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Sechstes Buch. Dritter Abfchnitt.
feine Geift und die Farbenfrifche feines Vorbilds. Dem jüngeren Patel da-
gegen werden die vier Landfchaften des Louvre zugefchrieben, welche die
Jahreszeiten darftellen und neben dem Namen des Meifters die Jahreszahl 1699
tragen. Es find ziemlich fchwache Durchfchnittsbilder ■).
E. Die Schule Vouets und die Akademie1 2 3).
Dfchlftrhde'r' hi der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts beherrfchte die »Academie
Akademie. Royale« die Parifer Kunft; und die erften und mafsgebenden franzöfifchen
Akademiker waren die Schüler Vouets (oben S. 312—315) und ihre Nachfolger.
Der Schüler Vouets, den wir als den älteflen diefer Reihe voranftellen,
hatte die Akademie zwar während der längften Zeit feines Lebens bekämpft,
Menard, Rarb jedoch als ihr Leiter. Wir meinen Pierre Mignard, den berühmten Meifter,
welcher im Gegenfatze zu feinem fchon befprochenen älteren Bruder Nicolas
Sein Leben, (oben S. 341) in der Regel Mignard le Romain'^ genannt wurde. Er war im
November 1612 (nicht 1610) zu Troyes geboren, erhielt feine erfte künftlerifche
Ausbildung bei einem unbedeutenden Maler in der Provinz, läudirte felbiländig
in Fontainebleau weiter und trat dann in das Atelier Simon Vouets ein, deffen
Sei"e, kTlft" Manier er fich vollkommen aneignete. Aber hiermit nicht zufrieden, reifte er
wickiung. 1635 nach Rom, wo er Raphael, Pouffin und die Carracci auf fich einwirken
liefs. Rom blieb zweiundzwanzig Jahre feine Heimat. Hier verheiratete er
fich, hier wurde er zum berühmten Maler. Vorzugsweife machte er fich
gleich hier als Bildnifsmaler beliebt. Die Päpfte Urban VIII., Innocenz X. und
Alexander VII. liefsen fich von ihm malen. Durch feine helle, flüffige Vortrags-
weife und feine fchlichte, natürliche Auffaffung der Persönlichkeiten übertraf er
Seine die meiften italienifchen Bildnifsmaler jener Tage. Auch durch feine anmuthigen
B Idniffe und ... .
Madonnen Madonnenbilder, welche nach ihm »Mignarden« genannt wurden, erwarb er
Geld und Anfehen. Selbft an Aufträgen zu grofsen Altarblättern, in denen er
den Eindruck eines guten Carraccifchüler machte, fehlte es ihm nicht in der
ewigen Stadt. Aber auch das genügte ihm nicht. In den Jahren 1654 — ^55
unternahm er eine Reife nach Oberitalien, um das Studium der venezianifchen
TT Sei,re, Coloriften nachzuholen. Dann kehrte er nach Rom zurück, wurde jedoch 1657
nach Paris, vom franzöfifchen Hofe in fein Vaterland heimberufen. In Fontainebleau malte
er alsbald den jungen König Ludwig XIV., die Königin-Mutter, den Cardinal
Mazarin, in Paris gleich nach der Heimkehr des Königs von feiner Hochzeits-
SeBiTdnirfifer re^e jLinS'e Königin Maria Therefia. Der Herzog von Epernon zahlte ihm
taufend Thaler für fein Porträt, um, wie er fagte, den Bildniffen Mignards fofort
1) Ueber die Patel vgl. man J. B. Deperthes (unkritifches) Werk: Histoire de 1 art du paysage
Paris 1822, p. 291 — 295.
2) Eine Hauptquelle für diefes Capitel find, neben den erwähnten Werken von Felibien,
D’ Argen-jille u. f. w., die ebenfalls bereits genannten Memoires inedits sur la vie et les ouvrages des
membres de 1’Academie Royale de Peinture et de Sculpture etc. Vol. I u. II, Paris 1854.
3) L’Abbe de Monville: La Vie de Pierre Mignard etc. Paris 173°- — Lepicie, Vie de Mr.
Mignard (1743), in den Memoires inedits I, p. 86—97. — Le C. de Caylus: Vie de Pierre Mignard
in den »Vies des Premiers-Peintres du Roi«, Paris 1752, I, p. 104—178- — Aug. Huchard: Notice
sur Pierre Mignard et sa famille, in der Gaz. des Beaux-Arts 1861, p. 282—290; vgl. 1872 II, p. 446.
