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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Editor]; Woermann, Karl [Editor]
Geschichte der Malerei (Band 3,1) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48521#0331
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Die franzöfifche Malerei des 17. Jahrhunderts. B. Nicolas Pouffm.

319

er das Atelier Domeni-
damals in Rom lebenden

Seine erften
Reifen.

Seine erfte
Ankunft in
Rom.

Sein Studium
nach der
römifchen
Schule.

Sein Ver-
hältnifs zu
Marini.

Seine
Studien
in Rom.

Seine erften
dortigen
Eindrücke.

Seine frühen
Arbeiten in
Paris.

Daneben vernach-
Seine Kenntniffe der Anatomie und
er durch ununterbrochenes Weiterarbeiten auf
des Modells befuchte
am höchften von allen

Wickelung Pouffms, dafs diefe drei Meifter zu unbedeutend waren, um einen
dauernden Einflufs auf feinen hochftrebenden Geift gewinnen zu können. Die
erften künftlerifchen Eindrücke, die ihn innerlich bewegten, verfchafften ihm die
Stiche nach den Werken Raphaels und Giulio Romanos, welche er durch die
Vermittelung eines jungen Edelmannes feiner Freundfchaft in der Sammlung
des Mathematikers Courtois kennen lernte. Fortan wäre es Pouffm unmöglich
gewefen, fein Heil aufserhalb der römifchen Formenfprache zu fliehen. Sein ganzes
Sinnen und Trachten richtete fich darauf, die ewige Stadt zu befuchen. Zweimal
nahm er einen (wahrfcheinlich infolge feiner Mittellofigkeit) vergeblichen Anlauf, fie
zu erreichen. Das erfte Mal kam er,bis nach Florenz, das zweite Mal nur bis
Lyon. Zu Anfang des Jahres 1623 nach Paris zurückgekehrt, arbeitete er mit
Phil, de Champaigne, den wir fpäter kennen lernen werden, unter Duchesne,
dem mittelmäfsigen »premier peintre de la reine mere«, an den Decorations-
malereien des Palais du Luxembourg, malte er in fechs Tagen i) fechs grofse
Temperabilder aus dem Leben der heiligen Ignatius und Franciscus Xaverius,
aus Anlafs ihrer Heiligfprechung, als Feftdecorationen fürs Jefuitencollegium.
Durch diefe Arbeiten zog er die Augen einiger Kenner auf fich. Marini, der
italienifche Dichter, auf den bereits hingewiefen worden (oben S. 116), nahm
fich feiner an, ja liefs ihn fich nach Rom folgen. Pouffms letztes W7erk in
Paris war eine Darftellung des Todes Mariae, welches er als Votivbild der
Goldfchmiedegilde für eine Capelle der Notre-Dame-Kirche gemalt hatte. Leider
ift fie nicht erhalten. Endlich, im Frühling 1624, erreichte der faft dreifsig-
jährige Mann das Ziel feiner Sehnfucht, traf er in Rom ein, gab er fich, unbe-
kümmert um feine Armuth, receptiv und productiv mit ganzer Seele feiner
Kunft hin. In Rom machte damals gerade das noch nicht feit gar langer Zeit
ausgegrabene antike Wandgemälde, welches unter dem Namen der »Aldobran-
dinifchen Hochzeit« (Band I, S. 112) bekannt ift, viel von fich reden. Man
geht wohl nicht fehl2), wenn man annimmt, dafs hauptfächlich durch den An-
blick diefes Gemäldes Pouffms Entfchlufs reifte, der ganzen italienifchen Malerei
der damaligen Zeit, der Kunftweife der Eklektiker wie der Naturaliften, keinen
Einflufs auf fleh zu geftatten, fondern durch ein Zurückgehen auf die Antike
felbft einem neuen, eigenartigen Stile den Weg zu bahnen, Dementfprechend
warf er fleh in Verbindung mit feinem Freunde und Stubengenoffen, dem
vlämifchen Bildhauer Fr. Duquesnoy und dem bolognefifchen Baumeifter und
Bildhauer Aless. Algardi, mit dem ausdauerndften Fleifse auch auf das Studium
der antiken Architektur und der antiken Plaftik und erlangte durch Nachmodel-
lirung und durch Meffungen3) ein Verftändnifs der alten Kunft, wie es nur wenigen
Künftlern des fiebzehnten Jahrhunderts zu Gebote ftand.
läffigte er das Naturftudium keineswegs,
der Perfpective vervollständigte
diefen Gebieten; zum Studium
chino’s (oben S. 146 ff.), den er

1) Nach Felibien a. a. O. p. 313.
2) Felibien, a. a. O., p. 442.
3) Vgl. Pouffms Meffungen der Antinousftatue bei Bellori, a. a. O., p. 456—459.
 
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