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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Editor]; Woermann, Karl [Editor]
Geschichte der Malerei (Band 3,1) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48521#0306
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294

Sechstes Buch. Zweiter Abfchnitt.

Fernere Con- hält, gehört zu den fchönften Darftellungen diefer Art. Von den »Concepciones«
bilder Jes Meifters aber kommen, aufser den fchon genannten, und einem Prachtbilde
in St. Peters- der Petersburger Eremitage, hauptfächlich noch einige im Madrider Mufeum
bürg,
in Madrid, in Betracht. Zu den fchönften gehört vor allen Dingen die unter No. 878 ver-
zeichnete, welche fich nicht nur durch den ruhigen Flufs ihrer Gewandung und
die anmuthige Abrundung der Compofition, fondern auch durch die vornehme
Andacht ihrer Haltung und die fchlichte, wahre Innigkeit im Ausdrucke ihres
gen Himmel blickenden Antlitzes auszeichnet (Fig. 499). Was Goethe meinte,
als er fchrieb: »Das Ewig-Weiblich zieht uns hinan«, klingt uns vernehmlich
und überzeugend aus allen dielen Concepcionsbildern Murillos entgegen.
MuHiiOj Um aber zu dem feilen Boden unterer Erde zurückzukehren, gedenken
fchafter. wir zum Schluffe kurz der Leitungen Murillo’s auf dem Gebiete der Landfchafts-
malerei. Es heifst, urfprünglich habe fein Schüler Iriarte die landfchaftlichen
Hintergründe feiner Bilder, gemalt,1) Murillo habe fich mit diefem aber, gerade
als er eine Reihe von Gemälden mit faft vorherrfchender Landfchaft auszuführen
gehabt, überworfen, fich alsdann felbft in diefem Fache verfucht und erkannt,
dafs er der Beihülfe des Iriarte nicht bedürfe. Als eine der Früchte der
erften Verfuche Murillos auf diefem Gebiete gilt die Landfchaft mit der Be-
beimüuke of gegnung Jakobs und Labans beim Duke of Weftminfter in Grosvenor House
Weftminfter ~ . .... T,.. r . .. .
in London, zu London. Die Scene geht in einem mit prächtigen Baumen gelchmuckten,
aber von hellen, kahlen Gebirgen begrenzten Flufsthale vor fich; die grofs auf-
gefafste Landfchaft wirkt befonders durch helle Sonnenblicke und ift weich und
breit durchgeführt; aber weder die Auffaffung noch die Ausführung gehen über
den decorativen Charakter hinaus, wie ihn die grofsen Figurenmaler in der Regel
im Madrider unwillkürlich der Landfchaft andichten. Uebrigens befitzt das Madrider Mufeum
zwei ähnlich aufgefafste und ausgeführte Landfchaften, welche Murillo wohl mit
Recht zugefchrieben werden.
Schiufs. Murillo war, wie alle Spanier, in erfter Linie Figurenmaler; und je leiden-
fchaftlicher er es fich angelegen fein liefs, überirdifche Empfindungen und
Stimmungen in dem menfchlichen Antlitz, befonders in dem menfchlichen Auge
fich widerfpiegeln zu laffen, je überzeugter er von der Berufung des Menfchen
zur Theilnahme an der himmlifchen Herrlichkeit war, um fo weniger konnte es
ihm einfallen, die unbefeelte Landfchaft als folche mit dem Widerfcheine über-
irdifcher Seligkeit auszuftatten.

E. Murillo’s Schüler und Zeitgenoffen in Sevilla. Die Schule
von Valencia.2)

Muriiio’s Die grofsartige künftlerifche Kraft und die ausgeprägt andalufifche Eigenart
Murillo’s verfchafften ihm rafch einen groisen Kreis von Schülern und Anhängern.
Sein Einflufs war in Sevilla fo allmächtig, dafs felbft feine ausgefprochenen Neben-
buhler fich demfelben nicht ganz entziehen konnten, dafs feine Schüler und

1) Palomino a. a. O. p. 424.
2) Die Literatur flehe oben S. 239 Anm. 1. — Ueber Murillo’s Schüler und Nachahmer nach
Curtis a. a. O. p. 331—352; 7'ubino a. a. O.
 
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