Die franz. Malerei des 17. Jahrh. A. Die franz. Realiften in der erften Hälfte desJahrh. u. S.Vouet. 3 I I
fpäteftens 1634 geftorben und früheftens 1591 geboren und dafs er daher kaum
alt genug gewefen, um noch ein perfönlicher Schüler Caravaggio’s, der Rom
1606 verlaffen (vgl. oben, S. 173) hatte, in der ewigen Stadt gewefen fein zu
können.
Um fo verwundernswerther bleibt es, wie vollkommen der franzöfifche ^itni^zL
Künftler durch das Studium der Gemälde des Meifters feiner Wahl auf deffen Caravaggio.
Abfichten eingehen lernte. In der That zeigen Valentins Gemälde diefelbe Sein Stil-
plaftifche, manchmal zu metallifcher Glätte gefteigerte Schärfe der Modellirung,
diefelben grell, man weifs nicht immer woher einfallenden Lichter, welche die im
voraus hierfür beftimmten Theile des Bildes hell hervorheben, während die
übrigen Theile in um fo fchwärzere Schatten verfinken, diefelbe kräftige, oft
derbe Formenauffaffung, welche uns an Caravaggio aufgefallen waren. Auch
fein Stoffgebiet ift daffelbe. Religiöfe Bilder feiner Hand find zwar nicht
feiten, aber nicht eben mafsgebend für feinen Stil; um fo mafsgebender
find feine häufigen lebensgrofsen Volksbilder aus dem Soldaten-, Mufikanten-
und Zigeunerleben oder felbft aus befferen Gefellfchaftskreifen. Von den Bildern
Caravaggio’s unterfcheiden fich die feinen jedoch leicht durch eine immerhin
geringere Plaftik, durch eine weniger innerliche Leidenfchaft, durch eine fchwerere
und unreinere Palette, durch manierirtere Bewegungen und fogar durch
ein gewiffes franzöfifches Etwas in den Typen und in der Haltung, welches den
gallifchen Urfpruch ihres Meifters verräth. In Rom haben fich immer noch Sei1„ eRY^rke
manche Werke feiner Hand erhalten. Welches Anfehens er hier genofs, be-
weift der Umftand, dafs ihm ein grofes Altarblatt für die Peterskirche aufge-
tragen wurde. Diefes Gemälde, welches das Martyrium der heiligen Processus
und Martinianus darftellt, befindet fich jetzt in der vaticanifchen Galerie, ift im Vatican,
jedoch an feinem urfprünglichen Platze durch eine Mofaik-Copie erfetzt. Aber
auch die meiften übrigen römifchen Sammlungen befitzen Bilder feiner Hand:
die capitolinifche Galerie z. B. »Chriftus unter den Schriftgelehrten«, die Galerie Capitol"
Borghese »Jofeph als Traumdeuter«, die Galerie Corsini »Petrus verläugnet den
Herrn«, die Galerie Sciarra eine intereffante Darftellung der Enthauptung incdoer‘fl(ja1’
Johannes des Täufers. Verhältnifsmäfsig viele Gemälde Valentins find nach in„d?r Gal-
J . 0 Sciarra.
Frankreich gekommen. Von feinen heben Louvrebildern find das abfichtlich s.eine Werke
. ... im Louvre
leidenfchaftliche und bewegte »Urtheil Salomonis«, fo wie deffen Gegenftück, z“ Paris,
das nicht minder äufserlich aufgefafste »Urtheil Daniels (über Sufanna und die
Alten)« und die freilich von Tizianifcher Hoheit weit entfernte Darftellung des
»Zinsgrofchens« charakteriftifche Beifpiele feiner Auffaffung biblifcher Gegen-
ftände, wogegen die beiden grofsen Concertftücke (Fig. 502) fo wie die Wirths-
haus- und die Wahrfagefcene Valentins in diefer Sammlung uns nicht nur feine
nahe Verwandtschaft mit Caravaggio in der Auffaffung diefer Stoffe, fondern
auch die Unterfcheidungsmerkmale feines Stiles von demjenigen feines Vorbildes
deutlich vor Augen führen. Auch in den franzöfifchen Provinzialmufeen ift der
mittheilt, dafs den franzöfifchen Gelehrten nichts von der Publication jenes Documentes, welches Valentin
I59I geboren werden läfst, bekannt fei. Vielleicht haben die »Biographie universelle« und die
»Biographie generale« nur An. Duvergne''s Artikel im Almanach de Seine et Marne, 1862, p. 116
falfch gelelen. Hier wird der 1601 geborene Jean de Boulogne als der Maler in Anfpruch genommen.
