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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Editor]; Woermann, Karl [Editor]
Geschichte der Malerei (Band 3,1) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48521#0292
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Sechstes Buch. Zweiter Abfchnitt.

Arltano. elf derartige Gemälde in derfelben Sammlung befinden, und Jose de Arellano,
wahrfcheinlich ein Sohn Juans, der mit zwei bezeichneten Blumenvafen - Dar-
ftellungen dafelbft vertreten ift.
Schlachten- Endlich mufs der Capitän (El Capitano) Juan de Toledo (geb. zu Lorca
d^Tokdo. 161 L zu Madrid 1665) erwähnt werden, ein Meifter, der in Rom Schüler
Michelangelo Cerquozzi’s (flehe oben S. 233) gewefen war und deffen Stil etwas
verblafen in der Zeichnung, aber nicht verblüfft im Colorit in Spanien weiter
bildete. Das Madrider Mufeum befitzt drei Schlachtenbilder feiner Hand.

D. Murillo. 9
VeUzquezd Es war ein befonderes Glück für die fpanifche Kunft des fiebzehnten
Jahrhunderts, dafs ihre beiden eigenften Richtungen, der geiftvolle Realismus
und der begeifterte religiöfe Idealismus durch Meifter erften Ranges zur höchften
Vollendung emporgeführt wurden. Haben wir in Velazquez den unübertroffenen
Techniker kennen gelernt, welcher den natürlichen Dingen bei der fchlichteften
Wahrheitsliebe den malerifchften Reiz abzugewinnen wufste, fo tritt uns in
Murillo der unerreichte Darfteller der inbrünftigen Andacht, der göttlichen
Wundererfcheinungen und der himmlifchen Herrlichkeit entgegen; und da die
Mehrzahl der empfänglichen Menfchheit durch die Kunft zugleich ihr ideales Be-
^-öfsere dürfnifs befriedigt fehen will, fo ift Murillo gerade feines Idealismus wegen von
Popularität. jefoer populärer gewefen, als Velazquez, der Liebling verwöhnterer und nüch-
ternerer Kenner. In weiteren Kreifen gilt Murillo immer noch als der gröfste
fpanifche Maler, ja mit Recht als einer der gröfsten Künftler, welche die Erde
Idealismus erzeugt hat. Sein fchwärmerifcher religiöfer Idealismus allein würde ihm diefe
Stellung gleichwohl kaum errungen haben; das Hauptgeheimnifs feines Erfolges
ReauTmus liegt in der Kühnheit und Ungezwungenheit, mit denen er die realiftifchfte, fpa-
nifch-volksthümlichfte Formenauffaffung feiner glühendften feelifchen Begeifterung
dienftbar zu machen weifs; ja, wie fchlicht realiftifch auch er zuweilen empfindet,
zeigt er in einer ganzen Reihe von Sittenbildern aus dem Volksleben, die
nichts weiter fein wollen, als folche. Zwifchen ihnen und den »Concepciones«,
jenen leuchtenden Darftellungen der unbefleckt Empfangenen und unbefleckt
Empfangenden, welche in feligfter, hingebendfter Verzückung in der Engelglorie
über Wolken auf dem Halbmonde fleht, liegt fcheinbar eine ganze Welt; für
Die Stufen- Murillo aber ift diefe Welt nur eine Stufenleiter, auf der er jede Stufe mit
Stoffe, einer köftlichen Darftellung bezeichnet hat; und bei Lichte befehen ift der
Abftand zwifchen der erften und der letzten diefer Stufen gar nicht einmal fo
gewaltig, wie es beim erften Anblicke fcheint; denn einerfeits hat Murillo ihrer
felbft willen, als Volksbilder, doch faft niemals alte, häfsliche, von gemeinen
Leidenfchaften verzehrte Individuen, fondern nur anmuthige Knaben und
1) Antonio Palomino Velasco a. a. O. Vol. II, 1723, p. 420—424- — Cean Sermudez a. a
O. II, 1800, p. 48—65. — W. Stirling, a. a. O. II, 1848, p. 825—92^- — -D. Franc. M. Tubino.
Murillo, su Epoca, su vida, sus cuadros, Sevilla 1864. — P. Lefort in der Gaz. dej Beaux Arts
1875 T. XI, pp. 35, 176 und 315, T. XII, p. 264. — H. Lücke in Dohme's Kunft und Künftler.
— Ch. B. Curtis in Velazquez and Murillo, London 1883, p. 113—3IS- Der Abfchnitt über
Murillo in diefem Werke ift kritifcher gehalten, als derjenige über Velazquez.
 
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