Die franzöfifche Malerei des 17. Jahrhunderts. E. Die Schule Vouets und die Akademie. 359
einen feften Preis zu verfchaffen. Jedermann erkannte feine Ueberlegenheit auf
dem Gebiete der Porträtmalerei an. Seine Neider Richten feine hiftorifchen
Compofitionen jedoch herabzufetzen. Da liefs die Königin-Mutter ihn eines der ^TiJ'deV
ausgedehnteften Freskowerke aller Zeiten, die Kuppel der Kirche Val-de-Gräce
in der Rue Saint-Jacques zu Paris malen. Mignard fetzte, dem italienifchen de-Gräce.
Zeitgefchmacke entfprechend, natürlich das von unten gefehene Himmelsgewölbe
felbft an die Stelle des Kuppelgewölbes; und er malte die Herrlichkeit des
Paradiefes hinein : in den Zenith die auf Wolken thronende heilige Deieinigkeit,
in immer weiteren Kreifen umzogen von Cherubim, Seraphim und allen himm-
lifchen Heerfchaaren, an den Rand in die Mitte den Altar mit den fieben
Leuchtern, ringsum in langen Reihen, in den mannichfaltigften Gruppen die
Heiligen des alten Bundes, des Neuen Teftamentes und der chriftlichen Legende.
Als das Werk 1663 vollendet war, erregte es ungeheures Auffeh en. Sogar
der Luftfpieldichter Moliere wurde aus Begeifterung feinem Fache untreu und
widmete ihm ein langes Gedicht. Wenn feine Farben auch verblafst find, ift
es im Ganzen doch wohlerhalten. Man erkennt den Einflufs Raphaels, der
römifch-bolognefifchen Schule und Tintoretto’s. In den Einzelgruppen fpricht
hch eine Fülle von Schönheitsgefühl aus. Das Ganze wirkt jedoch nicht fonder.
lieh originell und erfcheint eintönig wegen des nothwendiger Weife gleich-
mäfsigen Lichtes, welches den unendlichen Raum erfüllt. Für Paris war ein
folches Riefenfresco mit über 200 überlebensgrofsen Gehalten aber unter allen
Umhänden eine künhlerifche That. Mignards Name war auf Aller Lippen.
Gleichwohl lebte er in hetem Kampfe mit den übrigen mafsgebenden Parifer
Künftlern. An der in feiner Abwefenheit gegründeten Akademie waren die Sein Ka!?Pf
° 0 gegen die
leitenden Stellungen vergeben; da er hch mit einem zweiten Platze nicht Akademie,
begnügen wollte, hellte er hch an die Spitze ihrer Gegner und half den Wider-
hand der »Meifter«, deren Gilde hch den Namen der Akademie des hl. Lucas
beilegte, gegen die königliche Kunhanhalt organifiren. Es bildete hch eine
Partei Mignard und eine Partei Le Brun. Der Hof aber liefs weder den einen
noch den anderen der beiden Meiher diefe Streitigkeiten entgelten. Auch
Mignard erhielt einen grofsen decorativen Auftrag nach dem anderen und
wurde mit Behellungen, Bildniffe zu malen, förmlich überfchüttet. Sein Haupt- „ ?ei.ne
0 . 1 Galerie in
werk auf decorativem Gebiete wurde die Gemäldefolge in der Galerie des St- Cloud-
Schloßes St. Cloud, welche er 1677 im Auftrage Philipps von Orleans malte:
die Gefchichten Apollons, die vier Jahreszeiten, die Ueberrafchung des Mars
und der Venus durch die übrigen Götter u. f. w. Hier entfaltete Mignard die
ganze Pracht feiner an hch etwas unfruchtbaren, aber durch ein gutes Gedächtnifs
unterhützten Einbildungskraft, hier liefs er feinem echt franzöhfehen, mehr aufs
Graziöfe, als aufs Mächtige gerichteten Schönheitsgefühl freien Lauf, hier liefs
er feinen hellhen, wärmhen Farbenglanz leuchten. Leider ih das Werk ebenfo Seine
wenig erhalten, wie fein Gemälde-Cyklus in Hotel d’Hervart, den er einige im'jiötei
Jahre früher ausgeführt hatte, und wie feine Gemälde im Schlöffe zu Verfailles, dHeivart‘
deren Ausführung ihm einige Jahre fpäter übertragen wurde. Alle diefe
Schöpfungen feines Pinfels find nur in den Stichen J. B. Poilly’s, Ger. Audrans
und anderer erhalten. Als Lebrun 1690 ftarb, erreichte Mignard endlich das
Ziel feines Ehrgeizes. Niemand machte ihm nunmehr den erften Rang flreitig.
einen feften Preis zu verfchaffen. Jedermann erkannte feine Ueberlegenheit auf
dem Gebiete der Porträtmalerei an. Seine Neider Richten feine hiftorifchen
Compofitionen jedoch herabzufetzen. Da liefs die Königin-Mutter ihn eines der ^TiJ'deV
ausgedehnteften Freskowerke aller Zeiten, die Kuppel der Kirche Val-de-Gräce
in der Rue Saint-Jacques zu Paris malen. Mignard fetzte, dem italienifchen de-Gräce.