Die Frage bedarf dringend weiterer Nachforfchungen.
fpäteftens 1634 geftorben und früheftens 1591 geboren und dafs er daher kaum
alt genug gewefen, um noch ein perfönlicher Schüler Caravaggio’s, der Rom
1606 verlaffen (vgl. oben, S. 173) hatte, in der ewigen Stadt gewefen fein zu
können.
Um fo verwundernswerther bleibt es, wie vollkommen der franzöfifche ^itni^zL
Künftler durch das Studium der Gemälde des Meifters feiner Wahl auf deffen Caravaggio.
Abfichten eingehen lernte. In der That zeigen Valentins Gemälde diefelbe Sein Stil-
plaftifche, manchmal zu metallifcher Glätte gefteigerte Schärfe der Modellirung,
diefelben grell, man weifs nicht immer woher einfallenden Lichter, welche die im
voraus hierfür beftimmten Theile des Bildes hell hervorheben, während die
übrigen Theile in um fo fchwärzere Schatten verfinken, diefelbe kräftige, oft
derbe Formenauffaffung, welche uns an Caravaggio aufgefallen waren. Auch
fein Stoffgebiet ift daffelbe. Religiöfe Bilder feiner Hand find zwar nicht
feiten, aber nicht eben mafsgebend für feinen Stil; um fo mafsgebender
find feine häufigen lebensgrofsen Volksbilder aus dem Soldaten-, Mufikanten-
und Zigeunerleben oder felbft aus befferen Gefellfchaftskreifen. Von den Bildern
Caravaggio’s unterfcheiden fich die feinen jedoch leicht durch eine immerhin
geringere Plaftik, durch eine weniger innerliche Leidenfchaft, durch eine fchwerere
und unreinere Palette, durch manierirtere Bewegungen und fogar durch
ein gewiffes franzöfifches Etwas in den Typen und in der Haltung, welches den
gallifchen Urfpruch ihres Meifters verräth. In Rom haben fich immer noch Sei1„ eRY^rke
manche Werke feiner Hand erhalten. Welches Anfehens er hier genofs, be-
weift der Umftand, dafs ihm ein grofes Altarblatt für die Peterskirche aufge-
tragen wurde. Diefes Gemälde, welches das Martyrium der heiligen Processus
und Martinianus darftellt, befindet fich jetzt in der vaticanifchen Galerie, ift im Vatican,
jedoch an feinem urfprünglichen Platze durch eine Mofaik-Copie erfetzt. Aber
auch die meiften übrigen römifchen Sammlungen befitzen Bilder feiner Hand:
die capitolinifche Galerie z. B. »Chriftus unter den Schriftgelehrten«, die Galerie Capitol"
Borghese »Jofeph als Traumdeuter«, die Galerie Corsini »Petrus verläugnet den
Herrn«, die Galerie Sciarra eine intereffante Darftellung der Enthauptung incdoer‘fl(ja1’
Johannes des Täufers. Verhältnifsmäfsig viele Gemälde Valentins find nach in„d?r Gal-
J . 0 Sciarra.
Frankreich gekommen. Von feinen heben Louvrebildern find das abfichtlich s.eine Werke
. ... im Louvre
leidenfchaftliche und bewegte »Urtheil Salomonis«, fo wie deffen Gegenftück, z“ Paris,
das nicht minder äufserlich aufgefafste »Urtheil Daniels (über Sufanna und die
Alten)« und die freilich von Tizianifcher Hoheit weit entfernte Darftellung des
»Zinsgrofchens« charakteriftifche Beifpiele feiner Auffaffung biblifcher Gegen-
ftände, wogegen die beiden grofsen Concertftücke (Fig. 502) fo wie die Wirths-
haus- und die Wahrfagefcene Valentins in diefer Sammlung uns nicht nur feine
nahe Verwandtschaft mit Caravaggio in der Auffaffung diefer Stoffe, fondern
auch die Unterfcheidungsmerkmale feines Stiles von demjenigen feines Vorbildes
deutlich vor Augen führen. Auch in den franzöfifchen Provinzialmufeen ift der
mittheilt, dafs den franzöfifchen Gelehrten nichts von der Publication jenes Documentes, welches Valentin
I59I geboren werden läfst, bekannt fei. Vielleicht haben die »Biographie universelle« und die
»Biographie generale« nur An. Duvergne''s Artikel im Almanach de Seine et Marne, 1862, p. 116
falfch gelelen. Hier wird der 1601 geborene Jean de Boulogne als der Maler in Anfpruch genommen.
Die Frage bedarf dringend weiterer Nachforfchungen.