Sechstes Buch. Dritter Abfchnitt.
feine Geift und die Farbenfrifche feines Vorbilds. Dem jüngeren Patel da-
gegen werden die vier Landfchaften des Louvre zugefchrieben, welche die
Jahreszeiten darftellen und neben dem Namen des Meifters die Jahreszahl 1699
tragen. Es find ziemlich fchwache Durchfchnittsbilder ■).
E. Die Schule Vouets und die Akademie1 2 3).
Dfchlftrhde'r' hi der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts beherrfchte die »Academie
Akademie. Royale« die Parifer Kunft; und die erften und mafsgebenden franzöfifchen
Akademiker waren die Schüler Vouets (oben S. 312—315) und ihre Nachfolger.
Der Schüler Vouets, den wir als den älteflen diefer Reihe voranftellen,
hatte die Akademie zwar während der längften Zeit feines Lebens bekämpft,
Menard, Rarb jedoch als ihr Leiter. Wir meinen Pierre Mignard, den berühmten Meifter,
welcher im Gegenfatze zu feinem fchon befprochenen älteren Bruder Nicolas
Sein Leben, (oben S. 341) in der Regel Mignard le Romain'^ genannt wurde. Er war im
November 1612 (nicht 1610) zu Troyes geboren, erhielt feine erfte künftlerifche
Ausbildung bei einem unbedeutenden Maler in der Provinz, läudirte felbiländig
in Fontainebleau weiter und trat dann in das Atelier Simon Vouets ein, deffen
Sei"e, kTlft" Manier er fich vollkommen aneignete. Aber hiermit nicht zufrieden, reifte er
wickiung. 1635 nach Rom, wo er Raphael, Pouffin und die Carracci auf fich einwirken
liefs. Rom blieb zweiundzwanzig Jahre feine Heimat. Hier verheiratete er
fich, hier wurde er zum berühmten Maler. Vorzugsweife machte er fich
gleich hier als Bildnifsmaler beliebt. Die Päpfte Urban VIII., Innocenz X. und
Alexander VII. liefsen fich von ihm malen. Durch feine helle, flüffige Vortrags-
weife und feine fchlichte, natürliche Auffaffung der Persönlichkeiten übertraf er
Seine die meiften italienifchen Bildnifsmaler jener Tage. Auch durch feine anmuthigen
B Idniffe und ... .
Madonnen Madonnenbilder, welche nach ihm »Mignarden« genannt wurden, erwarb er
Geld und Anfehen. Selbft an Aufträgen zu grofsen Altarblättern, in denen er
den Eindruck eines guten Carraccifchüler machte, fehlte es ihm nicht in der
ewigen Stadt. Aber auch das genügte ihm nicht. In den Jahren 1654 — ^55
unternahm er eine Reife nach Oberitalien, um das Studium der venezianifchen
TT Sei,re, Coloriften nachzuholen. Dann kehrte er nach Rom zurück, wurde jedoch 1657
nach Paris, vom franzöfifchen Hofe in fein Vaterland heimberufen. In Fontainebleau malte
er alsbald den jungen König Ludwig XIV., die Königin-Mutter, den Cardinal
Mazarin, in Paris gleich nach der Heimkehr des Königs von feiner Hochzeits-
SeBiTdnirfifer re^e jLinS'e Königin Maria Therefia. Der Herzog von Epernon zahlte ihm
taufend Thaler für fein Porträt, um, wie er fagte, den Bildniffen Mignards fofort
1) Ueber die Patel vgl. man J. B. Deperthes (unkritifches) Werk: Histoire de 1 art du paysage
Paris 1822, p. 291 — 295.
2) Eine Hauptquelle für diefes Capitel find, neben den erwähnten Werken von Felibien,
D’ Argen-jille u. f. w., die ebenfalls bereits genannten Memoires inedits sur la vie et les ouvrages des
membres de 1’Academie Royale de Peinture et de Sculpture etc. Vol. I u. II, Paris 1854.
3) L’Abbe de Monville: La Vie de Pierre Mignard etc. Paris 173°- — Lepicie, Vie de Mr.
Mignard (1743), in den Memoires inedits I, p. 86—97. — Le C. de Caylus: Vie de Pierre Mignard
in den »Vies des Premiers-Peintres du Roi«, Paris 1752, I, p. 104—178- — Aug. Huchard: Notice
sur Pierre Mignard et sa famille, in der Gaz. des Beaux-Arts 1861, p. 282—290; vgl. 1872 II, p. 446.