Zeitgefchmacke entfprechend, natürlich das von unten gefehene Himmelsgewölbe
felbft an die Stelle des Kuppelgewölbes; und er malte die Herrlichkeit des
Paradiefes hinein : in den Zenith die auf Wolken thronende heilige Deieinigkeit,
in immer weiteren Kreifen umzogen von Cherubim, Seraphim und allen himm-
lifchen Heerfchaaren, an den Rand in die Mitte den Altar mit den fieben
Leuchtern, ringsum in langen Reihen, in den mannichfaltigften Gruppen die
Heiligen des alten Bundes, des Neuen Teftamentes und der chriftlichen Legende.
Als das Werk 1663 vollendet war, erregte es ungeheures Auffeh en. Sogar
der Luftfpieldichter Moliere wurde aus Begeifterung feinem Fache untreu und
widmete ihm ein langes Gedicht. Wenn feine Farben auch verblafst find, ift
es im Ganzen doch wohlerhalten. Man erkennt den Einflufs Raphaels, der
römifch-bolognefifchen Schule und Tintoretto’s. In den Einzelgruppen fpricht
hch eine Fülle von Schönheitsgefühl aus. Das Ganze wirkt jedoch nicht fonder.
lieh originell und erfcheint eintönig wegen des nothwendiger Weife gleich-
mäfsigen Lichtes, welches den unendlichen Raum erfüllt. Für Paris war ein
folches Riefenfresco mit über 200 überlebensgrofsen Gehalten aber unter allen
Umhänden eine künhlerifche That. Mignards Name war auf Aller Lippen.
Gleichwohl lebte er in hetem Kampfe mit den übrigen mafsgebenden Parifer
Künftlern. An der in feiner Abwefenheit gegründeten Akademie waren die Sein Ka!?Pf
° 0 gegen die
leitenden Stellungen vergeben; da er hch mit einem zweiten Platze nicht Akademie,
begnügen wollte, hellte er hch an die Spitze ihrer Gegner und half den Wider-
hand der »Meifter«, deren Gilde hch den Namen der Akademie des hl. Lucas
beilegte, gegen die königliche Kunhanhalt organifiren. Es bildete hch eine
Partei Mignard und eine Partei Le Brun. Der Hof aber liefs weder den einen
noch den anderen der beiden Meiher diefe Streitigkeiten entgelten. Auch
Mignard erhielt einen grofsen decorativen Auftrag nach dem anderen und
wurde mit Behellungen, Bildniffe zu malen, förmlich überfchüttet. Sein Haupt- „ ?ei.ne
0 . 1 Galerie in
werk auf decorativem Gebiete wurde die Gemäldefolge in der Galerie des St- Cloud-
Schloßes St. Cloud, welche er 1677 im Auftrage Philipps von Orleans malte:
die Gefchichten Apollons, die vier Jahreszeiten, die Ueberrafchung des Mars
und der Venus durch die übrigen Götter u. f. w. Hier entfaltete Mignard die
ganze Pracht feiner an hch etwas unfruchtbaren, aber durch ein gutes Gedächtnifs
unterhützten Einbildungskraft, hier liefs er feinem echt franzöhfehen, mehr aufs
Graziöfe, als aufs Mächtige gerichteten Schönheitsgefühl freien Lauf, hier liefs
er feinen hellhen, wärmhen Farbenglanz leuchten. Leider ih das Werk ebenfo Seine
wenig erhalten, wie fein Gemälde-Cyklus in Hotel d’Hervart, den er einige im'jiötei
Jahre früher ausgeführt hatte, und wie feine Gemälde im Schlöffe zu Verfailles, dHeivart‘
deren Ausführung ihm einige Jahre fpäter übertragen wurde. Alle diefe
Schöpfungen feines Pinfels find nur in den Stichen J. B. Poilly’s, Ger. Audrans
und anderer erhalten. Als Lebrun 1690 ftarb, erreichte Mignard endlich das
Ziel feines Ehrgeizes. Niemand machte ihm nunmehr den erften Rang flreitig.