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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Hrsg.]; Woermann, Karl [Hrsg.]
Geschichte der Malerei (Band 3,1) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48521#0326
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Sechstes Buch. Dritter Abfchnitt.

Stich vervielfältigten1 2), trugen fie feinen Ruhm in alle Länder. Nur in ihren
Stichen haben fich manche Werke Vouets erhalten. Von allen Seiten geehrt,
Sein Ende, gefeiert, in Anfpruch genommen, erreichte er fein 69. Lebensjahr; 1659 wurde
er feinem thätigen Leben entriffen.
Vouets Stil. Simon Vouets unfelbftändig eklektifcher Stil, der mit den Jahren immer
oberflächlicher und verblafener, immer feelenlofer im geiftigen Ausdrucke, immer
kälter in der Farbe wurde, würde an fleh den mächtigen Einflufs, den der
Meifter gewann, kaum erklären -); man mufs den Zuftand der damaligen fran-
zöfifchen Malerei in Betracht ziehen, um feine Erfolge begreiflich zu finden;
die Schule von Fontainebleau (Bd. II, S. 784 ff.; Bd. III, S. 103) war ausge-
ftorben; gerade der franzöfifchen Grofsmalerei fehlte jeder Impuls; aber die
neue Aera der franzöfifchen Cultur verlangte gebieterifch nach grofsen Ge-
mälden und grofsen Künftlern. Vouet malte die grofsen Gemälde und bildete
eine Reihe von Künftlern, die gröfsere, felbftändigere und lebensvollere Meifter
Seine wurden als er. Darin liegt feine Bedeutung3). Seine Schüler haben am meiften
zu feinem Ruhme beigetragen: die Kupferftecher durch Verewigung feiner
Werke, die Maler durch ihre eigenen Gemälde.
Mufsten wir gerade aus diefem Grunde länger bei der Schilderung der
Entwickelung und der Wirkfamkeit Vouets verweilen, als feine eigenen Leiftungen,
die überdies zum grofsen Theile wieder untergegangen find, es gerechtfertigt
Seine erfcheinen laßen, fo können wir uns bei der Befprechung feiner erhaltenen Ge-
erhaltenen
Gemälde: mälde kurz faffen.
in Loreto, In Italien gilt nur noch das Abendmahl im Dome des heiligen Hanfes zu Loreto
in Parifer als ein Meifterwerk Vouets4). In Paris befitzt z. B. die Kirche S. Eustache noch
ein Altarblatt des Meifters, welches das Martyrium diefes Heiligen darftellt,
die Kirche S. Merry eine Darftellung der Befreiung der Gefangenen durch
den Heiligen. Die meiften Bilder, welche er für Parifer Kirchen gemalt hatte,
find ihnen in der Revolutionszeit genommen worden. Man findet fie in den
in franz, franzöfifchen Provinzialmufeen, z. B. in denjenigen zu Rouen, zu Grenoble, zu
mufeen. Nantes wieder, man findet eins von ihnen, welches den hl. Carlo Borromeo
in Brüffei, darftellt, im Brüffeler Mufeum, eins von ihnen, die Darftellung Chrifti im Tempel,
im Louvre die zu des Meifters reinften Schöpfungen gehört, im Louvre zu Paris. Diefe
Sammlung ift die reichfte an Werken Vouets; fie befitzt im Ganzen fieben Ge-
mälde feiner Hand; unter ihnen z. B. noch ein Bildnifs Ludwigs XIII., eine
in der Allegorie auf den Reichthum und eine Grablegung Chrifti. Die Dresdner
Gaier® Galerie befitzt unter Vouets Namen eine vortreffliche Darftellung der Apotheofe
des hl. Ludwig, deren feftere, plaftifchere Modellirung und tiefere Färbung auf

1) Tortebat flach 13 (Kobert Dumesnil, Peintregraveur frangais, III, Paris 1838, p. 216 ff. no.
1 —13), Dorigny nicht weniger als 85 Blätter nach Vouet (R. D. a. a. O. IV, 1839, p. 268 ff. no.
53—135)-
2) De Pilez fagte fchon 1715 von diefem Stil Vouets: (a. a. O. p. 457) »cette maniere expe-
ditive n’etoit pas tant celle de Vouet, que celle de son interet.«
3) D’Arqensville, anderer Anficht als de Piles, hatte daher in gewiffem Sinne auch recht,
wenn er (a. a. O. p. 240) fchrieb: »On peut dire que la peinture en France lui doit ce que le
theatre doit ä Corneille.«
4) Vgl. Mariette a. a. O. Vol. VI, p. 96. Das Bild, auf dem Altar durch eine Mofaikcopie
erfetzt, befindet fich jetzt im Apoft. Palafte zu Loreto.
 
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