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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Editor]; Woermann, Karl [Editor]
Geschichte der Malerei (Band 3,1) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48521#0420
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Sechstes Buch. II. Abtheilung. Erfter Abfchnitt.

Galerie datirt, deren eines die Bezeichnung unferes Architekturmalers trägt.
In der hellen lockeren Malweife der Architekturen zeigen gerade diefe Bilder,
wie grofs die Stilwandlung war, die auch H. Steenwijck d. J. durchgemacht hatte.
Die Neefs. Auf den Schultern der beiden H. Steenwijck flehen die beiden P. Neefs >)•
Sie find die eigentlichen Antwerpener Architekturmaler. Die Antwerpener
Kathredrale, bald wie fie ift, bald umgeftaltet durch die Phantafie der Künftler,
war ihr Lieblingsvorwurf. Sie haben fie unzählige Male verewigt. Die Figuren
malten ihnen in der Regel die F. Francken (oben S. 74—76). Ihre Bilder
zeichnen fleh durch eine äufserft fein beobachtete Linien- und Lichtperfpektive,
durch einen feilen, anfangs fogar noch harten, in ihrer beiten Zeit aber malerifch
empfundenen Vortrag aus, der in der fpäteren Zeit des Jüngeren allerdings
p.Neefsd.Ä. dünner, leerer und kalter wird. P. Neefs d. A. wurde wahrfcheinlich 1578 in
Antwerpen geboren. Als fein Lehrer gilt H. Steenwijck d. Ä. Doch läfst fich
nicht recht einfehen, wo er deffen Unterricht empfangen haben füllte. Sicher
wurde er 1609 Meifter der Antwerpener Gilde und war 1656 noch am Leben,
1661 aber bereits verftorben. Seine Bilder, auf die näher einzugehen uns zu
weit führen würde, befinden fich in den verfchiedenften Sammlungen Europas
zerftreut, befonders zahlreich im Louvre zu Paris (neun Bilder, unter ihnen auch
eine »Befreiung Petri aus dem Gefängnifs«), im Madrider Mufeum (heben Bilder,
lauter Kirchenftücke), in der Petersburger Eremitage (fünf Kirchenanfichten),
aber auch in den deutfehen Sammlungen (z. B. fünf in Caffel, zwei in Frank-
furt a. M., zwei in München, eines von 1605, daher ficher vom Alten, in
p. Neefs a.j. Dresden). — Uebrigens find die Werke feines Sohnes P. Neefs d. J., der 1620
zu Antwerpen geboren wurde und 1675 dafelbft noch thätig war, keineswegs
überall von denen feines Vaters unterfchieden worden, wenngleich fie im
Ganzen glatter in der Technik und weniger gefchloffen in der Lichtwirkung
find. Sichere Bilder feiner Hand fieht man z. B. im Mufeum zu Schwerin
(von 1652 und 1653), im Mufeum des Haag (von 1654), in der Turiner Galerie
(von 1655) und in der Galerie Liechtenftein zu Wien (von 1675). Ein älterer
Lod. Neefs. Sohn des alten Peeter Neefs, Lodewijk Neefs, wurde 1617 in Antwerpen
geboren. Von feiner Hand befitzt die Dresdener Galerie ein bezeichnetes und
von 1648 datirtes Bild; zwei andere befinden fich im Madrider Mufeum; viel
mehr ift überhaupt nicht von ihm bekannt.
Die Meifter, welche wir in diefem Kapitel kennen gelernt haben, bezeichnen
für die befonderen Fächer, an deren Ausbildung fie redlich mitgeholfen haben,
nur erft eine Vorftufe der völligen malerifchen Freiheit; fie ringen in manchen
Beziehungen noch mit den neuen Stoffen; aber fie lallen fich aus der Ent
wicklungsgefchichte cliefer Stoffgebiete nicht wegdenken, fie find auf dem beften
Wege zur Höhe der Kunft, und fie haben einen folchen Antheil an den fpäteren
Erfolgen der Hauptmeifter diefer Fächer, dafs die Kunftgefchichte fich doch
etwas mehr als im Vorübergehen mit ihnen befchäftigen mufs.

1) J. F. van den Branden, Gefchiedenis, p. 609—614.
 
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