Volksfcenen der früheren Zeit des Meifters
gefchickt nachgeahmt habe, nennt Bermudez einen gewiffen Antonio Puga (um Ant. Puga,
1653), dem in der Petersburger Eremitage die lebenswahre Darftellung eines
mit zwei Jägern und einer Frau gruppirten Scheerenfchleifers zugefchrieben
wird — möglicherweife mit Recht. Sonft ift nichts von diefem Meifter bekannt.
Von Juan de la Corte (geb. 1597 zu Madrid, geft. dafelbft 1660) würden wir, c’e la
nach Palominos Bericht zu fchliefsen, wahrfcheinlich einen günftigen Eindruck
als Schlachtenmaler gewinnen, wenn feine Hauptwerke, die fich im Buenretiro-
Palafte befanden, nicht untergegangen wären. Don Juan de Alfaro y Gamez, Do(jf{aanyde
(geb. zu Cordova 1640. geft. in Madrid 1680) und Don Nicolas de Villacis Gamez
. J . Don Nicolas
(geft. 1690 in feiner Vaterftadt Murcia) aber fcheinen mehr vielfeitige Dilettanten, de Villacis,
die der Ruf des Velazquez nach Madrid zog, als vollgültige Künftler gewefen
zu fein. Es bleiben daher nur zwei Schüler des Velazquez etwas eingehender
zu befprechen, welche wohl gerade nur deshalb ernftlich bei ihm lernen konnten,
weil fie in nahen perfönlichen Beziehungen zu ihm ftanden. Der eine von ihnen,
Juan de Pareja, war fein Sklave gewefen, der andere, Juan Baut. Martinez
del Mazo, war fein Schwiegerfohn. Juan de Pareja wurde um 1606 zu Sevilla laieja'
geboren, folgte feinem Herrn nach Madrid, lernte heimlich in deffen Atelier
mit dem Pinfel und den Farben umgehen, erhielt durch die Vermittelung des
Königs die Freiheit, als er es einzurichten wufste, dafs diefer und Velazquez
zugleich ein Bild entdeckten, welches er gemalt hatte, blieb aber auch als
Freigelaffener im Dienfte des Velazquez und ftarb 1670 zu Madrid. Zu feiner
Beurtheilung find wir befonders auf das grofse Gemälde des Madrider Mufeums
angewiefen, welches die Berufung des Apoftels Matthäus in einer reichen, von
einem vornehm ausgeftatteten Zöllnergemache umrahmten, aus vierzehn ganzen,
lebensgrofsen Figuren beftehenden Compofition darftellt (Fig. 491). Die Gruppi-
rung ift trotz des äufserften Realismus der Einzeigeftalten wohl überlegt und
keineswegs unedel; die Färbung iE warm und kräftig, die Pinfeiführung keck
und breit, in der Art der mittleren Zeit des Velazquez. Wenn das Bild uns auch
l) Die Literatur zu diefem Capitel ift die bereits angeführte. Vergl. oben S. 36 Anm. 1 und
S. 237 Anm. 1.
Gefchichte d. Malerei. III.